Überwachung:Persönlichkeitsrecht contra Sicherheit

Ein neuer Paragraf erlaubt die Überwachung öffentlicher und privater Räume, aber Aufzeichnungen bleiben umstritten.

Andrea Nasemann

Es gibt inzwischen wieder neue Urteile zu der Frage, ob man sein Eigentum per Videoaufzeichnung überwachen kann.

Keine Kamera am Eingang

So hatten Wohnungseigentümer mehrheitlich beschlossen, eine Videokamera in der Klingelanlage installieren zu lassen. Dies sollte es jedem Wohnungseigentümer ermöglichen, den Eingangsbereich per Tastendruck von seinem Fernsehgerät aus einzusehen und aufzuzeichnen. Das Kammergericht Berlin hob den Eigentümerbeschluss auf. Dieser verstoße gegen Paragraf 6b Bundesdatenschutzgesetz (Beschluss vom 26. Juni 2002, 24 W 309/01).

Voraussetzungen für eine Kamera

Auch wenn das Gericht in diesem Fall ablehnend beschied, hat sich doch die Rechtslage zu diesem heiklen Thema in den vergangenen Jahren gelockert. So wurde Ende Mai 2001 der neue Paragraf 6b Bundesdatenschutzgesetz geschaffen.

Davon ist nicht nur die Überwachung im öffentlichen Raum erfasst, sondern auch die private Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume. Voraussetzung ist allerdings, dass die Überwachung für jedermann erkennbar offen gestaltet ist, die Verwertungs- und Aufzeichnungsumfänge klar geregelt sind und die Löschung der Aufnahmen sicher gestellt wird.

"Liegen diese Voraussetzungen vor, können die Wohnungseigentümer in Ausübung ihres Hausrechts eine Videoüberwachungsanlage installieren lassen. Es handelt sich um eine bauliche Veränderung, die nur durch einstimmigen ordnungsgemäßen Beschluss der Wohnungseigentümer abgesegnet werden kann", meint der Frankfurter Rechtsanwalt und Leiter der Frankfurter Niederlassung des Verlags C.H. Beck, Martin Huff.

Persönlichkeitsrechte schützen

Es müsse allerdings darauf geachtet werden, dass nicht Rechte von Nachbarn, Besuchern etc. beeinträchtigt werden. "Man sollte Dritte beim Betreten der Anlage deutlich auf die Videoüberwachung hinweisen, wenn sie nicht schon von sich aus ohne weiteres erkennbar ist", rät Huff.

Kamera in der Tiefgarage ohne Beweiskraft

Ein anderer Fall der Videoüberwachung beschäftigte das Oberlandesgericht Karlsruhe. Ein Mitbewohner einer Wohnungseigentümeranlage hatte heimlich seinen Stellplatz in der Tiefgarage der Anlage mit einer Videokamera überwacht, da ihm dort wiederholt sein Auto beschädigt worden war. Mit Hilfe der Aufnahmen konnte er tatsächlich den Täter feststellen, von dem er nun Schadensersatz für sämtliche Schäden forderte.

Die Richter jedoch wiesen die Klage ab. Sie sahen in den Videoaufzeichnungen kein zulässiges Beweismittel - auch nicht über den Umweg einer Vernehmung von Personen über den Inhalt der Aufzeichnungen (Urteil vom 8. November 2001, 12 U 180/01).

Die Richter stießen sich vor allem daran, dass der Fahrzeugbesitzer die Kamera versteckt installiert hatte. Grundsätzlich könne zwar auch das Interesse an der Aufklärung einer bereits geschehenen Straftat den mit einer verdeckten Videoüberwachung verbundenen Eingriff in Persönlichkeitsrechte rechtfertigen. Dafür müsse jedoch eine erhebliche Straftat vorliegen, deren Intensität der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen mindestens gleich komme.

Zudem müsse die Videoüberwachung überhaupt geeignet sein, hinreichend sichere Rückschlüsse auf die Verantwortlichen bereits begangener Straftaten zu liefern. Für Martin Huff ist dies eine zweifelhafte Entscheidung: "Eine notwendig verdeckte Videoüberwachung zur Ermittlung von Straftätern sollte jedenfalls in nicht öffentlich zugänglichen Räumen als Beweis verwertet werden können. Schließlich hat sich der Straftäter insoweit selbst außerhalb des Schutzes der Rechtsordnung gestellt."

Gefilmte Schlägerei

Dass das letzte Wort in dieser Thematik sicherlich noch nicht gesprochen und Videoaufzeichnungen nach wie vor umstritten sind, zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Zwei Nachbarn gerieten auf der Straße vor ihren Häusern in eine tätliche Auseinandersetzung. Der Verletzte begehrte Schadensersatz für die erlittenen Blessuren. Den Streit und seine Folgen hatte er mit Hilfe einer Videokamera im Bild festgehalten. Die prozessuale Verwertung einer Videoaufnahme, so die Richter, sei zulässig, wenn sie berechtigten Interessen des Anspruchstellers diene und seine Ansprüche auf andere Weise nicht zuverlässig bewiesen werden könnten (Urteil vom 5. Mai 1997, 5 U 82-96).

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