Übernahme:Swiss Life liebäugelt mit AWD

Der Schweizer Lebensversicherer Swiss Life will den deutschen Finanzdienstleister AWD für rund eine Milliarde Euro übernehmen. Von dem Deal sollen auch die AWD-Aktionäre profitieren.

Der nach dem Verkauf von Firmenteilen reichlich mit liquiden Mitteln gesegnete Schweizer Lebensversicherer Swiss Life will den Finanzdienstleister AWD mit der Einwilligung des Hauptaktionärs und Firmengründers Carsten Maschmeyer ganz oder teilweise übernehmen.

AWD-Chef Carsten Maschmeyer; dpa

AWD-Chef Carsten Maschmeyer: Der Firmengründer soll seinen Posten unter dem neuen Eigentümer behalten.

(Foto: Foto: dpa)

Swiss Life bietet nach Angaben vom Montag 30 Euro je AWD-Aktie, was die Vertriebsfirma mit rund 1,16 Milliarden Euro oder 1,9 Milliarden Franken bewertet.

Die Schweizer Börse reagierte mit Skepsis auf die Pläne. Die Swiss Life-Aktie verlor in der ersten Handelsstunde knapp sechs Prozent und hielt sich knapp über der Marke von 300 Franken.

Das Image von AWD als aggressiver Verkäufer von Finanz- und Vorsorgeprodukten passe nicht zu altehrwürdigen Swiss Life, kommentierte etwa die Bank Wegelin. "Swiss Life holt die Drückerkolonnen von AWD unters Konzerndach", so die Bank.

Zudem, so die Bank Vontobel, werde die Position von AWD als unabhängiger Anbieter in Frage gestellt. Und das sei ein zentrales Merkmal von AWD gewesen. Außerdem sei der Kaufpreis nicht gerade günstig.

Synergien von 50 Millionen Franken pro Jahr

Das alles legt nach Ansicht eines Zürcher Börsenhändlers die Annahme nahe, dass Swiss Life die Erlöse aus dem Verkauf der Gotthardbank und der Geschäfte in den Niederlanden und in Belgien von insgesamt gut vier Milliarden Franken mit aller Macht und in aller Eile anlegen wollte - vielleicht auch um zu verhindern, dass Swiss Life mit einer vollen Kasse selbst zu einem Übernahmekandidat wird.

Nach Ansicht der beiden Firmen bringt der Schulterschuss Vorteile und bis 2012 jährliche Synergien von 50 Millionen Franken. Swiss Life erwartet sich von AWD Zugang zu den Wachstumsmärkten Zentral- und Osteuropas sowie zum österreichischen Markt. Überdies könne die Marktdurchdringung in Deutschland erhöht und die Marktposition in der Schweiz vor allem bei jungen Kunden verstärkt werden.

Swiss Life liebäugelt mit AWD

Ob Swiss Life alle Publikumsanteile an AWD übernehmen wird oder will, blieb offen. In der gemeinsamen Mitteilung der beiden Unternehmen hieß es, der Sitz von AWD bleibe Hannover und die Firma solle an der Börse bleiben. Aber auch wenn Swiss Life AWD ganz übernehmen sollte, hat der Versicherer immer noch genug Geld für sein Aktienrückkaufprogramm von bis zu 2,5 Milliarden Franken übrig, das fortgesetzt werden soll.

Option auf restliche AWD-Aktien

Der gebotene Übernahmepreis liegt 36 Prozent über dem gewichteten AWD-Börsenkurs der vergangenen drei Monate. Am Freitag schloss die AWD-Aktie an der Börse bei 22,93 Euro.

Die Hauptaktionärsfamilie Maschmeyer hat sich verpflichtet, Swiss Life 20 Prozent des AWD-Kapitals anzudienen. Sie wird dann weiterhin zehn Prozent an der Firma halten. Für diese zehn Prozent der Anteile sei Swiss Life eine langfristige Option eingeräumt worden, sagte Swiss-Life-Chef Rolf Dörig am Montag in Zürich. "Wenn die Familie Maschmeyer verkauft, dann verkauft sie an die Swiss Life und sonst niemanden."

"Selbstverständlich versuchen wir, auch von der Familie Maschmeyer so viele ausstehende Aktien wie möglich zu kriegen", sagte Dörig weiter. Es sei daher nicht ausgeschlossen, dass Swiss Life "einmal 100 Prozent an AWD erwerben" werde. Im ersten Schritt erachte er dies aber nicht als realistisch, sagte Dörig weiter.

Swiss Life hält derzeit 2,68 Prozent der AWD-Aktien und Finanzinstrumente zum Kauf weiterer 2,75 Prozent.

"Strategische Partnerschaft"

Maschmeyer unterstrich, dass seine Familie an ihrem Engagement bei AWD festhalten wolle. Dies gelte "möglicherweise auch mal in einem Leben nach mir". Zugleich wehrte er sich gegen Vorwürfe, er profitiere vor allem selbst von dem angekündigten Verkauf an den Schweizer Versicherer. "Das ist eine strategische Partnerschaft, die unsere Familie mit Aktien unterstützt,", sagte Maschmeyer. "Wenn ich hätte Kassen machen wollen, hätte ich unsere 30 Prozent in einer Aktion angeboten."

Auch habe der Finanzdienstleister, dessen Geschäft zuletzt unter den Turbulenzen an den Finanzmärkten zu leiden hatte, sich nicht aus einer Position der Schwäche für einen Verkauf entscheiden, sagte Maschmeyer weiter. "Es ist eine Partnerschaf der Stärke und hat überhaupt nichts mit Finanzsorgen oder Schwäche zu tun."

AWD werde das Geschäftsmodell der unabhängigen Finanzberatung und der offenen Produktplattform beibehalten, hieß es weiter. Für Swiss Life soll sich die Transaktion spätestens ab 2009 positiv auf den Gewinn je Aktie auswirken.

Die Übernahmeofferte für den Finanzdienstleister AWD gab der Aktie Auftrieb. Das MDax-Papier stieg um 30,2 Prozent auf 29,86 Euro.

AWD ist nach eigenen Angaben mit einer Kundenbasis von 1,9 Millionen Privatkunden der größte unabhängige Finanzdienstleister Europas. Für die Firma arbeiten 6300 Berater.

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