Turbulentes Aktionärstreffen:Die HRE - ein schwarzes Loch

Auf der Hauptversammlung der Hypo Real Estate lassen die Aktionäre ihrem Ärger freien Lauf - und Konzernchef Wieandt zeichnet ein düsteres Bild über die Zukunft der Bank.

Sie sind mit viel Wut im Bauch nach München gereist. Mehrere hundert Aktionäre der inzwischen verstaatlichten Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) haben ihrem Ärger auf der Hauptversammlung freien Lauf gelassen. Es sei unmoralisch, die Anleger aus dem Unternehmen herauszuquetschen, kritisierte ein Aktionär.

Hypo Real Estate, Hauptversammlung, Foto: ddp

Aufsichtsratschef Michael Endres spricht auf der Hauptversammlung der Hypo Real Estate. Aktionäre haben die Verstaatlichung der Krisenbank massiv kritisiert.

(Foto: Foto: ddp)

"Diese Methode hat in einer Demokratie meiner Meinung nach nichts verloren." Die Verstaatlichung sei eine Ungeheuerlichkeit, schimpfte ein anderer Anleger. "Uns haben sie enteignet beziehungsweise erpresst."

Konzernchef Axel Wieandt verteidigte die umstrittene Verstaatlichung des Konzerns. "Vorstand und Aufsichtsrat sind unverändert der Auffassung, dass es keine realistische Alternative zur Beteiligung des Bundes an der HRE gab und gibt", sagte der Unternehmenschef. Durch die staatlichen Hilfsmaßnahmen sei die HRE nach ihrer existenzbedrohenden Krise im vergangenen Jahr stabilisiert worden.

Für viel Ärger sorgte auch, dass Video- und Tonaufnahmen der Diskussion nicht zugelassen wurden. Die Hypo Real Estate stellte lediglich Aufzeichnungen von den einführenden Reden zur Verfügung.

Weitere Kapitalspritzen benötigt

Im Juni hatte der Soffin per Kapitalerhöhung drei Milliarden Euro frisches Geld in das taumelnde Institut gesteckt und im Gegenzug seinen Anteil auf 90 Prozent aufgestockt. Im Herbst will der Bund die verbleibenden Aktionäre aus der Bank drängen. Bislang hält der Steuerzahler die Bank mit rund 100 Milliarden Euro künstlich am Leben.

Um weitere Kapitalspritzen vom Staat wird der krisengeschüttelte Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) auch in Zukunft nicht herumkommen. "Wir gehen nicht davon aus, dass wir vor 2012 wieder in die Gewinnzone zurückkehren können. Deshalb braucht die Gesellschaft weitere Kapitalunterstützung", sagte Wieandt.

Die Höhe des zusätzlichen Kapitalbedarfs sei allerdings noch nicht abzuschätzen. Sie hänge von verschiedenen Faktoren ab wie einer Einigung mit dem Bankenstützungsfonds Soffin über die angestrebte Eigenkapitalquote, EU-Vorgaben, die Entwicklung des Immobilienfinanzierungsgeschäfts und dem Abbau des eigenen Portfolios mit riskanten Krediten und Wertpapieren.

Wichtigster Teil des Sanierungsprogramms ist eine drastische Verkleinerung des Konzerns mit dem Abbau von Arbeitsplätzen und der Schließung von Standorten. "Unsere Maßnahmen haben die HRE schon jetzt deutlich schlagkräftiger gemacht", sagte Wieandt. Bislang seien 15 Standorte des Konzerns geschlossen worden, weitere sieben sollen im Laufe des Jahres folgen.

Neuer Aufsichtsrat

Inwieweit der ehemalige Vorstand um Ex-Konzernchef Georg Funke für das Drama zur Verantwortung gezogen kann, wird derzeit geprüft.

Der scheidende Aufsichtsratschef Michael Endres erklärte allerdings, die Überprüfung der Geschäfte des früheren Vorstands habe inzwischen "deutliche Hinweise auf Pflichtverletzungen ergeben." Auch der jetzige Vorstand will eine Sonderprüfung von Vorstandshandlungen, die die HRE in die Krise stürzten, von der Hauptversammlung anstoßen lassen. Zudem werde bereits die mögliche Verantwortung des früheren Aufsichtsrats ermittelt, sagte Vorstandschef Wieandt.

Aktionärsschützern reicht dies jedoch nicht. Eine vom Aufsichtsrat geplante Sonderprüfung gehe nicht weit genug, sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. "Eine Sonderprüfung darf nicht eine kurzfristige Beruhigungspille für die Aktionäre sein." Die Vorgänge bei dem Unternehmen, das inzwischen dem Bund gehört, müssten bis ins letzte Detail aufgearbeitet und veröffentlicht werden.

Bei dem Aktionärstreffen sollte außerdem ein neuer Aufsichtsrat bestimmt werden, der künftig nur noch aus sechs statt bislang zwölf Mitgliedern besteht. Die bisherigen Aufsichtsräte, die ihre Posten im Herbst 2008 übernommen hatten, gehen. Dafür kommen Bernd Thiemann, Ex-Chef der DG Bank, die frühere Präsidentin des Bundesrechnungshofs, Hedda von Wedel, die frühere Deutschlandchefin von Morgan Stanley, Dagmar Kollmann, Albert Peters aus dem Bundesfinanzministerium, KfW-Vorstand Günther Bräunig sowie Alexander Groß, Ministerialdirektor aus dem Bundeswirtschaftsministerium.

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