Verhandlungen mit Troika:Griechenland kündigt neue Sparrunde an

Lesezeit: 3 min

Die griechische Regierung will umgehend "noch nie dagewesene" Schritte bekanntgeben, um die Staatsfinanzen zu sanieren. Die Helfer-Troika hat sie bereits überzeugt: Vertreter von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds wollen nach Athen zurückkehren. Doch viele im Land zittern vor den neuen, drastischen Einschnitten.

Die griechische Regierung will ein Zeichen setzen und ihren Sparwillen demonstrieren. Noch am Mittwoch hat sie vor, neue Einschnitte bekanntzugeben. Die neuen Schritte stünden im Zusammenhang mit den Verhandlungen mit der Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission, sagte ein Regierungssprecher.

Zuvor hatte Griechenland die Experten offenbar erfolgreich von seinen ernsthaften Sparbemühungen überzeugt und kann sich wieder Hoffnung auf die nächsten Notkredite machen. Zweieinhalb Wochen nach dem Abbruch der Troika-Mission in Athen bescheinigten die Troika-Experten Finanzminister Evangelos Venizelos am späten Dienstagabend in einer Telefonkonferenz "gute Fortschritte". Es werde nun erwartet, dass die unterbrochene Überprüfung der griechischen Konsolidierungsmaßnahmen "früh in der kommenden Woche in Athen wieder aufgenommen wird", hieß es in einer Erklärung der EU-Kommission.

Vertreter von EU, IWF und EZB würden in der kommenden Woche in Athen zurückerwartet, erklärte das griechische Finanzministerium. Venizelos kündigte an, er werde am Wochenende nach New York reisen, um auch den IWF über die Entschossenheit der griechischen Regierung zu informieren. Aus Kreisen des Ministeriums verlautete zudem, man sei zuversichtlich, dass die nächste Tranche aus dem Hilfspaket überwiesen werde. "Wir sind einer Einigung nahe."

Erst wenn die Troika der Regierung bescheinigt, dass das Konsolidierungsprogramm vollständig umgesetzt wird, kann die nächste Tranche an Notkrediten von acht Milliarden Euro an Athen überwiesen werden. Ohne diese Hilfe wäre Griechenland im Oktober pleite.

Fitch rechnet mit Pleite Griechenlands

Die Ratingagentur Fitch rechnet fest mit einer Pleite Griechenlands. Dennoch sei zu erwarten, dass der hochverschuldete Staat in der Eurozone bleibe, schrieb David Riley. Er ist bei Fitch für die Bonitätseinstufung von Staaten zuständig.

Portugals Ministerpräsident Pedro Passos Coelho warnte vor den Folgen einer griechischen Staatspleite für sein Land: "Wir sind am Rande einer Situation großer Unsicherheit, um nicht zu sagen eines möglichen Zahlungsausfalls eines Staates, sagte er dem Fernsehsender RTP. "Das könnte desaströse Konsequenzen für Portugal haben, vor allem für die Finanzierung der Banken und die Wirtschaft", sagte Coelho. Es wäre unverantwortlich, würde sich die portugiesische Regierung nicht auf den Fall einer Pleite Griechenlands vorbereiten. Portugal war nach Griechenland und Irland das dritte Euro-Land, das Hilfen von EU und IWF in Anspruchen nehmen musste.

Eine erste Telefonkonferenz mit dem griechischen Finanzminister Venizelos war am Montag noch ergebnislos auf Dienstag vertagt worden. Eigentlich sollte die nächste Kredittranche, die noch zum ersten Rettungspaket im Gesamtvolumen von 110 Milliarden Euro gehört, schon im September ausgezahlt werden. Nach dem Abbruch der Troika-Mission hatten die Euro-Finanzminister die Entscheidung über die Freigabe aber auf Oktober verschoben.

Ein Grund für das positive Votum der Troika könnte der Beschluss der griechischen Regierung sein, die Finanzierungslücke durch eine neue Grundsteuer zu füllen und diese per Stromrechnung einzuziehen. Allerdings hatte der IWF-Vertreter für Griechenland, Bob Traa, Ministerpräsident Giorgos Papandreou auch zur Beschleunigung der Strukturreformen gedrängt und mehr Tempo bei der Reform des Öffentlichen Dienstes angemahnt.

Zehntausende Entlassungen befürchtet

Die neuen Kürzungen, die Papandreous Kabinett nun beschließen will, wurden in griechischen Medien als "noch nie dagewesen" bezeichnet. Die griechischen Gewerkschaften befürchten, dass dabei Zehntausende Staatsbedienstete entlassen und Gehälter sowie Renten massiv gekürzt werden könnten. Zusätzlich könnten neue indirekte Steuern für Tabak und Spirituosen erhoben werden. Erwartet wird auch, dass das Heizen teurer wird, weil der Preis für Heizöl an den für Diesel angeglichen werden könnte. Außerdem soll die Immobilien-Sondersteuer eingeführt werden - jeder Haus- oder Wohnungsbesitzer soll je nach Wert der Immobilie zwischen 0,5 und 16 Euro pro Quadratmeter bezahlen.

Athen will den aufgeblähten Staatsapparat drastisch verkleinern. Die Zahl der Staatsbediensteten solle sich im Vergleich zu 2009 um 50.000 sofort und bis 2015 um weitere 100.000 verringern, schätzt die Presse in Athen. 117 staatlich unterstützte Betriebe sollen sobald wie möglich schließen. Im Staatssektor arbeiten nach offiziellen Angaben mehr als 700.000 Bedienstete, hinzu kommen rund 200.000 Mitarbeiter in staatlich subventionierten Unternehmen wie dem Fernsehen oder der Elektrizitätsversorgung. Die Gewerkschaften haben bereits Streiks für den 6. Oktober angekündigt.

© dapd/dpa/Reuters/olkl/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: