Troika-Bericht zur Schuldenkrise:Verwirrspiel um angebliche IWF-Blockade

Kommt das überschuldete Griechenland doch nicht an die nächsten acht Milliarden Euro? Meldungen zufolge blockiert der Internationale Währungsfonds die Auszahlung. Doch gleichzeitig liegt der Bericht der Troika vor - und spricht sich für die Milliarden-Überweisung aus.

Ganz Griechenland wartet auf die nächste Tranche des Hilfspakets, es geht um acht Milliarden Euro. Dieses Geld solle so schnell wie möglich freigegeben werden, heißt es im neuesten Bericht der Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU. Für Verwirrung sorgt, dass sich der IWF einer früheren Meldung der Nachrichtenagentur Reuters zufolge querlegt und eine Auszahlung blockiert.

The Acropolis hill is seen during sunset in Athens

Sonnenuntergang über der Akropolis: Griechenland wartet auf das Okay zur nächsten Tranche des Hilfspakets.

(Foto: REUTERS)

Glaubt man dieser Meldung, beurteilt der IWF vor allem die Wirtschaftsdaten Griechenlands negativer als die anderen beiden Troika-Partner. "Der IMF glaubt, dass die Annahmen der Troika-Partner zu optimistisch sind." Jetzt werde er "nicht vor dem Treffen der Eurogruppe" am Freitag veröffentlicht, schrieb die griechische Zeitung Kathimerini unter Berufung auf nicht näher bezeichnete Quellen. Unter Hinweis auf das entscheidende Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs an diesem Wochenende wird ein zweiter EU-Offizieller zitiert: "Der IWF will erst einmal sehen, was Euro-Gruppe und Europäischer Rat beschließen."

Die Troika-Vertreter von EU, EZB und IWF waren nach Griechenland gereist, um die Fortschritte bei den Sparmaßnahmen zu beurteilen, die die Regierung im Gegenzug für neue finanzielle Hilfen zugesagt hatte. Griechenland braucht das Geld bis November, sonst kann der Staat keine Gehälter mehr zahlen. Vergangene Woche hatten die Troika-Vertreter bereits deutlich gemacht, dass sie die Tranche freigeben wollten. Deshalb sorgt die IWF-Meldung für Irritationen.

Fakt ist: Der Troika-Bericht ist fertig. Er liegt zwei Nachrichtenagenturen vor und besagt, dass die vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt worden seien. Die Auszahlung der sechsten Tranche könne empfohlen werden - obwohl sich die wirtschaftliche Lage im Land verschlechtert habe. Das widerspricht zunächst den Angaben über die Verweigerungshaltung des IWF.

Auf Grundlage des Abschlussberichtes wollen die Finanzminister der Euro-Zone voraussichtlich noch an diesem Freitag über die Freigabe der Hilfen entscheiden - unmittelbar vor dem EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Sonntag zur Lösung der Schuldenkrise.

Doch eine endgültige Entscheidung ist sowieso noch nicht gefallen. Denn es ist nach wie vor nicht geklärt, ob das hochverschuldete Land langfristig in der Lage sein wird, die Krise zu meistern und weitere Hilfen der Partner überhaupt Sinn machen.

Deshalb denken manche Politiker der Euro-Gruppe über einen Schuldenschnitt nach. Die Entscheidung wird voraussichtlich beim Gipfel fallen. Dann müssten Geldgeber auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Dieser Punkt sorgt aber für Streit unter den Troika-Partnern.

Werde eine stärkere Beteiligung des privaten Sektors vereinbart und damit die Schuldenlast Griechenlands reduziert, werde der IWF der Auszahlung der Hilfsgelder wohl trotz der Vorbehalte zustimmen, hieß es.

Es geht um die Kredittranche aus dem im Mai 2010 von den Europäern und dem IWF geschnürten ersten Rettungspaket für Athen, das insgesamt 110 Milliarden Euro umfasst.

42.000 Euro Einkommen, aber Millionen im Ausland

Um den Haushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen, geht Griechenland weitere Schritte im Kampf gegen Steuerbetrüger, die dem Staat Milliarden vorenthalten. Zuletzt war bekanntgeworden, dass die Regierung mit der Schweiz über ein Abkommen verhandelt. Das griechische Finanzministerium legte zudem den Abgeordneten des Parlaments zwei Listen mit 2495 Namen von Bürgern vor, die Geld ins Ausland geschafft haben oder dem Staat große Summen schulden. Die Namen der Steuersünder wurden jedoch nicht bekannt.

Allein 40 Personen auf dieser Liste sollen dem Staat jeweils mehr als 100 Millionen Euro schulden. Eine davon habe ein jährliches Einkommen von 42.000 Euro angemeldet. Ein Unternehmer soll dem Staat gar 636 Millionen Euro schulden. Abgeordnete berichteten, auf der Liste stünden die Namen von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten: Ärzte ebenso wie Klempner und Finanzbeamte. 18 Personen erhielten sogar Arbeitslosenunterstützung und hatten im Ausland jeweils Geldeinlagen zwischen einer und 1,5 Millionen Euro.

Einsicht in die Listen haben nach Angaben des Finanzministeriums nur Abgeordnete. Finanzminister Evangelos Venizelos hatte wiederholt erklärt, er wolle die Namen auf jeden Fall veröffentlichen. Die griechische Presse veröffentlichte am Donnerstag Fotos der Listen, auf denen aber die Familiennamen der Steuersünder gestrichen waren.

Vor dem Parlament geht der Protest gegen die Regierung weiter: Tausende demonstrierten gegen den Sparkurs und skandierten "Diebe!". Seit Mittwoch ist das Land durch einen Generalstreik lahmgelegt.

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