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Tricks mit Krediten:Wie Banken mit falschen Zinsen abkassieren

Und plötzlich gibt es einen 32. Juni: Wer einen Kredit oder ein Darlehen einer Bank bezieht, sollte genau auf seine Kontoauszüge schauen. In vielen Fällen ziehen Kreditinstitute zu viel ab. Die Fehler kann man aber leicht aufspüren.

Von Andreas Jalsovec

Es gibt Banken, für die hat das Jahr deutlich mehr als 365 Tage. Zumindest, wenn es um die Zinsberechnung bei Krediten oder Darlehen ihrer Kunden geht: Gelegentlich gehen darin mehr Zinstage ein, als der betreffende Monat überhaupt Tage hat. "Da wird schon einmal der 31. und 32. Juni hinzugefügt, um zwei zusätzliche Tage abzurechnen", erläutert Olaf Kumpfert. Der Autor hat für sein Buch "Zinsklau" rund 170 Gutachten von Kreditsachverständigen analysiert. Die Experten untersuchen darin die Konten von Firmen, Handwerkern oder Privatleuten auf Fehler der Banken bei der Zinsabrechnung. Ergebnis: In fast allen Fällen ziehen die Kreditinstitute zu viel ab. Betroffen sind vor allem Unternehmer. Bei ihnen entstehen über die Jahre teils Millionenschäden. Aber auch auf Privatkonten wird falsch gerechnet. Die häufigsten Fehler - und wie Kunden sie entdecken können:

Falsche Zinsanpassungen

Sie betreffen Kredite mit variablem Zins. Bestes Beispiel ist der Kontokorrent- oder Dispokredit beim Girokonto. Bei Vertragsbeginn wird dabei ein Anfangszins vereinbart. Dieser steht in einem bestimmten Verhältnis zum Referenzzins, der das Marktniveau wiedergibt. Ändert sich der Marktzins, muss die Bank den Kreditzins so anpassen, dass das Ursprungsverhältnis gleich bleibt.

Der Bundesgerichtshof hat das mehrfach entschieden. Doch nicht alle Banken handeln danach. "Nach oben passen sie die Zinsen immer an", sagt der Berliner Kreditsachverständige Ralph Hans Brendel: "Nach unten kaum". Fünf Prozentpunkte überhöhte Zinsen seien keine Seltenheit. Das trifft Handwerker oder Landwirte, die oft hohe Kontokorrentkredite in Anspruch nehmen. "Aber auch Verbraucher zahlen zu viel", sagt Annabel Oelmann, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Die Verbraucherzentrale hat zuletzt drei Banken abgemahnt, weil sie die niedrigen Zinsen, zu denen sich die Institute selbst Geld leihen, nicht an die Kunden weitergeben. "Die Gewinnmarge der Banken steigt damit", so Oelmann.

Um das Konto auf überhöhte Zinsen zu testen, sollten sich Kunden die ursprünglich im Vertrag vereinbarte Spanne für den Dispokredit ansehen, meint Olaf Kumpfert. Weiche der aktuelle Wert ab, sei das ein Hinweis auf falsche Abrechnungen. Verbraucherschützerin Oelmann rät, den teuren Dispo erst gar nicht in Anspruch zu nehmen. Wer etwa ein Guthaben auf dem Sparbuch habe, solle das zuerst nutzen.

Falsche Überziehungszinsen

Den Dispokredit können Kontoinhaber bis zu einem Limit in Anspruch nehmen. Wer darüber hinaus geht, rutscht in den Überziehungskredit. Dieser ist deutlich teurer. Mitunter senken die Banken das Limit, bei dem der Überziehungskredit greift, unbemerkt ab. "Gelegentlich werden schon ab dem ersten Cent, bei dem das Konto im Minus ist, Überziehungszinsen fällig", sagt Sachverständiger Brendel. Die Kunden zahlen dann zu hohe Kreditkosten. Verbraucher sollten daher auf ihren Auszügen genau nachvollziehen, wann die Bank Überziehungszinsen berechnet. "Steigt der Betrag etwa unerwartet an, sollte man prüfen, ob das Limit korrekt gesetzt wurde", so Olaf Kumpfert.

Falsche Wertstellungen

Steht ein Konto im Minus, verringert jede Gutschrift die Zinslast. Das gilt aber erst, wenn der Betrag wertgestellt wird - also auf dem Konto verfügbar ist. Die Gutachten der Sachverständigen zeigen: Häufig werden Gutschriften einige Tage nach Eingang des Geldes verrechnet. Umgekehrt datieren die Banken die Wertstellung bei Abbuchungen vor. In beiden Fällen werden zu viele Zinsen abgezogen. Falsche Wertstellungen seien zuletzt seltener geworden, meint Verbraucherschützerin Oelmann. Grund: Buchung und Wertstellung müssen mittlerweile am selben Tag stattfinden. Dennoch, so glaubt Olaf Kumpfert, mache jede vierte Bank Wertstellungsfehler. Es lohne sich daher oft, Wertstellungs- und Buchungstage zu vergleichen.

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Quelle:
SZ vom 15.05.2013
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