Tricks am Telefon:Wenn Betrüger scheinbar helfen wollen

Sie nutzen einen gut klingenden Namen aus: Eine Gruppe, die sich so ähnlich nennt wie die Verbraucherzentralen, verspricht Hilfe gegen Telefonabzocke. Dabei sind die falschen Helfer selbst nur am Geld interessiert.

Maike Brzoska

Angelika King stockte der Atem, als sie hörte, was der freundliche Herr ihr am Telefon mitteilte. Ihre Daten seien an 70 Gewinnspielfirmen verkauft worden, innerhalb der nächsten Wochen würde sie die ersten Inkassobriefe bekommen, und der Gerichtsvollzieher könnte bei ihr vor der Haustür stehen. Was für ein Schock. Der Herr von der Deutschen Verbraucherweste bot an, ihr zu helfen. Er könnte die Löschung ihrer Daten bei den Firmen veranlassen und ihr Infomaterial zuschicken. Frau King sollte 105 Euro dafür bezahlen.

Sie willigte ein, denn die Geschichte schien ihr glaubhaft. Sie bekam ja tatsächlich Anrufe und Mahnungen von Firmen, die behaupteten, dass ein Vertrag mit ihr bestünde. Sie ging auf deren Forderungen zwar nie ein, aber verunsichert war sie trotzdem jedes Mal. Deswegen war das Versprechen, dass die Telefonanrufe aufhören würden, verlockend. Außerdem "Deutsche Verbraucherweste" - das klang schon irgendwie seriös.

Richtige Verbraucherschützer sind entsetzt über diese Vorgehensweise. "Die Masche der Deutschen Verbraucherweste ist gleich doppelt verwerflich", sagt Petra von Rhein von der Verbraucherzentrale Bayern. "Die zocken die Leute ab und behaupten dann noch dreist, dass sie ihnen helfen würden." Sie hält die Deutsche Verbraucherweste für Betrüger. Das Versprechen, gegen ungebetene Anrufer vorzugehen, sei technisch gar nicht möglich. "Die können ja gar nicht wissen, wer bei den Verbrauchern anruft", sagt sie. Schon allein deshalb, weil die Telefonnummern bei solchen Anrufen in der Regel entweder unterdrückt oder falsch seien.

Werbeanrufe mit unterdrückter Telefonnummer sind seit 2009 verboten

Die Bundesnetzagentur prüft derzeit die Beschwerden gegen die Deutsche Verbraucherweste. Die wiederum weist den Vorwurf, Verbraucher abzuzocken, in einer Stellungnahme zurück. Das seien andere Firmen gewesen, die sich als Deutsche Verbraucherweste ausgegeben und unter ihrem Namen telefoniert und betrogen hätten. Die Verbraucherzentralen halten das aber für unglaubwürdig. Seit 2009 sind Werbeanrufe verboten, bei denen die Rufnummer unterdrückt ist oder für die der Verbraucher keine Erlaubnis erteilt hat. Aber das Problem hält sich hartnäckig. 2011 sind mehr als 30.000 Beschwerden wegen Telefon-Spam bei der Bundesnetzagentur eingegangen, gegen viele Firmen ist die Agentur vorgegangen.

Das Telefon klingelt trotz Verbot

Trotzdem bekommen etliche Verbraucher weiterhin Anrufe von Gewinnspiel- oder anderen Firmen: Sie sollen ihre Kontodaten durchgeben, weil sie etwas gewonnen hätten, oder sie sollen für vermeintlich geschlossene Verträge zahlen. Diese Behauptungen stimmen in der Regel nicht, aber einige gehen offenbar auf solche Forderungen ein, aus Angst vor Konsequenzen wie Inkassoschreiben oder Gerichtsvollzieher oder weil sie unsicher sind, ob sie nicht doch irgendwo im Internet oder bei einem Preisausschreiben einen Vertrag eingegangen sind.

Diese Unsicherheit macht sich die Deutsche Verbraucherweste zunutze. Petra von Rhein geht davon aus, dass die Verbraucherweste die Telefonnummern von Leuten wie Frau King aus denselben unseriösen Quellen bezieht wie die Gewinnspielfirmen. Vermutlich stößt die Verbraucherweste deshalb auch auf offene Ohren, denn so erreicht sie gerade diejenigen, die von Telefon-Spam belästigt werden.

Auch Waltraud Roessler nahm den "Service" der Deutschen Verbraucherweste in Anspruch. Die 76-Jährige war mit den Nerven am Ende, sie bekam bis zu 15 Anrufe am Tag von Firmen, die sie unter Druck setzten und Geld von ihr verlangten. Auch hier versprach die Verbraucherweste Abhilfe. Frau Roessler sollte "als Dankeschön" eine Zeitschrift abonnieren, was sie tat. Der Telefonterror hörte allerdings keineswegs auf. Ein paar Monate später meldete sich die Verbraucherweste erneut bei ihr; ihre Daten seien im Netz noch im Umlauf, erst wenn sie noch eine Zeitschrift abonniere, würde die Löschung veranlasst. Da erst schwante Frau Roessler, dass sie auf Betrüger reingefallen ist. Sie kündigte die Zeitschrift und legt seitdem sofort auf, wenn ihr jemand am Telefon etwas andrehen will. Seitdem werden die Anrufe weniger.

Datenschützer von Bund und Ländern warnen ebenfalls vor betrügerischen Anrufen, bei denen sich die Anrufer als Beschäftigte einer staatlichen Datenschutzinstitution ausgeben. Dabei verwenden sie teilweise frei erfundene Behördenbezeichnungen wie "Verwaltungszentrale für Datenschutz", "Bundesdatenschutzzentrale" oder "Bundes- bzw. Landesdatenschutzamt".

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