Geldanlagen:Warum Anleger wieder auf das Gold setzen

Goldbarren bei Degussa, 2014

Weil die Lage an den Finanzmärkten unsicherer wird, ist Gold wieder attraktiv.

(Foto: Florian Peljak)
  • In den vergangenen Jahren boomte die Börse, im Gegenzug fiel der Goldpreis.
  • Jetzt steht das Edelmetall bei den Anlegern wieder hoch im Kurs. Von einer Trendwende wollen Goldhändler aber noch nicht sprechen.

Von Harald Freiberger

Die Zeiten sind schlecht, das ist gut für Robert Hartmann. Vor 14 Jahren gründete der Münchner mit einem Partner Pro Aurum, ein Unternehmen, das sich auf den Handel mit Edelmetallen spezialisiert hat. Heute gehört es zu den größten seiner Art in Deutschland. Hartmann, 50, sitzt in seiner Zentrale in München-Riem, die mit goldfarbenem Blech verkleidet ist. Gerade herrscht dort wieder erhöhter Publikumsverkehr an den Schaltern, wo Kunden Gold in allen Größen kaufen können, als Blättchen, Münzen oder Barren.

"Wegen China sind die Aktien zum Jahresanfang abgestürzt, die Unsicherheit hat dramatisch zugenommen, da sagen sich die Leute: Ich geh lieber mal auf Nummer sicher", sagt Hartmann. Gold ist in den vergangenen Jahren etwas aus der Mode geraten, seit 2011 ist der Preis fast ununterbrochen gefallen. Der Höchststand lag damals bei 1921 Dollar pro Feinunze (31 Gramm). Im Dezember 2015 waren es nur noch 1051 Dollar. Doch seitdem geht es fast täglich nach oben. An diesem Donnerstag etwa: 1152 Dollar, ein Plus von fast zehn Prozent.

Manche halten die Euphorie für verfrüht

Gold steht bei Anlegern wieder im Kurs. An normalen Tagen kommen 50 bis 70 Kunden in die Schalterhalle von Pro Aurum, im Januar waren es manchmal 150. Jeder kauft im Durchschnitt Edelmetall im Wert von 7000 bis 12 000 Euro. Gold ist eine Krisenwährung, oft wird es auch "sicherer Hafen" genannt. "Die Nachfrage nach Gold steigt in der Regel immer dann, wenn es im Finanzsektor Unsicherheit gibt - und umgekehrt", sagt Stefan Voß, Gold-Analyst bei der Landesbank Bayern (BayernLB). In den vergangenen Jahren boomte die Börse, im Gegenzug fiel der Goldpreis. Seit einigen Wochen tobt an den Finanzmärkten der Sturm, da steuern viele wieder den sicheren Hafen an.

Die BayernLB, ebenfalls einer der größten Edelmetall-Händler des Landes, verzeichnete schon 2015 ein anziehendes Geschäft. Sie verkaufte 48 Tonnen Gold, sechs Tonnen mehr als im Jahr davor. Manche sprechen bereits von einer "Trendwende". Ein Zeichen ist für die Analytiker der Kurven, dass der Preis in diesen Tagen über seinen 200-Tage-Durchschnitt stieg. Voß hält es für verfrüht, von einer Trendwende zu sprechen, er rechnet aber mit tendenziell weiter steigenden Preisen.

Der Vorteil: Gold ist nicht entwertbar

Goldhändler Hartmann will sich nicht auf Spekulationen über eine Trendwende einlassen. Die Frage ist für ihn auch gar nicht so wichtig. "Unsere Kunden kaufen nicht Gold, um in drei Jahren um 30 Prozent höher zu verkaufen", sagt er.

Es gehe um etwas anderes: um eine Versicherung des eigenen Kapitals. "Wer zum ersten Mal einen Barren in der Hand hält, spürt die Faszination, den Glanz, das hohe Gewicht, die 5000 Jahre alte Geschichte", sagt er. In dieser ganzen Zeit habe man es an jedem Tag in Geld tauschen können, auch wenn man mal mehr und mal weniger dafür bekommen habe. Die wichtigsten Eigenschaften von Gold sind mit der Finanzkrise in den Vordergrund getreten: Es ist nicht beliebig vermehrbar, es benötigt kein Zahlungsversprechen eines Dritten, ob Bank oder Staat, und es ist nicht entwertbar.

Diese Sicherheit und Unabhängigkeit sorgte für einen Verdreifachung des Preises von 2008 bis 2011. Dann kam Draghis Versprechen, den Euro zu retten, was immer es koste. Das beruhigte die Anleger und führte zu einem vierjährigen Aktienboom. Der Preis des Goldes hat sich im Gegenzug halbiert. Hartmann war überrascht über den starken Preisverfall, "da war wohl doch viel heiße Luft drin". Inzwischen aber sieht er diese entwichen. Er rechnet damit, dass der Preis weiter steigt, und er hofft, dass dies in moderaten Schritten passiert. "Wenn Gold schnell steigt, dann ist immer etwas passiert", sagt er. Das wäre zwar gut für ihn als Händler, aber schlecht als Bürger und Familienvater. So ist das bei einem Edelmetall-Händler, der mit Krisenwährungen zu tun hat: Es schlagen immer zwei Herzen in seiner Brust.

Die Königsfrage ist, ob die großen Investoren den Notenbanken vertrauen

Anlageexperten raten häufig, einen Teil des Vermögens in physischem Gold oder anderen Edelmetallen zu halten. Hartmann hält zehn Prozent des gesamten Vermögens für eine gute Richtgröße, als "Versicherung für das eigene Kapital". Es sei wie bei einer Autoversicherung: Man wünsche sich nicht, dass man einen Unfall baue, aber man brauche eine Absicherung für den Schadensfall. Die Königsfrage für Hartmann lautet derzeit, ob die großen Investoren der Welt weiter den Notenbanken vertrauen. Er sieht bereits erste Dellen: Die Schweiz konnte die Bindung an den Euro nicht halten, Schweden musste die Zinserhöhung zurücknehmen, in Japan gibt es einen deutlichen Negativzins. "Wenn sich die Überzeugung durchsetzt, dass sich durch die Geldschwemme kein nachhaltiges Wachstum erzeugen lässt, könnte es schnell zum Umdenken kommen", sagt Hartmann.

Das wäre fatal, aber wahrscheinlich "eine Sternstunde für Edelmetalle". Privatanlegern rät Hartmann, mindestens eine Unze Gold zu kaufen. Darunter seien die Kosten im Vergleich zu hoch. Für Barren verlangt Pro Aurum rund 3,5 Prozent Gebühren, für Münzen zwei Prozent. Günstiger sind Indexfonds (ETF), die Hartmann aber nicht für langfristig orientierte Anleger empfiehlt, sondern für solche mit einem Horizont von bis zu drei Jahren. Goldminen-Aktien seien zwar billig, aber nur etwas für risikofreudige Anleger: Die Kurse schwanken weit stärker als der Goldpreis selbst.

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