Tipps zur Geldanlage:Wie sind Rentenfonds derzeit einzuschätzen?

  • Ist es an der Zeit, aus Rentenfonds auszusteigen? Leser Enno B. hat gefragt, wie die Anlage derzeit einzuschätzen ist.
  • Die Zeit, in der stetig die Zinsen sanken und Rentenfonds deshalb eine äußerst verlässliche Angelegenheit waren, geht offensichtlich zu Ende.
  • Entsprechend steigt auch das Risiko bei dieser Anlageform.
  • Bei Fragen zur Geldanlage schreiben Sie an sz-finanzen@sueddeutsche.de

Von Jan Willmroth

Es gibt an den Finanzmärkten selten die Gelegenheit, dem Ende einer Ära zuzusehen. Gerade ist aber eine Zeit, in der ganz offensichtlich eine schon mehr als zwanzig Jahre andauernde Phase ihrem Ende entgegengeht: Eine Zeit, in der stetig die Zinsen sanken und Rentenfonds deshalb eine äußerst verlässliche Angelegenheit waren. Renditen zwischen fünf und sieben Prozent pro Jahr waren keine Seltenheit, und das bei einem relativ geringen Risiko und überschaubaren Gebühren. Besser als Festgeld waren sie allemal. Inzwischen aber ist das erste, was Anleger bezüglich Rentenfonds zu hören bekommen, sie sollten ihre Anteile lieber verkaufen. Ist es wirklich schon Zeit für einen Abgesang auf Rentenfonds als Anlageklasse?

Solche Fonds investieren in ein Portfolio aus unterschiedlichen Anleihen. Manche setzen allein auf Staatsanleihen, entweder fokussiert auf einzelne Weltregionen wie etwa die Euro-Zone oder in eine Auswahl weltweiter Papiere. Andere Fonds mischen Staats- mit Unternehmensanleihen, einige haben nur letztere im Portfolio und gelten damit schon als relativ risikoreich. Unternehmen gehen - und das gilt noch immer - eben schneller pleite als Staaten.

Alte Gewissheiten sind überholt - die Risiken steigen

Während der vergangenen Jahrzehnte konnten sich Anleger bei vielen Produkten auf gute Erträge verlassen. Das lag zum einen daran, dass die Rendite auf Staatsanleihen solventer Länder höher lag als die Zinsen auf Festgeld. Zum anderen sank die Verzinsung neu ausgegebener Papiere stetig, was die Kurse der Anleihen im Bestand steigen ließ. So kam den Fondskäufern die grundlegende Funktionsweise von Anleihen zugute: Wer eine neue Staatsanleihe kauft, erhält dafür eine garantierte jährliche Verzinsung, den sogenannten Kupon. Sinkt dieser mit der Zeit, sind andere Marktteilnehmer bereit, für die höher verzinsten Papiere mehr zu bezahlen. Also steigen sie im Preis. Ein schönes Spiel mit Anleihekurs und Kupon war das jahrelang.

Doch die alten Gewissheiten sind überholt. Denn in großen Teilen Europas sind die Zinsen derart tief gesunken, dass sie nicht mehr viel weiter nach unten können. Der Mechanismus, der so lange für sichere Erträge stand, funktioniert auch umgekehrt: Steigt die Rendite, sinken die am Markt gehandelten Anleihen im Kurs. In vielen Fällen bedeutet das auch einen Verlust für die Staatsanleihen-Fonds.

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Mitte April kam es dann zu Verwerfungen, wie sie künftig häufiger passieren könnten. Dann nämlich, wenn wie geschehen die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen von etwa 0,05 auf 0,75 Prozent steigen. Klingt nicht nach viel, führte aber zu einem Verlust von vier Prozent in wenigen Tagen. Bei noch länger laufenden Anleihen fällt der Wertverlust umso dramatischer aus, wenn deren Rendite steigt.

Das Risiko einer Investition in Rentenfonds ist mithin gestiegen. Dessen ungeachtet sind die Fonds bei Sparern in Deutschland nach wie vor beliebt: Im vergangenen Jahr verzeichneten die in Deutschland vertriebenen Fonds nach Daten des Fondsverbandes BVI Netto-Mittelzuflüsse in Höhe von 16,9 Milliarden Euro, davon neun Milliarden in Fonds mit Schwerpunkt auf europäische Staatsanleihen.

Im ersten Quartal 2015 kamen noch einmal mehr als 5,4 Milliarden Euro an Anlegergeldern hinzu. Daraus geht allerdings nicht hervor, in welche Produkte genau dieses Geld geflossen ist. Denn für Anleihefonds mit internationaler Ausrichtung sind die Zeiten gar nicht so mager - schließlich sind nicht überall die Zinsen so niedrig wie in der Euro-Zone.

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