Testament:Welche Rechte und Pflichten hat ein Testamentsvollstrecker?

Testament Versteigerung Testamentsvollstrecker Nachlass

Ob es den Erben passt oder nicht: Der Testamentsvollstrecker nimmt den Nachlass in Besitz und kann Teile daraus verkaufen oder versteigern.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wenn mehrere Personen erben, ist Streit um den Nachlass eher die Regel als die Ausnahme. Erblasser versuchen, dies durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers zu umgehen. Aber wann ist es sinnvoll, einen solchen "Schlichter" einzuschalten, und was darf er?

Von Katrin Neubauer

Erben sind manchmal überfordert mit dem Nachlass oder uneinig, was damit passieren soll. Insbesondere bei einer Erbengemeinschaft oder komplizierten Vermögensverhältnissen können viele Fragen auftauchen und noch mehr Konflikte entstehen. Denn viele wichtigen Entscheidungen müssen einstimmig getroffen werden.

Hilfreich kann da die Einsetzung eines Testamentvollstreckers sein, der den Nachlass ordnungsgemäß und im Sinne des Erblassers aufteilt. "Ein Testamentsvollstrecker sorgt dafür, dass die Interessen und Ansprüche von Erben und allen im Testament Bedachten erfüllt und damit oft Streitigkeiten vermieden werden", sagt Arno Wolf, Anwalt für Erbrecht in Dresden.

Ein Testamentsvollstrecker ist so etwas wie der verlängerte Arm des Erblassers. Anstelle der Erben nimmt er den Nachlass für die Zeit der Abwicklung in Besitz und darf über Nachlassgegenstände (§2205 BGB) verfügen. Wie weit seine Befugnisse gehen, richtet sich nach den Anordnungen im Testament. "Der Erblasser sollte die Aufgaben des Testamentsvollstreckers deshalb klar beschreiben", sagt Wolf.

Nicht immer sorgt die Machtfülle des Testamentsvollstreckers für Freude unter den Erben. Daher sollte sorgfältig überlegt werden, wen man mit dieser Aufgabe betraut. "Im Idealfall kennt der Erblasser die Person und weiß, dass sie von den Erben respektiert wird", sagt Wolf. Sie sollte neutral sein, deutlich jünger als der Erblasser und neben fachlichen Kenntnissen eine gute Mischung aus Durchsetzungs- und Mediationsfähigkeiten mitbringen.

Ungünstig ist es, einen Miterben für dieses Amt zu bestimmen. "Erfahrungsgemäß führt das in den meisten Fällen zu Spannungen und Streitigkeiten", sagt Wolf. Wer keine geeignete Person kennt, kann im Testament auch das Nachlassgericht beauftragen, einen Testamentsvollstrecker zu bestimmen.

Zwei Arten der Testamentsvollstreckung

In der Regel gibt es zwei Arten der Testamentsvollstreckung. Am häufigsten ist die so genannte Auseinandersetzungsvollstreckung bei einer Erbengemeinschaft. Hierbei kümmert sich der Testamentsvollstrecker lediglich um die Aufteilung des Nachlasses an Erben und Vermächtnisnehmer sowie um die Erfüllung von Auflagen. Mit dem Ende der Auseinandersetzung und der Begleichung der Erbschaftssteuer ist seine Tätigkeit beendet.

Eine zweite Möglichkeit besteht darin, eine so genannte Dauertestamentsvollstreckung im Testament anzuordnen. "Dabei wird der Testamentsvollstrecker mit der Verwaltung des Nachlasses, zum Beispiel von Grundstücken oder einer Firma, beauftragt", erläutert der Anwalt. "Ist ein Minderjähriger Erbe, hat die Testamentsvollstreckung den Vorteil, dass bei Verfügungen über Nachlassbestandteile gegebenenfalls keine Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes eingeholt werden muss."

Keine Kontrolle durch das Nachlassgericht

Für die Ansprüche von Pflichtteilsberechtigten, die sich aus der gesetzlichen Erbfolge ergeben, ist ein Testamentsvollstrecker nicht zuständig (§ 2213 Absatz 1 Satz 3 BGB). "Pflichtteilsberechtigte müssen ihre Ansprüche gegen die Erben geltend machen. Steht die Höhe des Pflichtteiles fest, wird der Testamentsvollstrecker diesen prüfen und mit Zustimmung der Erben bei ausreichender Liquidität aus dem Nachlass auszahlen", erläutert der Anwalt.

Der Testamentsvollstrecker trifft alle erforderlichen Entscheidungen selbstständig. Die Erben dürfen ihm keine Weisungen erteilen und er muss sie vor seinen Maßnahmen nicht unbedingt um Zustimmung fragen. "Allerdings tut er gut daran, mit Fingerspitzengefühl vorzugehen und den Erben nicht das Gefühl zu geben, vor verschlossener Tür zu stehen", sagt Wolf.

Der Testamentsvollstrecker unterliegt nicht der Kontrolle durch das Nachlassgericht. Soweit es erforderlich ist, kann er auch Verbindlichkeiten für den Nachlass eingehen, zum Beispiel einen Kredit aufnehmen. "Lediglich höchstpersönliche Rechte der Erben,wie die Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft oder Anfechtung eines Testaments darf der Testamentsvollstrecker nicht wahrnehmen", sagt Wolf.

Mithilfe eines Testamentsvollstreckers kann der Erblasser außerdem 30 Jahre lang die Erbteilung ganz oder teilweise verhindern. In solchen Fällen kommt der Erbe nicht an den Nachlass heran. "Mitunter ist er dann gut beraten, die Erbschaft auszuschlagen und stattdessen seinen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen", sagt Wolf. Andererseits kann durch einen Testamentsvollstrecker auch verhindert werden, dass Gläubiger verschuldeter Erben auf den Nachlass zugreifen können.

Was der Testamentsvollstrecker beachten muss

Trotz der weitreichenden Befugnisse darf ein Testamentsvollstrecker nicht schalten und walten, wie er will. Er ist zur ordnungsgemäßen Abwicklung und Verwaltung des Nachlasses per Gesetz verpflichtet. Dazu gehört zuerst, unverzüglich ein Nachlassverzeichnis zu erstellen, in dem die Nachlassgegenstände und Nachlassverbindlichkeiten aufgelistet sind. Außerdem muss er den Erben regelmäßig Auskunft über den Stand seiner Arbeit geben. Bei einer Dauervollstreckung können die Erben eine jährliche Rechnungslegung verlangen. Zu seinen Pflichten zählt auch die Abgabe der Erbschaftssteurerklärung für die Erben.

Der Testamentsvollstrecker ist zudem persönlich haftbar für Schäden, die er den Erben durch eine fehlerhafte Abwicklung verursacht, zum Beispiel der Veräußerung einer Immobilie weit unter Verkehrswert. Er darf auch nichts aus dem Nachlass verschenken, es sei denn, Sitte und Anstand gebieten ihm das. Ein solcher Fall wäre, wenn ein Mitglied der Familie bedürftig wäre.

Was die Testamentsvollstreckung kostet

Auch wenn es die Erben eilig haben, an ihren Teil des Nachlasses zu kommen, rechtliche Druckmittel gibt es nicht. "Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, den Nachlass in einem 'angemessenen Zeitraum' abzuwickeln", sagt Wolf. Ewig darf er sich aber nicht Zeit lassen. "Hat er nach zwei Jahren ein Grundstück nicht verkauft, kommt er in Erklärungsnot."

Entsteht den Erben Schaden durch eine fehlerhafte Abwicklung, können sie beim Nachlassgericht die Entlassung des Testamentsvollstreckers beantragen und Schadenersatz von ihm verlangen. Schadenersatzansprüche verjähren nach drei Jahren.

Tabellen regeln die Vergütung

Die Vergütung eines Testamentsvollstreckers bestimmt ebenfalls der Erblasser im Testament. Steht da nur "angemessene Vergütung", richtet sich das Honorar zum Beispiel nach der Rheinischen Tabelle, was ein bis drei Prozent netto vom sogenannten Reinnachlass entspricht. Weitere Tabellen, die die Vergütung des Testamentsvollstreckers regeln, sind die Neue Rheinische Tabelle und die Möhring'sche Tabelle. Bezahlt wird die Vergütung aus dem Nachlass. Ist die Abwicklung besonders schwierig, zum Beispiel bei Auslandsvermögen, verstreuten Schulden oder Rechtsstreitigkeiten, können Zuschläge für besonders aufwendige Aufgaben dazukommen.

Der Testamentsvollstrecker hat keinen Anspruch auf eine Vorschusszahlung. Ausnahme ist eine Dauervollstreckung, für die er in gewissen Abständen eine Vergütung verlangen kann. Die Kosten eines Testamentsvollstreckers sind steuerlich absetzbar, wenn es sich nur um eine Abwicklung handelt. Eine Verwaltung des Erbes ist nicht abzugsfähig.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: