Teilverstaatlichung der Commerzbank:Risiko für den Steuerzahler

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Der Staat als Banker: Nach den USA und Großbritannien wird nun auch die Bundesregierung Eigentümer eines Geldhauses. Sie übernimmt 25 Prozent von der Commerzbank - mit einigen Gefahren.

Alexander Hagelüken

Der Einstieg der Bundesregierung bei der Commerzbank bedeutet ein neues Kapitel in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Vor einem Jahr hätte niemand vermutet, dass der Staat einmal Miteigentümer der zweitgrößten Privatbank im Lande werden könnte. Nach der Eskalation der Finanzkrise, die seit Herbst Schockwellen um den Globus jagt und die Furcht vor einem Kollaps des internationalen Bankensystem auslöste, ist alles anders. Der Bund verfügt nun mit 25 Prozent plus einer Aktie über einen Anteil, mit dem er Entscheidungen bei der Commerzbank blockieren kann.

Der Staat übernimmt 25 Prozent plus eine Aktie von der Commerzbank. (Foto: Foto: dpa)

Die Deutschen beschreiten damit einen Weg, den andere vorgegangen sind. Die US-Regierung übernahm den weltweit größten Versicherer AIG und die Immobilienfinanzierer Fannie und Freddie, um ihre Pleite zu verhindern. Die irische Regierung verstaatlichte führende Banken des Landes. Und der britische Premierminister Gordon Brown ist im Tausch gegen Kapitalspritzen von fast 40 Milliarden Euro inzwischen Miteigentümer dreier Großbanken. An der Royal Bank of Scotland (RBS) hält er knapp 60 Prozent. "Es ist merkwürdig, plötzlich für den Staat zu arbeiten, Beamter wollte ich nie werden", maulte kürzlich ein Wertpapierhändler der RBS.

Die sonst so marktliberalen angelsächsischen Länder, deren Turbokapitalismus die Finanzkrise maßgeblich ausgelöst hatte, drängen auf solche Modelle. Kapitalspritzen für marode Banken gibt es oft nur gegen staatliche Kontrolle. Als Vorbild dient Schweden, wo sich die Regierung in einer Finanzkrise der Neunziger Jahre an mehreren Banken beteiligte - und sein Eigentum nach den meisten Schilderungen später sogar mit einem kleinen Gewinn verkaufte.

Zunächst als Übergangslösung gedacht

Die Bundesregierung schlug dagegen mit ihrem Rettungspaket für die Banken einen anderen Weg ein als Schweden und Angelsachsen. Dem Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate gewährte sie Bürgschaften und frisches Kapital, ohne Miteigentümer zu werden. Und in die Commerzbank pumpte sie zunächst acht Milliarden Euro in Form einer stillen Einlage, die eine Verzinsung, aber ebenfalls keine Kontrollrechte gewährt. Manche Ökonomen wie der Berliner Wirtschaftsprofessor Hendrik Enderlein kritisierten dies: Der Staat stelle Steuergelder in Milliardenhöhe zur Verfügung, erwerbe aber zu wenig Einfluss. "Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass mit meinem Geld kein Schindluder getrieben wird. Das kann sie nur als Anteilseigner, klagte Enderlein. Finanzminister Peer Steinbrück widersprach. Er sah die Bankenhilfen des Rettungspakets aus dem Oktober von insgesamt 500 Milliarden Euro lange Zeit als reine Übergangslösung. In Deutschland gebe es keinen Bedarf an staatlichen Übernahmen, weil die deutsche Banken weniger von der Finanzkrise betroffen seien als Institute in anderen Ländern.

Wie der jetzige Einstieg der Bundesregierung zeigt, ist das anders geworden. Die Commerzbank hat wie andere Geldhäuser desaströse Schlussmonate 2008 erlebt. Was den Fall besonders pikant macht: Die Bundesregierung hilft mit der zusätzlichen Finanzspritze von zehn Milliarden Euro, mit der sie nun Miteigentümer wird, nicht einfach einem Institut in Kapitalnot. Die Regierung finanziert eine Fusion - mit Steuergeldern.

Der größte deutsche Versicherungskonzern Allianz will mit dem Verkauf seiner Banktochter Dresdner ein verunglücktes Abenteuer beenden. Die Commerzbank möchte durch den Dresdner-Kauf die nötige Größe erwerben, um angesichts der internationalen Konkurrenz zu überleben. Zwei Getriebene. Und diesen Bund aus der Not rettet nun der Steuerzahler - mit insgesamt mindestens 18 Milliarden Euro als Finanzspritze, während gleichzeitig wochenlang um Konjunkturprogramme in ähnlicher Höhe gegen die Rezession gestritten wird, die Hunderttausende Arbeitsplätze kosten könnte.

Die zweite staatliche Finanzspritze für die Commerzbank zeigt, wie knapp der Kauf der Dresdner Bank von Anfang an kalkuliert war. Das Risiko eines gigantischen Fehlschlags bürdet Commerzbank-Chef Martin Blessing nun dem Steuerzahler mit auf. Ob der Staat dabei wie in Schweden als Gewinner hervorgeht, ist die Frage. Die Steuerzahler dürfen sich außerdem darauf einstellen, dass nach der Commerzbank weitere Teilverstaatlichungen folgen werden. Für die maroden Landesbanken finanziert er ohnehin bereits Kapitalspritzen in Milliardenhöhe.

© SZ vom 09.01.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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