Techniker Krankenkasse:Erste-Klasse-Tarif? Gestrichen!

Lesezeit: 2 min

Etwa 7000 gesetzlich Versicherte der Techniker Krankenkasse werden gegen Aufpreis wie Privatpatienten behandelt. Doch das ist nun vorbei. Wie Kunden auf den Rausschmiss reagieren können.

Uwe Schmidt-Kasparek

Aus für die Erste-Klasse-Behandlung von der Kasse: Die Techniker Krankenkasse (TK) stellt ihren ambulanten Wahltarif "TK Privat" zum Ende des Jahres ein - er ist der Kasse viel zu teuer gekommen. Betroffen sind rund 7000 Kunden. Andere Wahltarife sollen derzeit noch nicht bedroht sein. "Wir haben keine Probleme", heißt es etwa bei der AOK-Rheinland-Hamburg, die Tarife für eine Ein- oder Zweibettzimmer-Unterbringung im Krankenhaus oder für Zahnersatz anbieten. Auch bei den Betriebskrankenkassen gibt es laut Bundesverband noch keinen Hinweis, dass Wahltarife gestrichen werden.

Die Techniker Krankenkasse streicht ihr Programm zusammen - rund 7000 Kunden haben das Nachsehen. (Foto: ddp)

Mit dem Slogan "Bei der TK versichert, wie ein Privatpatient behandelt", war die Hamburger Krankenkasse Ende September 2007 mit ihrem neuen Tarif gestartet. Wer als Versicherter einstieg und eine Zusatzprämie zahlte, konnte beim Arzt fast als vollwertiger Privatpatient auftreten. "Wir leisten bis zum 3,5-fachen des einfachen Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte", freute sich TK-Vorstand Norbert Klusen damals. Gelockt hat viele Kunden, dass sie als Quasi-Privatpatienten beim Haus- oder Facharzt meist schneller einen Termin erhalten und in der Praxis meist weniger Wartezeit haben.

"Bei meiner Augenärztin hat der Tarif voll gewirkt", bestätigt TK-Mitglied Franz-Josef Runte aus Oelde. Daher ist der Diplom-Ingenieur nun richtig sauer. Denn seine Kasse hat ihm mittlerweile mitgeteilt, dass er im nächsten Jahr wieder "Normalpatient" beim Arzt sein wird. Dabei hat Runte den Luxustarif, für den er und seine Frau in den letzten Jahren rund 3000 Euro zusätzlich bezahlt haben, kaum genutzt. Andere Patienten waren deutlich aktiver. Die Kosten sollen regelrecht in die Höhe geschnellt sein. Da Wahltarife sich selbst tragen müssen, hätte es gewaltiger Prämienanpassungen bedurft. "Das wollten wir nicht", sagt ein Sprecher der Techniker Krankenkasse.

Verantwortlich für den Untergang des Tarifs ist vor allem ein Konstruktionsfehler, der alle Wahltarife betrifft. "Da anders als in der privaten Krankenversicherung nicht risikogerecht kalkuliert wird, sind die Kassenwahltarife strukturell unterfinanziert", heißt es beim Verband der Privaten Krankenversicherer in Berlin. In kleinen Gruppen funktioniert der Sozialausgleich zwischen Gesunden und Kranken nicht. Daher können wenige Schwerkranke, die regelmäßig zum Arzt müssen, die Kosten aus dem Ruder laufen lassen. Eine Gesundheitsprüfung, nach der Kranke einen Zuschlag zahlen müssen, gibt es bei den Krankenkassen nicht. Das hat die TK nun veranlasst, den Tarif zu schließen.

Laut den Bedingungen ist dies jederzeit möglich. "Wehren kann man sich gegen den Rausschmiss nach Aussage der Krankenkasse wohl nicht", ärgert sich TK-Mitglied Runte. Diese Rechtsauffassung bestätigt auf Anfrage das Bundesgesundheitsministerium. "Wahltarife beruhen auf der jeweiligen Kassensatzung und gehören mit ihren Leistungen nicht zum gesetzlichen Regelkatalog", erläutert ein Sprecher.

Das Prinzip Kostenerstattung

Betroffene TK-Mitglieder, die weiterhin den Status eines Privatpatienten behalten möchten, müssten nun die Kostenerstattung wählen. Das dürfte aber deutlich teurer werden, denn die Kassen ersetzen in der Regel nur rund 40 Prozent der Privatrechnung des Arztes. Bisher haben daher bundesweit weniger als ein Prozent aller Kassenpatienten diesen Tarif gewählt. "Künftig soll die Kostenerstattung aber attraktiver gestaltet werden", heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium. Wie das konkret aussieht, sei aber noch nicht beschlossen.

Wer sich bis dahin vor unüberschaubaren Kosten schützen will, kann zur Kostenerstattung bei seiner gesetzlichen Krankenkasse einen privaten Zusatztarif wählen, der die Restkosten trägt. Ein 33-jähriger Mann zahlt pro Jahr rund 1500 Euro, wie der Marktbeobachter kvpro.de aus Freiburg errechnet hat. Dieser Preis gilt aber nur für Gesunde. Denn der Einstieg in einen privaten Krankenversicherungstarif setzt immer eine Gesundheitsprüfung voraus. Dafür gibt es aber einen Vorteil: "Bei privaten Zusatzkrankenversicherungen sind die Kunden in aller Regel unkündbar, wenn sie ihre Prämie regelmäßig zahlen und bei Antragsstellung richtig Auskunft zum Gesundheitszustand gegeben haben", sagt Gerd Güssler, Geschäftsführer von kvpro.de.

© SZ vom 12.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: