Studie:Mieter in der Mehrheit

Eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt: Trotz niedriger Zinsen stagniert die Zahl der Eigentümer.

Von Andreas Remien

Die Voraussetzungen, eine eigene Wohnung oder ein Haus zu kaufen, sind derzeit nicht schlecht. Zwar haben in vielen Städten die Preise neue Rekordhöhen erreicht, dafür aber sind die Zinsen so niedrig wie nie zuvor. Obwohl die Finanzierung günstig ist, stagniert der Anteil der Wohnungseigentümer. Zwischen 2011 und 2014 hat sich die Eigentumsquote in Deutschland kaum erhöht. Dies zeigt eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Die Experten des IW haben die Daten des "Sozio-oekonomischen Panels" ausgewertet. Demnach stagnierte die Wohneigentumsquote zwischen 2010 und 2014 bei circa 45 Prozent. "Das ist überraschend", sagt IW-Ökonom Michael Voigtländer. Schließlich hätten sich die Zinsen für Hypothekendarlehen seit 2010 mehr als halbiert. Außerdem sei die Immobilie als Altersvorsorge wichtiger geworden. Klassische Formen wie Lebensversicherungen haben wegen der extrem niedrigen Zinsen schließlich massiv an Attraktivität verloren. Immobilien seien eine gute Möglichkeit, vor Altersarmut zu schützen, betont das IW.

Günstige Zinsen und ein höherer Bedarf, mit einer eigenen Immobilie für das Alter vorzusorgen - und trotzdem gibt es nicht mehr Eigentümer? Das stimmt nicht ganz, wie die Analyse zeigt. Denn in einigen Gruppen ist der Anteil der Eigentümer sehr wohl gestiegen. Vereinfacht gesagt: Je älter und je reicher, desto höher ist der Anstieg der Eigentumsquote. So ist zum Beispiel der Anteil der Immobilieneigentümer in der Gruppe der 65- bis 74-Jährigen um 2,4 Prozentpunkte auf 58,3 Prozent gestiegen. Und teilt man die Käufer in fünf Einkommengruppen auf, zeigt sich, dass in der Gruppe mit dem höchsten Einkommen die Eigentumsquote von 65,9 auf 69,1 Prozent gestiegen ist. In den anderen Gruppen gab es dagegen kaum Veränderungen. Die Eigentumsquote in der untersten Einkommensgruppe liegt nur bei 17,4 Prozent.

Dass sich so wenige Haushalte mit geringeren Einkommen eine Immobilie leisten, liegt nicht unbedingt daran, dass sie die Kredite nicht bedienen könnten. "Die Ursache für die Stagnation der Wohneigentumsquote ist vor allem das fehlende Eigenkapital", sagt Voigtländer. Nur 20 Prozent der Mieterhaushalte hätten ein Finanzvermögen von mindestens 50 000. "Banken verlangen aber typischerweise etwa 20 Prozent Eigenkapital", sagt Voigtländer. Rechnet man noch circa zehn Prozent Nebenkosten hinzu, brauchen Käufer einer 300 000 Euro teuren Wohnung etwa 90 000 Euro Eigenkapital - für viele Haushalte zu viel.

Das IW Köln schlägt daher vor, gezielt Haushalte mit niedrigeren Einkommen zu unterstützen. Eine mögliche Maßnahme: Eine niedrigere oder sogar überhaupt keine Grunderwerbsteuer für Geringverdiener. Der Staat könne Käufern darüber hinaus selbst Kredite als Eigenkapitalersatz oder Garantien für Banken zur Verfügung stellen. Allerdings: Gerade die Überschuldung von Haushalten mit niedrigeren Einkommen war eine der Hauptursachen für den Ausbruch der Banken- und Finanzkrise in den USA. Neben der Förderung sollten daher Anreize für eine schnelle Tilgung gesetzt werden, schlägt das IW vor. Nötig wären außerdem Kredite mit einer langen Zinsbindung.

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