Studie:Ein Schloss? Wie unpraktisch

Schloss Neuschwanstein, 2011

Schräger Blick auf Neuschwanstein: Von Schlössern und Luxusvillen träumen die wenigsten hierzulande.

(Foto: Johannes Simon)

Der Baufinanzierer Interhyp ermittelte, wie sich die Bürger in Deutschland ihre Traumimmobilie vorstellen. Ergebnis: anders, als gedacht.

Von Sebastian Hepp

Was bewegt die Menschen rund um ihr Zuhause? Wie wohnen sie, und welche Wünsche, Ängste, Erfahrungen und Erwartungen haben sie in Bezug auf Wohn- und Mieteigentum? Diesen Fragen geht die Interhyp, einer der führenden Anbieter für private Baufinanzierungen in Deutschland, seit 2011 in ihrer Wohntraumstudie nach. Die Besonderheit in diesem Jahr: In 20 qualitativ-psychologischen Tiefeninterviews, die die Interhyp zusammen mit dem Rheingold Institut durchführ te, sollten die Teilnehmer von ihren Wohnträumen berichten - Geld und sonstige Hindernisse sollten bei den Überlegungen also keine Rolle spielen.

Wer nun glaubt, die Deutschen schwelgen in Luxusfantasien, der irrt. Obwohl den Befragten das Zuhause wichtig sei und sie gern darüber sprächen, blieben sie mit ihren Wohnträumen "bodenständig, maßvoll, realistisch und pragmatisch", so das Ergebnis der Studie.

Immerhin träumt ein Großteil der Befragten von Freiheit und Freiraum: Offene, weite und helle Immobilien mit einem freien Blick stehen demnach hoch im Kurs. Auch die Sehnsucht nach Natur hätten etliche Teilnehmer zu ihren Prioritäten gezählt. "Einige wenige ließen sich zu luxuriösen Fantasien hinreißen und träumten von Immobilien in exklusiven Lagen, mit viel Platz und edlen Materialien", heißt es in der Interhyp-Broschüre zur diesjährigen Studie.

Dass viele Menschen in Deutschland jedoch eine Scheu vor dem Träumen haben, hat laut Interhyp auch die anschließende quantitative Befragung von 2100 Personen (sie erfolgte online) gezeigt, in die die wichtigsten Erkenntnisse der Interviews eingeflossen waren. Extravagant, luxuriös oder außergewöhnlich wollten es nur wenige in ihren eigenen vier Wänden haben. Von einem Penthouse (15 Prozent), einer Villa (10 Prozent) oder gar einem Schloss (10 Prozent) träumten die wenigsten.

Warum das so ist, hätten 66 Prozent der Befragten damit begründet, dass die Art zu wohnen auch zum eigenen Leben passen müsse. "Träumen ist schön und gut, aber man muss auch sehen, was realisierbar ist", so der Tenor von 59 Prozent der Antworten zu diesem Punkt. Diese nüchterne, pragmatische Sichtweise resultiere in vielen Fällen nicht zuletzt daraus, dass die Wohnträume die finanziellen Ressourcen der Befragten übersteigen würden. Sie würden die Menschen auch von ihrem gewohnten Leben abkoppeln.

Immer noch hoch im Kurs: das frei stehende Einfamilienhaus in Stadtnähe

Doch auch wenn die Deutschen genügsam sind, muss ihre Traumimmobilie nach den Erkenntnissen der Interhyp eine Menge bieten: Sie soll gut gelegen und behaglich sein, der Weg zur Arbeit sollte nicht zu weit sein, 53 Prozent wünschen sich Freunde und Familie in der Nähe (2016 waren es nur 36 Prozent). Der Wohntraum sollte zudem gut ausgestattet und ausreichend groß sein. Darüber hinaus gehören Freizeitmöglichkeiten, Parks und Zugang zur Natur ebenfalls zum idealen Ambiente des Zuhauses.

Verwirklichen lässt sich all das nach der Vorstellung von 60 Prozent der Befragten am besten in einem frei stehenden Einfamilienhaus im Umland einer kleinen oder größeren Stadt. In diesem Einfamilienhaus hätten die Deutschen der Studie zufolge gern eine moderne Einbauküche (78 Prozent), ein Gäste-WC und einen Garten (beides 73 Prozent), eine Garage (72 Prozent), eine Terrasse oder einen Balkon (67 Prozent), einen Hauswirtschaftsraum (62 Prozent) und idealerweise eine Fußbodenheizung (57 Prozent).

"Es zeigt sich wieder, wie praktisch die Deutschen auch beim Träumen veranlagt sind", erklärte Mirjam Mohr, Vorstandsmitglied der Interhyp AG, bei der Präsentation der Studienergebnisse in München. So wünschten sich nur wenige Deutsche Luxusausstattungen wie eine Sauna, einen Pool oder einen Whirlpool. Vor die Wahl gesellt, zu kaufen oder zu mieten, würden sich 76 Prozent der Befragten für ein eigenes Zuhause entscheiden. 90 Prozent erhofften sich dadurch mehr Gestaltungsspielraum, zudem seien sie so unabhängiger von einem Vermieter und seinen Vorstellungen, sparten sich die Miete und seien im Alter abgesichert. Von denen, die bereits gekauft haben, sind laut der Studie 92 Prozent mit ihrer Entscheidung zufrieden. Bei den Mietern seien es "nur" 73 Prozent. Viele von ihnen scheuten vor einem Kauf wegen einer möglicherweise zu hohen finanziellen Belastung durch den Kredit zurück und fürchteten, "kein passendes bezahlbares Objekt zu finden", berichtet Mohr.

Die momentane Wohnsituation der Deutschen sieht der Studie zufolge so aus: 63 Prozent der Befragten leben in einem Mehrfamilienhaus mit durchschnittlich 106 Quadratmetern und vier Zimmern. 60 Prozent wohnen in einer Stadt, 25 Prozent auf dem Land, 15 Prozent im Umland einer Stadt.

Die Studie hat auch regionale Schwerpunkte berücksichtigt: Die freiheitsliebenden Berliner und die Frankfurter finden Urlaubsreisen wichtiger als die eigene Immobilie, bei den Münchnern ist das anders - sie legen "besonders viel Wert auf ein behagliches Zuhause".

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