Strompreise steigen:Grünes Gewissen, teuer bezahlt

Milliarden für erneuerbare Energien: Die Förderung von Ökostrom lässt die Preise für alle steigen - wegen der Umlage.

Markus Balser

Mit so viel Bauwut auf Deutschlands Dächern hatte die Politik nicht gerechnet. Allein im Juni seien 50.000 neue Anmeldungen für Solaranlagen bei der Bundesnetzagentur eingegangen, staunt Behördenchef Matthias Kurth. So viele waren es noch nie in einem Monat.

Die Milliardenförderung von Solar- und Windanlagen wird durch Beiträge von allen Stromkunden finanziert - der Boom der erneuerbaren Energien wird für die Verbraucher teuer.

Die Milliardenförderung von Solar- und Windanlagen wird durch Beiträge von allen Stromkunden finanziert - der Boom der erneuerbaren Energien wird für die Verbraucher teuer.

(Foto: dpa)

Auf den Dächern zwischen Berlin und Freiburg wird derzeit um die Wette geschraubt. Bis Ende August hatten die Deutschen Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von 4,9 Gigawatt installiert, die Leistung von bis zu fünf Großkraftwerken. Ende Dezember werden es sieben Gigawatt sein, 75 Prozent mehr als im Vorjahr.

Was Umweltschützer freut, wird für Stromkunden in Deutschland immer mehr zur Belastung. Denn die Rechnung für den Ausbau der erneuerbaren Energien zahlt die Gemeinschaft aller Stromkunden über die sogenannte EEG-Umlage. Diese Milliardenförderung für erneuerbare Energien soll den Betreibern von Ökostrom-Anlagen ihre höheren Kosten vergüten und so den Ausbau von Solar- und Windanlagen fördern. Seit Wochen schon warten Verbraucherschützer gespannt auf die neuesten Zahlen.

An diesem Freitag wird veröffentlicht, wie hoch die Umlage im kommenden Jahr ausfallen soll. Experten rechnen mit einem Paukenschlag. Denn mit dem beispiellosen Wachstum grüner Energieträger dürfte auch die Umlage rasant wachsen. Nach Meinung von Experten dürfte sie von derzeit zwei Cent auf 3,3 bis 3,5 Cent pro Kilowattstunde steigen.

Damit kommen auf Haushalte und Betriebe erhebliche Mehrbelastungen zu. Ein durchschnittlicher Drei-Personen-Haushalt, der rund 3500 Kilowattstunden Strom pro Monat verbraucht, zahlt bisher über die Stromrechnung rund sieben Euro pro Monat für die Förderung erneuerbarer Energien. Der Betrag könnte ab 2011 damit auf bis zu zwölf Euro pro Monat steigen.

Verbraucher zahlen drauf

Seit dem Jahr 2000 wird Strom aus Wind, Wasser und Sonne über das Erneuerbare-Energien-Gesetz staatlich gefördert. Für jede Kilowattstunde, die ins deutsche Netz eingespeist wird, erhält der Produzent eine festgelegte Vergütung, weil die Erzeugung von Ökostrom bislang höhere Produktionskosten verursacht als Strom aus fossilen Energieträgern.

Ziel ist der Ausbau und die Förderung des technischen Fortschritts grüner Technologien. Während Strom aus neuen Solar-Dachanlagen mit 33 Cent vergütet wird, sind es bei Windmühlen auf hoher See 15 Cent. An der Strombörse in Leipzig kostet die Kilowattstunde Strom derzeit fünf Cent. Die Differenz müssen die Verbraucher über die EEG-Umlage zahlen.

Größter Kostentreiber ist wegen des beispiellosen Baubooms die Photovoltaik. Laut Holger Krawinkel, dem Energieexperten des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) in Berlin, dürfte für die Förderung der Solarenergie ab 2011 die Hälfte aller Fördermittel fließen. Dabei stehe der Solarstrom in Deutschland nur für ein Sechstel der erneuerbaren Energien in Deutschland. Der Verband geht davon aus, dass allein die in diesem Jahr installierten Anlagen in den kommenden 20 Jahren für die Stromverbraucher Mehrkosten von 26 Milliarden Euro verursachen.

Die Ökostrombranche kritisiert solche Berechnungen. Sie würden den erheblichen Nutzen außen vor lassen. So senke das wachsende Ökostromangebot den Börsenstrompreis teilweise erheblich und trage dazu bei, dass Umweltschäden in Milliardenhöhe vermieden würden, so der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE).

In der Branche seien zudem bereits 300.000 Arbeitsplätze entstanden. Auch Grüne und SPD sehen den Grund für steigende Strompreise im nach wie vor unzureichendem Wettbewerb auf dem Strommarkt. Die führende Rolle der vier großen Versorger Eon, RWE, EnBW und Vattenfall würde durch die Laufzeitverlängerung noch gestärkt.

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