"Rente mit 67": Beschäftigungsquoten:"Schön, schöner, geschönt"

Eine Anfrage der Linken an die Regierung legt offen, dass die Beschäftigungsquote von 64-Jährigen in einem sozialversicherungspflichtigen Job überaus niedrig ist. Für das Arbeitsministerium ist das aber nicht so relevant.

Thomas Öchsner, Berlin

Als der Bundestag 2007 die Rente mit 67 beschloss, verpflichtete er zugleich die Bundesregierung, alle vier Jahre einen Bericht zur Anhebung der Regelaltersgrenze vorzulegen. Daraus soll hervorgehen, ob die erhöhte Lebensarbeitszeit gemessen an der Lage der älteren Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt "vertretbar erscheint".

SPD will Rente mit 67 überprüfen

Die Beschäftigungsquoten von 64-Jährigen seien "lausig", sagt die Linke zu den Plänen, das Rentenalter heraufzusetzen. Die Bundesregierung widerspricht.

(Foto: dpa)

Dieser 142 Seiten starke Bericht, den Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Mitte November präsentierte, enthält zwar jede Menge Statistiken, auch über die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach ihrem Einzelalter. Es fehlen aber detaillierte Angaben über die Beschäftigungsquoten für die Gruppe der 63- und 64-Jährigen, die kurz vor Eintritt in den Ruhestand stehen.

Der rentenpolitische Sprecher der Linken, Matthias Birkwald, hakte deshalb nach. Aus der Antwort des Ministeriums und seinen Berechnungen ergibt sich, dass im März 2010 nur 8,3 Prozent der Männer und 3,4 Prozent der Frauen mit 64 Jahren noch einen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitjob hatten.

Etwas besser sieht es bei den 63-Jährigen aus: Hier betrug die Beschäftigungsquote, die den Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an der Gesamtzahl der jeweiligen Altersgruppe in der Bevölkerung angibt, bei den Männern 19,3 und bei den Frauen 7,9 Prozent. Bei Arbeitnehmern mit einem Teilzeitjob sind die Werte noch niedriger.

Schwere Vorwürfe gegen von der Leyen

Birkwald erhebt deshalb gegen von der Leyen schwere Vorwürfe: "Die lausig niedrigen Beschäftigungsquoten für 64-Jährige hätten im Bericht der Bundesarbeitsministerin genannt werden müssen." Von der Leyen hätte einen Bericht nach dem Motto "schön, schöner, geschönt vorgelegt und irrelevante Zahlen als Erfolge bejubelt", sagte er.

Ein Sprecher des Arbeitsministeriums wies diese Vorwürfe zurück: "Wer den Blick auf die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten verengt, blendet aus, dass viele 64-Jährige als Selbständige oder als Beamte tätig sind oder in dem Alter freiwillig nicht mehr arbeiten." Entscheidend für einen vollständigen Start der Rente mit 67 im Jahr 2029 sei ohnehin der Trend am Arbeitsmarkt für Ältere, und der sei eindeutig positiv.

Das Ministerium hatte in seinem Bericht darauf verwiesen, dass die Erwerbsdauer seit Jahren länger werde. So hat sich die Quote der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten zwischen 60 und 64 Jahren in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. 2009 betrug sie 23,4 Prozent. Sie ist damit viel stärker gestiegen als bei den jüngeren Arbeitnehmern.

Keine Automatik für bessere Chancen

Der Sozialbeirat, der jedes Jahr ein Gutachten zur Situation der Rentenversicherung vorlegt, sieht ebenfalls "signifikante Verbesserungen". Es müsse aber noch mehr getan werden, um die Erwerbschancen älterer Arbeitnehmer zu verbessern. Dies gelte vor allem für die Bereiche "Bildung und Weiterbildung, Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation".

Die auf Grund des demografischen Wandels stark wachsende Gruppe der Menschen im Alter von 50 Jahren und darüber müssten die Unternehmen viel stärker als bisher "in Beschäftigung halten". Dies setze jedoch "erhebliche Anstrengungen" voraus: Denn einerseits schieden stark besetzte gut qualifizierte Jahrgänge der heute älteren Arbeitnehmer aus dem Erwerbsleben aus. Andererseits könnten die geburtenschwachen und dazu noch schlechter qualifizierten Jahrgänge "keinen adäquaten Ersatz bieten".

Die Gutachter warnen deshalb: "Es gibt somit keine Automatik, dass sich infolge des demografischen Wandels die Arbeitsmarktchancen der Älteren wesentlich verbessern".

Der Sozialbeirat verweist daneben auch auf die positiven Aspekte der Rente mit 67. Demnach steigern Versicherte, die bis 67 Jahre arbeiten, ihre monatliche Rente. Für den Durchschnittsverdiener erhöht sie sich dadurch nach heutigen Werten um 54,40 Euro in den alten und 48,26 Euro in den neuen Ländern.

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