Süddeutsche Zeitung

Streit um Banker-Bezahlung:Bonus verpflichtet

Investmentbanker, die verdienen wie Bayern-Star Franck Ribéry? Weshalb die Politik die exzessiven Bonus-Zahlungen für Banker nicht zulassen sollte.

Martin Hesse

Franck Ribery kann auf dem Fußballplatz Dinge, die kaum ein anderer beherrscht. Er bringt in Toren und Punkten zählbare Leistung für sein Unternehmen Bayern München und verzückt dessen Kunden, die Fans. Kaum jemand würde klagen, sein Gehalt von mehreren Millionen Euro sei überhöht, zumal er sich dafür sichtlich anstrengt. Dagegen ist um Gehälter und Erfolgszahlungen an Investmentbanker, die gemessen am Einkommen in einer Liga mit Ribery spielen, eine emotionale Diskussion entbrannt.

Zugegeben, der Vergleich hinkt. Schließlich geht es in der Bonus-Diskussion um Banken, die mehr als eine Billion Dollar abschreiben mussten, die Weltwirtschaft an den Rand einer Depression geführt und Steuerzahlern enorme Lasten aufgebürdet haben.

Unternehmer in eigener Sache

So ringt die staatlich gestützte Commerzbank mit sich, ob sie Investmentbankern der übernommenen Dresdner Bank Boni in Höhe von 400 Millionen Euro zahlen soll, die der vorherige Eigentümer Allianz zugesagt hatte. Der Vergleich mit den Spitzenfußballern kann aber helfen, zu verstehen, wie es zu solchen Exzessen kommt. Er zeigt auch, warum die Politik solchen Verwerfungen bei Banken nicht tatenlos zusehen sollte.

Investmentbanker konnten in den vergangenen Jahren phantastische Gehälter aushandeln, weil sie wie Ribery oder Messi über Qualifikationen verfügten, die ihren Arbeitgebern enorme Gewinne verschafften. Nur wenige Fachleute verstehen die komplexen Finanzprodukte, die einen Großteil der Gewinne brachten. Nur wenige sind auch bereit, bis zu 80 Stunden in der Woche zu arbeiten. Deshalb handelten Spitzenbanker wie Unternehmer, deren Geschäftsmodell darin besteht, ihre Expertise der Bank anzubieten, die den höchsten Bonus zahlt.

Solange die Banken Gewinne machten, boten Gehaltsexzesse zwar Stoff für Neiddiskussionen. (Wobei die von den Finanzkünstlern kreierte Kreditschwemme auch Firmen und Verbrauchern mehr Wohlstand bescherte.) Ein Problem waren die Boni jedoch nur für Aktionäre: In keiner anderen Branche zweigen die Mitarbeiter auf Kosten der Eigentümer einen so hohen Anteil vom Gewinn ab wie in der Finanzbranche. Die Eigentümer haben es versäumt, die Auswüchse über die Aufsichtsräte zu stoppen.

Jetzt ist die Situation völlig anders: Es zeigt sich erstens, dass die vermeintlichen Spitzenleistungen vieler Banker ihren Eigentümern wohl kurzfristig, nicht aber dauerhaft Gewinn brachten. Im Gegenteil, viele Banken gerieten in Existenznot. Die Risiken und Verluste sind zweitens so groß, dass in etlichen Fällen nur der Staat sie auffangen kann. Anders als beim Fußballer, der mit schlechten Leistungen schlimmstenfalls seine Karriere gefährdet und die Perspektive seines Vereins schwächt, können Fehlleistungen von Bankern weitreichende Folgen für die Gesellschaft haben.

Wer in guten Zeiten als Unternehmer auftritt und die Vorteile seiner Marktmacht genießt, der sollte sich auch den Grundsatz zu Herzen nehmen, dass Eigentum verpflichtet. Als Mitaktionäre ihrer Bank sind Investmentbanker auch im engeren Sinne Eigentümer. Wer für die Folgen seines Handelns nicht einmal dann durch Bonusverzicht einsteht, wenn die Bank hohe Verluste macht, handelt verantwortungslos.

Commerzbankchef Martin Blessing hat das jetzt in den schlichten Satz gefasst, "Unternehmen die Verluste machen, haben keine Boni zu verteilen". Das lässt hoffen, dass er die Prämien an die Dresdner Investmentbanker ungeachtet juristischer Komplikationen zumindest drastisch stutzt.

Verheerende Folgen

Auch wenn nur eine Minderheit die Verluste direkt zu verantworten hat und längst nicht alle Investmentbanker überhöhte Gehälter beziehen: Gegen die Auszahlung spricht die bedrohliche finanzielle Situation der Bank. Zweitens wäre ein solcher Schritt ein Schlag ins Gesicht der Steuerzahler. Drittens würde Blessing das ohnehin strapazierte Binnenklima der fusionierten Bank weiter schädigen. Er gäbe viertens ein schlimmes Signal an die Absahner unter den Investmentbankern: Seht her, wir können unsere Arbeitgeber weiterhin erpressen.

Was muss geschehen, um Bonusexzesse und ihre Folgen zu verhindern? Zunächst sind die Eigentümer der Banken in der Pflicht. Sie müssen prüfen, ob Vergütungen in angemessenem Verhältnis zu Investitionen und Ausschüttungen stehen. Sie müssen aber auch abwägen, ob die Boni reichen, um gute Mitarbeiter zu halten sowie Leistung und Einsatz angemessen zu honorieren.

Wichtiger als die absolute Höhe der Boni ist ihre Zusammensetzung: Ihre verheerende Wirkung für die Gesamtwirtschaft haben die Erfolgsprämien entfaltet, weil sie dazu verleiteten, zu hohe Risiken einzugehen. Daher wäre es klug, Boni über mehrere Jahre zu strecken, ihre Auszahlung an langfristige Erfolge zu knüpfen und das eingegangene Risiko zu berücksichtigen.

Dort, wo der Staat jetzt Miteigentümer geworden ist, kann er auch auf die Höhe der Boni direkt einwirken. Wegen der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der Banken sollte die Politik aber auch bei rein privaten Kreditinstituten die Vergütungssysteme nicht allein Aufsichtsräten und Vorständen überlassen.

Die gleichen Marktkräfte, die in den vergangenen Jahren immer absurdere Vergütungsmodelle hervorbrachten, werden im nächsten Aufschwung wieder einsetzen. Möglichst viele Staaten sollten sich daher auf gemeinsame Regeln einigen, die eine langfristige und risikobewusste Vergütung gewährleisten. In diesem Rahmen ist ein Wettbewerb um die besten Kräfte wünschenswert.

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SZ vom 14.02.2009/hgn
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