Streit über EFSF-Abstimmung:Regierung ringt um eigene Mehrheit

Schwarz-Gelb will das Gesetz zum Euro-Rettungfonds mit den eigenen Stimmen durch den Bundestag bringen. Doch die neuen Kredite für Schuldenstaaten entzweien die Union. Jetzt versuchen Fraktionsvize Altmaier und Parlamentspräsident Lammert, die Wogen zu glätten. Nicht nur Unruhe in der Koalition gefährdet das Hilfspaket: Griechenland droht, den Schuldenschnitt mit den privaten Gläubigern abzublasen.

Der Druck aus den eigenen Reihen zeigt Wirkung: Weil Unionsabgeordnete ihrer Koalition bei den Änderungen am Euro-Hilfsfonds EFSF die Gefolgschaft verweigern, sind die Parteioberen jetzt offenbar bereit, den Kritikern entgegenzukommen.

Das Gesetz über die Neuregelung der Hilfen für überschuldete Euro-Länder hält der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier (CDU) für überzeugend. Man könne dennoch "vielleicht das Eine oder Andere noch ergänzen", sagte er im ZDF-Morgenmagazin.

Die Bundesregierung will die im Juli mit den anderen Euro-Staaten vereinbarten Neuerungen durchs Parlament bringen - und zwar mit eigener Mehrheit. In den vergangenen Tagen hatten jedoch mehrere Unionsabgeordnete die Neuerungen des EFSF kritisiert. Sie bezweifeln, dass die Milliarden Euro überschuldeten Euro-Staaten wie Griechenland wirklich helfen.

Altmaier sagte, er sei entschlossen, den Euro zu verteidigen. Jede Spekulation darüber, dass die Abstimmung scheitern könne, sei falsch - zumindest aus jetziger Sicht. Die SPD will zwar mit CDU/CSU und FDP stimmen, fordert aber von der Koalition eine eigene Mehrheit. Schwarz-Gelb verfügt über 19 Sitze mehr als die Opposition.

Lammert verweigert sich der "Generalermächtigung"

In den vergangenen Tagen war auch war der Vorwurf laut geworden, dass die Regierung beim EFSF-Gesetz den Bundestag umgehen wolle. Am Donnerstag hatte Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) die Regierung scharf kritisiert. Am Freitag schränkte er ein: Es gehe nicht darum, dass die Abgeordneten über jede Einzelentscheidung abstimmten, sagte er dem Deutschlandfunk. Andererseits könne das Parlament aber auch keine einmalige "Generalermächtigung" aussprechen und sich dann aus allen künftigen Entscheidungen für Euro-Hilfen heraushalten. "Man wird hier einen sinnvollen Mittelweg finden müssen", sagte er. "Ich gehe davon aus, dass der Deutsche Bundestag an jeder neuen Hilfszusage für ein Land wird mitwirken müssen."

Auch die FDP bekräftigte die Forderung nach mehr Mitsprache. "Wir wollen einen strikten Parlamentsvorbehalt", sagte der FDP-Europapolitiker Michael Link der Stuttgarter Zeitung. Ähnlich äußerte sich FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Über die Reform des EFSF soll der Bundestag voraussichtlich Ende September entscheiden.

Einer der Staaten, der am dringendsten auf frisches Geld angewiesen ist, bleibt Griechenland. Jetzt stellt seine Regierung eine Bedingung für die beim Euro-Gipfel im Juli ausgehandelte Beteiligung privater Gläubiger: Sie will den vereinbarten Tausch von kurzfristigen auf langfristige Staatsanleihen nach eigenen Angaben abblasen, falls weniger als 90 Prozent der betroffenen Banken zustimmen. Das schrieb die Regierung in einem Brief an europäische Finanzminister. Bisher sind es laut Bankenverband IIF aber nur 60 bis 70 Prozent.

Der Anleihetausch ist der Kompromiss, der den Bankensektor mit ins Rettungsboot holte: Dabei erhalten die Banken für alte, kurzfristige griechische Staatsanleihen neue mit längeren Laufzeiten, die weniger Zinsen abwerfen. So verzichten die Banken auf einen Teil des Geldes, das sie dem Land über die kurzfristigen Papiere geliehen haben. Bislang hatten Griechenland und der Bankenverband IIF, die gemeinsam die Gespräche koordinieren, eine 90-prozentige Teilnahmequote zwar als Zielmarke genannt, nicht jedoch als Bedingung.

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