Straßenfeste:Zwischen Bürokratie und Bierbänken

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Straßenfeste wie dieses in Höhenkirchen im Landkreis München machen viel Spaß, aber auch jede Menge Arbeit. Bevor Nachbarn zusammen feiern können, heißt es für die Veranstalter gut informieren. (Foto: Claus Schunk)

Der Frühling ist da, und mit ihm die Zeit der kleinen und großen Feiern. Wer bald Nachbarn und Freunde einladen will, sollte jetzt mit den Vorbereitungen beginnen. Auf den Organisator kommt ein hoher Aufwand zu.

Von Tanja Koch

Die Anzahl der Sonnenstunden steigt, die Tage werden länger. In der Luft liegt der Geruch von Steak und Holzkohle. Längst vergessen ist der Streit über die Räumungspflicht und den Schnee auf dem Gehweg. Stattdessen schaffen die Kinder von nebenan dort ein buntes Kreidekunstwerk. Die Lust auf Gesellschaft wächst. Ideale Voraussetzungen, um mal mit der Nachbarschaft zu feiern. Doch wie plant man so etwas, und was muss man alles beachten?

Soll es nur ein kleines Nachbarschaftstreffen werden, braucht es gar nicht so viel - Verpflegung, Sonne, gute Laune. Als Ort reicht der heimische Garten oder auch die größere Garage aus. Komplizierter wird es, wenn viele Menschen mitfeiern sollen und eine ganze Straße belegt werden soll. Zum Beispiel in München. Denn: Für die Sperrung einer öffentlichen Fläche ist die Genehmigung der Stadt erforderlich. Das kostet je nach Größe des Projekts zwischen 20 und 2301 Euro. Hinzu kommen noch 58 Euro pro Stunde für das Aufstellen der Straßenschilder, damit niemand den Platz am Tag X zuparkt. Dass für private Feste der Verkehr nicht auf großen Straßen oder gar auf Tram- oder Buslinien lahmgelegt werden darf, versteht sich wohl von selbst.

Der Ort ist gefunden, alles gut? Es gibt noch viel mehr zu beachten. Die Organisatoren dürfen keine kommerziellen Interessen verfolgen, also weder Eintritt verlangen noch Gewinn erzielen. Auch Produktverkauf und -werbung sind verboten. Andernfalls gilt die Veranstaltung nicht als privates Straßenfest, sondern als Gewerbe. Und dafür braucht man einen Gewerbeschein.

Ja, die Bürokratie. Die Stadt München will ein Antragsformular ausgefüllt haben, und noch einige Dokumente. Der Hauptverantwortliche muss eine Übernahmeerklärung für alle eventuell anfallenden Kosten unterschreiben, etwa für einen Polizeieinsatz oder eine Straßenreinigung. Zusätzlich muss er eine Veranstalterhaftpflichtversicherung nachweisen. Kostenpunkt: Je nach Anbieter zwischen 80 und 150 Euro pro Tag. Auch eine Preisliste, den Programmablauf und einen maßstabsgetreuen Plan des Veranstaltungsbereichs muss der Antragsteller einreichen.

Einfach eine Hüpfburg ausleihen und aufstellen? Das geht nicht immer

Einfach mal spontan feiern geht nicht - die Antragsfrist für die Genehmigung der Stadt beträgt zwei Monate. Das bedeutet, man muss langfristig planen und außerdem prüfen, ob es an dem Wunschtermin Konkurrenzveranstaltungen gibt. Ob alle Nachbarn Zeit haben, kann man mithilfe von Umfrage-Tools wie www.doodle.de klären. Doodle ist ein werbefinanzierter Onlinedienst zur Erstellung von Terminumfragen. Dort kann sich jeder eintragen und für sein Wunschdatum abstimmen.

Der Termin steht und die Stadt hat die Straßensperrung genehmigt? Dann kann man sich endlich in den kreativen Teil der Partyplanung stürzen. Doch die bringt unter Umständen noch mehr Bürokratie und Kosten mit sich. Zum Beispiel benötigt man eine Genehmigung für bestimmte "fliegende Bauten", also für "bauliche Anlagen, die geeignet und bestimmt sind, wiederholt aufgestellt und abgebaut zu werden", wie es laut § 76 Musterbauordnung heißt. Gemeint sind beispielsweise Riesenräder, Karusselle, Achterbahnen oder Hüpfburgen.

Einfach eine Hüpfburg ausleihen und aufstellen geht also nicht immer. Hüpfburgen sind in folgenden zwei Fällen genehmigungspflichtig: wenn sich der "betretbare Bereich" in mehr als fünf Metern Höhe befindet und - bei überdachten Hüpfburgen, die zusammensinken können - wenn der Ausgang der Hüpfburg mehr als drei Meter entfernt liegt.

Bleibt die Frage nach den Kosten. Eine Hüpfburg zu leihen, kostet mindestens 100 Euro. Plus die Kosten für die Genehmigung, die zwischen 40 und 1000 Euro liegen. Zelte und Ähnliches benötigen ab einer Fläche von mehr als 75 Quadratmetern eine Erlaubnis. Veranstaltungsmobiliar wie Pavillons (150 bis 300 Euro) und Biertischgarnituren (etwa 10 Euro) kann man bei entsprechenden Verleihen mieten.

Auch für die musikalische Unterhaltung gibt es Vorschriften. Zwischen 22 und 7 Uhr gilt die gesetzliche Nachtruhe. Soll das Fest tagsüber stattfinden, ist in manchen Kommunen die Mittagsruhe von 12 bis 15 Uhr zu beachten.

Damit man auf dem Straßenfest lizenzierte Musik hören darf, muss man die Veranstaltung bei der Gema anmelden, der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte. Die Gebühr dafür beträgt 81,55 Euro pro 500 Quadratmeter Fläche - jedoch nur, wenn die Teilnahme am Fest gratis ist. Eine offizielle Antragsfrist gibt es nicht. Auf ihrer Website empfiehlt die Gema aber, ausreichend Vorlaufzeit einzuplanen.

Steht auf dem Programm auch Livemusik, muss man die Setlist der Band anfügen. In diesem Fall kommt zur Gema-Gebühr noch eine Bandgage von mindestens 1500 Euro pro Abend hinzu. Ein DJ ist da ab 300 Euro inklusive Technik die günstigere Alternative.

Wer sich ein so kostspieliges Unterhaltungsprogramm nicht leisten kann, der muss das Straßenfest deshalb nicht abblasen. Sicher gibt es in der Nachbarschaft Hobbymusiker, die gerne zum Veranstaltungsprogramm beitragen. Notfalls sorgen auch ein CD-Player und eine selbstgestaltete Playlist für gute Stimmung. Langeweile kommt bei Straßenfesten erfahrungsgemäß ohnehin nicht auf. Falls doch: Partyspiele wie Sackhüpfen, Eierlauf oder Ballontanz kennt jeder und machen nicht nur Kindern Spaß.

Ist das Budget bereits stark ausgereizt, kann man einen Teil der Kosten über den Getränkeverkauf hereinholen. Aber aufgepasst: Sobald der Getränkepreis die Selbstkosten übersteigt, ist eine Ausschankgenehmigung nötig. Die kostet 35 bis 1750 Euro, den Antrag muss man vier Wochen vorher einreichen.

Der Catering-Service - eine wundervolle Sache, aber meistens ziemlich teuer

Spätestens jetzt stellt sich die Frage: Wie viele Flaschen Bier, Cola und Wasser muss man kaufen? Party-Kalkulatoren liefern eine Antwort. Sie finden sich auf den Webseiten vieler Getränkelieferanten und errechnen anhand der Gästeanzahl und der Art der Bedürfnisse und Wünsche (viel oder wenig Durst, Bier, Wein oder alkoholfrei), wie viele Liter benötigt werden. Oft gewähren Getränkehändler ein Rückgaberecht oder bieten den Kauf auf Kommission an. So kann man ein paar Flaschen mehr bestellen und damit verhindern, dass die Getränke ausgehen. Leergut und übrig gebliebene Flaschen holt der Händler wieder ab. Und man bezahlt nur das, was getrunken wurde.

Um den Hunger der Gäste zu stillen, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Catering-Services bieten professionelle Menüs und Häppchen an. Aber das ist meist teuer - man muss mit mindestens 15 Euro pro Person rechnen. Da bietet sich für ein Straßenfest eher das Selbstversorgerprinzip an. Veranstaltet man beispielsweise ein Grillfest, bringt jeder seine eigenen Steaks oder Veggie-Würste mit. Bei einem Mitbringbuffet hingegen wird alles geteilt. Zum Beispiel steuert jeder einen Salat oder belegte Brötchen bei. Aber: Wer Lebensmittel zubereitet oder serviert, haftet für gesundheitliche Folgen von Verunreinigungen. Aufschluss über den sicheren Umgang mit Lebensmitteln gibt ein Leitfaden des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz.

Und nach dem Fest kommt das leidige Aufräumen. Zwar schreibt die Stadt München für Straßenfeste vor, dass die Gäste von Mehrweggeschirr essen müssen. Doch völlig vermeiden lässt sich Müll auf einem Straßenfest nicht. Wer nicht selbst die Reste der Feier entsorgen will, kann beim Abfallwirtschaftsbetrieb München (mit einer Frist von drei Wochen) Veranstaltungsmüll anmelden. Für 17,90 Euro pauschal stellt der AWM bis zu zehn Kleintonnen (80, 120 oder 240 Liter) bereit, die er für jeweils 3,24 bis 7,05 Euro wieder abholt. So bleibt das Nachbarschaftsverhältnis auch nach der Feier und zumindest bis zum nächsten Winter freundschaftlich.

© SZ vom 28.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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