Steuerskandal:Deutschland verschenkt die schwarze Liste

Steuersünder aus der ganzen Welt mit Konten in Liechtenstein müssen fürchten, von ihrer nationalen Steuerbehörde enttarnt zu werden. Denn Deutschland hat angekündigt, die ominöse DVD mit den Tätern an interessierte Länder zu verschenken.

Finnland, Schweden und Norwegen sollen bereits ihr Interesse an der DVD angemeldet haben, schreibt die Financial Times (FT). Die drei nordischen Länder würden damit kostengünstiger an die Daten kommen als die deutschen Behörden. Denn ursprünglich hatte ein Informant das Datenmaterial dem Bundesnachrichtendienst für 4,2 Millionen Euro verkauft.

"Wir werden Anfragen dieser Art erfüllen", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums der FT. Deutschland werde keine Gebühren für die Information verlangen.

Mit der Herausgabe an andere Länder würde der größte Steuerskandal in der deutschen Geschichte auch eine bedeutende internationale Dimension bekommen. Die USA und Großbritannien nutzen bereits Daten für die Jagd auf Steuersünder, die sie vom selben Informenten erhalten haben wie der BND, so die FT weiter. Nach Einschätzung von Dave Hartnett, Chef der britischen Finanzbehörden, könnten die Informationen zu einer Aufdeckung von mehr als 130 Millionen Euro an hinterzogenen Steuern führen.

Nachfrage niederländischer Behörden

Niederländische Behörden sollen in Berlin bereits nachgefragt haben, ob auf der DVD auch holländische Steuerzahler auf der Liste der Bankkunden in Liechtenstein verzeichnet seien. Den Haag bestätigte diesen Kontakt zwar nicht, betonte jedoch die lange vertrauensvolle Zusammenarbeit der beiden Länder.

Dänemarks Regierung stuft die BND-Daten über Konten in Liechtenstein hingegen als "Hehlerware" ein. Steuerminister Kristian Jensen sagte dazu am Dienstag in der Kopenhagener Zeitung Børsen: "Wir haben nicht vor, gestohlene Angaben zu verwenden. Und wir bezahlen nicht für gestohlene Angaben."

Zur Zahlung von fünf Millionen Euro durch den Nachrichtendienst BND für die Unterlagen meinte Jensen, es sei ein "moralisches Problem, einen Verbrecher für Informationen zu entlohnen, die er gestohlen hat".

Jensen erklärte weiter: "Diese Art von gehobener Hehleraktivität sagt mir nicht zu. Das ist ethisch nicht die richtige Methode, um eine korrekte Form der Steuerzahlung sicherzustellen".

"Undänisch"

Vertreter der dänischen Steuerbehörde erklärten, wenn entsprechendes Material im Wege der Amtshilfe ungebeten aus Deutschland nach Kopenhagen komme, werde man zum weiteren Vorgehen Stellung beziehen. Ein Sprecherin sagte im Rundfunk, die Verwendung gestohlener Unterlagen zu Fahndungszwecken betrachte man als "undänisch".

Dass die DVD noch viel Staub in anderen Ländern aufwirbeln kann, geht aus einer Mitteilung der betroffenen liechtensteinischen Bank LGT hervor. Darin hieß es, dass die BND-Daten circa 1400 Kunden enthielten, von denen aber nur 600 in Deutschland sesshaft seien.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: