Steueroasen:Freiwillige Trockenlegung

Der Streit ist beendet: Österreich, Luxemburg und die Schweiz geben ihren Widerstand im Kampf gegen Steuerparadiese auf.

C. Hulverscheidt u. M. Kläsgen

Der immer stärker werdende internationale Druck auf Steueroasen zeigt Wirkung. Die Regierungen Österreichs, Luxemburgs, Belgiens und der Schweiz kündigten am Dienstag bei einem Treffen der OECD-Staaten in Berlin an, sich künftig an die Standards der Industrieländerorganisation zu halten. Alle vier Staaten hatten bisher auf der "grauen Liste" der OECD gestanden. Zudem wurde ein ganzes Bündel an Sanktionsmöglichkeiten vereinbart, mit denen Länder und Firmen, die weiterhin die Zusammenarbeit mit den Finanzbehörden verweigern, bestraft werden können.

Schweiz, dpa

Die Schweiz will in Steuerfragen enger mit Deutschland zusammenarbeiten.

(Foto: Foto: dpa)

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und der französische Haushaltsminister Eric Woerth sprachen von einem großen Fortschritt im Kampf gegen Steuerhinterziehung und -betrug. Steinbrück verwies darauf, dass sich die Zahl der Staaten, die die OECD-Standards akzeptieren, allein in den letzten Wochen auf über 80 verdoppelt habe. Die OECD selbst erklärte, im vergangenen halben Jahr seien mehr Fortschritte erzielt worden als in den 30 Jahren zuvor.

Die vereinbarte Liste möglicher Sanktionen sieht unter anderem vor, Doppelbesteuerungsabkommen mit nicht-kooperativen Ländern zu kündigen, Zahlungen an solche Staaten höher zu besteuern oder nicht mehr als Betriebsausgaben steuerlich anzuerkennen und die Steuerfreiheit für Beteiligungsgewinne auszusetzen. Banken im In- und Ausland können zudem gezwungen werden, den Sinn und Zweck ihrer Geschäfte in Steueroasen offen zu legen. Schließlich soll es nicht mehr möglich sein, Steuerzahlungen im Heimatland durch die Gründung einer Stiftung im Ausland zu umgehen. Das würde unter anderem Liechtenstein treffen, das allerdings an der Konferenz in Berlin nicht teilnahm.

Widerstand von der Union

Der Schweizer Finanzminister Hans-Rudolf Merz begrüßte die Beschlüsse und kündigte zügige Verhandlungen mit Deutschland über ein neues Doppelbesteuerungsabkommen an. Wie groß die Zugeständnisse der Regierung in Bern ausfallen werden, blieb allerdings offen. Merz sagte, man dürfe "nicht zu weit gehen". Steinbrück erklärte dagegen, die Schweiz habe sich bereit erklärt, auch auf bloßen Verdacht hin Informationen über deutsche Kapitalanleger zur Verfügung zu stellen. Bislang sind handfeste Indizien für einen Steuerbetrug erforderlich. In Fällen von möglicher Steuerhinterziehung hilft Bern gar nicht.

Steinbrück sprach Luxemburg, Österreich und der Schweiz für ihr Verhalten ein "großes Kompliment" aus, forderte aber, es nicht bei Ankündigungen zu belassen. Sein französischer Amtskollege Woerth verteidigte zugleich den Sanktionskatalog. Ohne Druck komme man beim Thema Steueroasen nicht voran. Steinbrück räumte zudem ein, dass er nach wie Probleme hat, seine eigenen Gesetzespläne in Deutschland gegen den Widerstand der CDU/CSU durchzusetzen. Der Minister drohte erneut damit, die Unstimmigkeiten notfalls zum Wahlkampfthema zu machen.

Laut OECD wollen die Mitgliedsländer Organisation kleinen Steuerparadiesen, deren Wirtschaft zum großen Teil von den Machenschaften ausländischer Kapitalanleger lebt, sogar finanziell unter die Arme greifen. Das Argument: Die ehrlichen Staaten käme das günstiger zu stehen, als wenn die laxen Bestimmungen in der Steueroase aufrechterhalten würden. Eine Regelung könnte im Rahmen des sogenannten AKP-Abkommens der Europäischen Union (EU) mit den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks gefunden werden. Sich neu etablierende Steuerparadiese will die OECD bei der nächsten Revision auf ihre im Moment leere "schwarze Liste" setzen. Mögliche Kandidaten dafür wären vor allem Botswana, Ghana und Jamaika.

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