Steuern und Abgaben 2019:So viel haben die Bürger mehr im Portemonnaie

Englischer Junge holt gestrandete Kamera auf Hallig ab

Familienwanderung durchs Watt zur Hallig Süderoog in Schleswig-Holstein: Familien bleibt 2019 mehr Geld, zum Beispiel für Reisen.

(Foto: Christian Charisius/PA)

Steuer- und Beitragszahler profitieren im kommenden Jahr von neuen Regelungen. Hier die exklusiv für die SZ berechneten Veränderungen in den einzelnen Einkommensklassen.

Von Cerstin Gammelin

Im kommenden Jahr werden alle Steuerzahler sowie Familien mit minderjährigen Kindern oder Kindern in Ausbildung mehr Geld in der Tasche haben als bisher. Die jährlichen Entlastungen liegen zwischen mehr als 500 Euro für kinderlose Singles und etwas mehr als 1000 Euro bei Familien mit zwei Verdienern und zwei Kindern. Das geht aus Berechnungen hervor, die der Steuerprofessor Frank Hechtner von der TU Kaiserslautern für die Süddeutsche Zeitung erstellt hat.

Hechtner hat dabei sowohl die Veränderungen bei den Sozialabgaben als auch beim Kindergeld und der Einkommensteuer berücksichtigt.

Die ganz große Entlastung bleibt trotz der andauernden Haushaltsüberschüsse in Bund und Ländern und in den meisten Sozialkassen aus. "Die unterschiedlichen Maßnahmen führen zu spürbaren Entlastungen, insbesondere für Familien mit Kindern", sagt Hechtner. Er findet aber, dass die große Koalition hinter den Möglichkeiten zurückbleibt - und nachbessern sollte. "Angesichts der weiterhin guten Haushaltslage bleibt die Diskussion über zusätzliche Entlastungen."

Die Bundesregierung hat auf eine große Steuerreform verzichtet und will erst 2021 beginnen, den Solidaritätszuschlag abzubauen. Sie hat lediglich ein Familienentlastungsgesetz beschlossen, das sie als kleine Steuerreform preist. Tatsächlich werden in diesem Gesetz vor allem Vorgaben umgesetzt, die jede Bundesregierung erfüllen muss. Nur bei den Vergünstigungen für Kinder geht die Koalition über das geforderte Minimum hinaus.

So ist der Gesetzgeber verpflichtet, regelmäßig die Höhe des steuerlich freizustellenden Existenzminimums anzupassen. Außerdem muss die Bundesregierung den Einfluss der Inflation auf die Steuertarife prüfen und diese so ändern, dass Lohnerhöhungen nicht durch das Zusammenspiel von Inflation und steigenden Steuertarifen aufgezehrt werden.

Im kommenden Jahr wird der steuerliche Grundfreibetrag bei 9168 Euro liegen, das sind 168 Euro mehr als im ablaufenden Jahr. Das Existenzminimum für Kinder wird analog zur Erhöhung des Kindergeldes angepasst - und damit stärker als gesetzlich erforderlich. Das geht auf ein Versprechen der großen Koalition zurück und ist im Regierungsprogramm verankert. Der Kinderfreibetrag steigt pro Elternteil um 96 Euro auf dann 2490 Euro pro Kind. Die Erhöhung des Kinderfreibetrages ist so konzipiert, dass sie ökonomisch der vollen Jahreswirkung des ebenfalls erhöhten Kindergeldes entspricht. Das Kindergeld steigt vom 1. Juli 2019 an um jeweils zehn Euro pro Kind und Monat und damit deutlich stärker als im 12. Existenzminimumbericht gefordert.

Die Beiträge zu den Sozialversicherungen ändern sich unterschiedlich. Entlastungen bei der Kranken- und bei der Arbeitslosenversicherung werden teilweise durch die steigenden Beiträge zur Pflegeversicherung aufgehoben.

Die größten Entlastungen werden bei Einkommen erwartet, die nahe, aber noch unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegen. Diese entspricht dem Bruttoeinkommen, bis zu dem Arbeitnehmer Beiträge zur Sozialversicherung zahlen müssen. Übersteigt der Bruttolohn die Beitragsbemessungsgrenze, ist der darüber liegende Teil des Lohnes sozialabgabenfrei. Weil bis zu dieser Grenze die Sozialbeiträge wegen der prozentualen Abhängigkeit vom Lohn steigen, fallen die Entlastungen bei sinkenden Beiträgen vergleichsweise höher aus.

Die Beitragsbemessungsgrenze steigt mit den Löhnen. Dass sie im Westen höher ist als im Osten, liegt daran, dass dort die Löhne noch immer höher sind.

Im Jahr 2019 wird die Beitragsbemessungsgrenze deutlich angehoben, was grundsätzlich zu einer zusätzlichen Belastung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber führt. Dass dennoch mehr Netto vom Brutto bleibt, liegt daran, dass die Beiträge zur Arbeitslosen- und Krankenversicherung sinken, die Steuertarife inflationsbedingt geändert werden und Kinderzuschläge steigen. Dass die Entlastung nicht höher ausfällt, verhindert der steigende Beitrag zur Pflegeversicherung.

Versicherte in den alten Bundesländern müssen 2019 bis zu einem Bruttoeinkommen von 6700 Euro Beiträge an die Renten- und Arbeitslosenversicherung zahlen, im ablaufenden Jahr lag die Grenze bei 6500 Euro. In den neuen Ländern müssen die Versicherten künftig bis 6150 Euro voll in Rente- und Arbeitslosenversicherung zahlen; 2018 war bei 5800 Euro damit Schluss. Der Anstieg fällt besonders groß aus, weil die Löhne stärker gestiegen sind. Damit werden Arbeitnehmer im Osten insgesamt weniger entlastet als im Westen. Vorsorgeaufwendungen zur Rentenversicherung werden vom neuen Jahr an zu 88 Prozent steuerlich berücksichtigt und damit um zwei Prozentpunkte mehr als bisher. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind 2019 bundesweit bei 4537,50 Euro gedeckelt.

Die Rechnungen des Steuerprofessors beziehen sich auf die alten Länder und konfessionslose Arbeitnehmer.

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