Steuern:Die 49-Prozent-Partei

Die SPD will Gutverdiener höher belasten als bisher - unter anderem durch eine deutliche Anhebung des Spitzensteuersatzes. Ein Vergleich mit den Steuerkonzepten der anderen Parteien.

Claus Hulverscheidt

Entscheidend ist, was hinten rauskommt, hat ein großer Rheinland-Pfälzer einmal gesagt. Übertragen auf die Steuerpolitik bedeutet diese Erkenntnis, dass sich die meisten Menschen so lange einen feuchten Kehricht um Stufentarife, Mittelstandsbäuche und die kalte Progression scheren, wie nicht klar ist, wie viel Euro das Steuerkonzept einer Partei am Ende im eigenen Geldbeutel ausmacht. Das Jahr 2011 hat in dieser Frage noch keine echten Erkenntnisse gebracht - obwohl nach der CSU nun auch die oppositionelle SPD mit steuerpolitischen Überlegungen aufwartet.

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Die Sozialdemokraten wollen die Gutverdiener deutlich höher belasten als bisher - unter anderem durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 49 Prozent.

(Foto: ddp)

Was die Sozialdemokraten wollen, ist insofern von Belang, als sie im Bundesrat über Wohl und Wehe jeder Reform mitentscheiden werden. Es lohnt deshalb zunächst ein Blick auf die Gemeinsamkeiten zwischen Union, FDP und SPD. Interessanterweise haben vor allem die SPD und die CSU bei der Frage, wer eigentlich genau entlastet werden soll, exakt die gleiche Gruppe im Visier: Die Sozialdemokraten nennen in ihrem derzeit diskutierten "Fortschrittsprogramm" Familien mit einem Bruttoeinkommen zwischen 800 und 3000 Euro, bei den Christsozialen wiederum ist von Eltern mit einem Verdienst zwischen 1250 und knapp 3000 Euro die Rede.

Viel mehr Übereinstimmendes gibt es allerdings nicht, im Gegenteil: Es dominieren die Unterschiede. Das gilt vor allem für die Frage, ob über die Hauptzielgruppe hinaus auch alle übrigen Steuerzahler entlastet werden sollen.

Während sich CSU und FDP eindeutig dafür aussprechen, will die SPD Gutverdiener sogar höher belasten als bisher - unter anderem durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 49 Prozent. Und damit nicht genug: Neben dem Einkommen nimmt die SPD auch das Vermögen der Gutbetuchten ins Visier. Laut "Fortschrittsprogramm" macht das Aufkommen der vermögensbezogenen Steuern in Deutschland gemessen an der gesamtwirtschaftlichen Leistung gerade einmal 0,9 Prozent aus. In den USA liegt die Quote demnach bei 3,1, in Großbritannien gar bei 4,6 Prozent. "Wenn deutsche Vermögen im EU-Durchschnitt besteuert würden, könnte unser Staat Mehreinnahmen von 25 Milliarden Euro jährlich erzielen", heißt es in dem SPD-Papier. In welcher Form Reiche zur Kasse gebeten werden sollen, ist allerdings noch unklar. In der Partei sind neben der Wiedereinführung der Vermögensteuer auch eine Anhebung der Erbschaft-, der Grund- sowie der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge im Gespräch. Alle diese Punkte lehnen die Koalitionsparteien, allen voran die FDP, strikt ab.

Widerstand aus dem Süden der Republik

Mit der von der SPD ebenfalls geplanten Reform des Ehegattensplittings könnten viele Liberale dagegen wohl leben - dafür ist hier Widerstand vor allem der CSU programmiert. Die Sozialdemokraten halten eine schrittweise Umwidmung des Splittingvorteils für dringend erforderlich, weil die bisherige steuerliche Unterstützung der "klassischen Ein-Personen-Versorger-Ehe" aus ihrer Sicht nicht mehr zeitgemäß ist. Stattdessen müsse der Fiskus die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser fördern.

Was das alles für das Portemonnaie der Familie Mustermann mit ihren zwei wohlgeratenen Kindern bedeutet, wird man erst wissen, wenn die SPD im Mai ein detailliertes Konzept vorlegen wird. Da immerhin ist die CSU schon weiter: Sie verspricht Eltern mit 27.500 Euro jährlichem Einkommen eine Entlastung von exakt 78 Euro im Jahr. Wer 65.000 Euro verdient, soll 384 Euro weniger Steuern zahlen müssen. Insgesamt sollen die Bürger um 5,8 Milliarden Euro entlastet werden. Einziges Problem: Kanzlerin Angela Merkel hat das Konzept bereits als nicht finanzierbar abgelehnt.

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