Steuerhinterziehung:Handeln statt hadern

Mitten in Europa endet an der Grenze jede Kooperation: Liechtenstein und die Schweiz helfen Steuerhinterziehern noch immer. Es wird Zeit für Sanktionen.

Hans Leyendecker

Wenn ein Staat aus Eigennutz den Steuerhinterziehern anderer Länder hilft, wenn er die Reichen anlockt, die in ihrer Heimat das Gemeinwohl missachten, dann lebt dieser Staat auf Kosten der anderen. Wenn sich dann noch herausstellt, dass sowohl die Bank, die der Fürstenfamilie gehört, als auch jene, die mehrheitlich im Besitz der Allgemeinheit ist, jahrelang solche Geschäfte gedeckt haben, dann liegt dahinter ein System, ein Staatsplan. Dazu gehört in Liechtenstein, aber auch in der benachbarten Schweiz, die strikte Handhabung des Bankgeheimnisses und der Widerstand gegen jegliche Rechtshilfe bei Steuerhinterziehung. Mitten in Europa endet an der Grenze jede Kooperation.

Steuerhinterziehung: Steuerparadies Liechtenstein - ein herzliches Willkommen für Steuersünder.

Steuerparadies Liechtenstein - ein herzliches Willkommen für Steuersünder.

(Foto: Foto: dpa)

Dieses eigennützige Verhalten wird in beiden Ländern gern philosophisch überhöht: Das Bankgeheimnis genieße nun mal einen hohen Stellenwert, heißt es, eine geradezu viktorianische Diskretion sei deshalb geboten. Das Recht auf Geheimnisse verkörpere das Vertrauen des Staates in die Steuerehrlichkeit seiner Bürger, und natürlich müsse das auch für die Fremden gelten. Zudem befinde sich die einheimische Finanzbranche im Standortwettbewerb. Verlässlichkeit und Berechenbarkeit seien zu schützen, denn sonst müssten die Kunden ja nach Hongkong oder Singapur ausweichen.

Wenn die Beweise fehlen

Diese Argumentation hatte immer schon den Vorteil, dass sie eigentlich niemanden täuschte und nichts verschleierte. Sie kam nur ein bisschen augenzwinkernd daher. Jeder wusste, dass organisierte Beihilfe zur Steuerhinterziehung stattfand. Viel zu lange konnten die Gehilfen ungehindert ihren Geschäften nachgehen. Zwar ging die deutsche Finanzverwaltung bei Kontakten ihrer Steuerpflichtigen nach Vaduz von missbräuchlicher Nutzung dortiger Banken und Stiftungen aus. Meist aber fehlten dafür die Beweise. Jetzt liegen die Methoden der Fürstenbank und der Landesbank zum ersten Mal offen. Die Politik muss daraus Konsequenzen ziehen.

Dass es nicht reicht, den Missstand nur zu beklagen, zeigt gerade der US-Senat. Er hat unlängst die Schweizer Großbank UBS vorgeführt. Ein Vertreter des Geldhauses musste untertänigst versprechen, die Bank werde auf Offshore-Geschäfte mit US-Bürgern verzichten. Aus der Schweiz heraus würden also keine Bank- oder Wertschriftengeschäfte mehr mit in den USA ansässigen Kunden gemacht. Dieser Verzicht kam nicht freiwillig, denn der demokratische Senator Carl Levin drohte, "die Mauer des Bankgeheimnisses zu zerschlagen". Die Schweizer ahnten, dass sie am Ende die Banklizenz in den USA verlieren könnten.

Die Europäische Union hadert stattdessen nur, ebenso die Bundesregierung. In Brüssel und Berlin jammert man darüber, dass die Geldhäuser am Rande der Alpen Steuerflüchtlinge anlocken, aber wirkliche Konsequenzen sind bislang noch nicht gefolgt. Dabei ist es bei fortgesetzter Beihilfe eine durchaus angemessene Sanktion, mit dem Entzug der Banklizenz zu drohen.

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