Steuererklärung:Eine lästige Pflicht greift um sich

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Was viele noch nicht wissen: Künftig müssen auch viele Senioren eine Steuererklärung abgeben. Spätestens nach der Bundestagswahl gilt es vorsichtig zu sein.

M. Völklein

Nur noch wenige Tage bleiben den Steuerzahlern zur Abgabe ihrer Steuererklärung für das Jahr 2008. Weil der eigentliche Termin 31.Mai auf Pfingstsonntag fällt, ist nun der 2.Juni der letzte Stichtag - zumindest für den, der keine professionelle Hilfe in Anspruch nimmt.

Renten sind nicht generell steuerfrei. Daher müssen Rentner künftig genau prüfen, ob sie eine Steuererklärung abgeben müssen. (Foto: Foto: dpa)

Kümmern sich ein Steuerberater oder ein Lohnsteuerhilfeverein um den Papierkram, bleibt Zeit bis Ende des Jahres. Was viele nicht wissen: Auch Rentner sind grundsätzlich zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Denn seit 2005 gelten für sie neue Steuerregeln. Und voraussichtlich nach der Bundestagswahl werden die Finanzämter die Rentner verschärft ins Visier nehmen.

Wieso müssen Rentner aufpassen?

Bei vielen Ruheständlern ist immer noch der Satz zu hören: "Ums Finanzamt kümmere ich mich nicht; Renten sind ja steuerfrei." Doch das stimmt nicht. "Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Renten generell steuerfrei sind", sagt Hans Daumoser vom Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine (BDL).

Vielmehr gilt seit 2005 das Alterseinkünftegesetz, das dazu geführt hat, dass ein größerer Teil der gesetzlichen Rente steuerpflichtig ist als bisher. Und von Januar 2010 an werden die Finanzämter die Steuerpflicht der Rentner genauer prüfen - und zwar rückwirkend bis zum Jahr 2005.

Was ändert sich im nächsten Jahr?

Eigentlich sind alle Stellen, die Geld an Rentner auszahlen, bereits seit 2005 verpflichtet, steuerpflichtige Auszahlungen an die Finanzämter zu melden - dazu zählen zum Beispiel die gesetzlichen Rentenkassen, private Pensionskassen, Versorgungswerke oder Lebensversicherer. Doch bisher gab es technische Probleme; die Übermittlung der Daten an die Finanzämter klappte nicht. Das ändert sich im Herbst - dann sollen die Daten ans Finanzamt fließen. Die Behörde weiß dann genau, an wen welche Rentenleistungen in welcher Höhe geflossen sind. Beobachter sagen, nicht nur technische Probleme hätten dies verzögert; auch die Politik habe Einfluss genommen, um die Rentner vor der Wahl nicht zu beunruhigen. Nach der Wahl fließen die Daten aber, so zumindest die Planungen.

Was macht das Finanzamt mit den Daten?

Experten gehen davon aus, dass die Finanzämter die Meldungen durch ein Raster laufen lassen. Wer nur eine gesetzliche Rente erhält, wird wohl durchs Raster fallen - und keine Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung erhalten. Er muss in der Regel auch keine Steuern zahlen. Knifflig wird es für jene, die Alterseinkünfte aus mehreren Quellen beziehen. Sie wird der Fiskus wohl auffordern, eine Steuererklärung abzugeben.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wieso die neuen Regeln gelten - und was bei zusätzlichen Einkünften gilt.

Wieso gelten die neuen Regeln?

Im Jahr 2005 hat der Gesetzgeber das System umgestellt auf die "nachgelagerte Besteuerung". Das heißt: Geld, das während des Arbeitslebens fürs Alter zurückgelegt wird, ist steuerfrei. Rentenbezüge im Alter sind dagegen zu versteuern. Bei der Umstellung des Systems geht der Gesetzgeber schrittweise vor: Er belastet die Renten zunächst Stück für Stück. Erst im Jahr 2040 wird das System voll umgestellt sein, die Renten unterliegen dann voll der Besteuerung.

Kann man selbst ausrechnen, ob man eine Erklärung abgeben muss?

Ja. Zunächst muss man klären, ob das Einkommen des Rentners über dem Grundfreibetrag von 7664 Euro im Jahr liegt (Ehepaare: 15.329 Euro), erläutert BDL-Experte Daumoser: "Wer weniger erhält, muss keine Steuererklärung abgeben und auch keine Steuern zahlen." Wichtig: Die Renten sind nicht voll steuerpflichtig, sondern nur zu einem gewissen Teil. Die Höhe hängt davon ab, wann man in Rente gegangen ist. Für alle, die im Jahr 2005 oder früher in Rente gingen, beträgt der Besteuerungsanteil 50 Prozent. Bis zum Jahr 2020 wächst er für jeden Rentnerjahrgang, der neu hinzukommt, um jährlich zwei Prozentpunkte, von 2021 bis 2040 schrittweise um einen Prozentpunkt pro Jahr.

Wie rechnet man konkret?

Dazu ein Beispiel: Dieter L. ist seit 2004 in Rente. Im Jahr 2007 erhielt er insgesamt 12.000 Euro aus der gesetzlichen Rentenkasse. 50 Prozent davon sind steuerpflichtig, also 6000 Euro. Damit liegt er unter dem steuerfreien Existenzminimum von 7664 Euro - er muss also nichts versteuern. Und er muss sich auch nicht mit der Steuererklärung plagen.

Was gilt bei zusätzlichen Einkünften?

Viele Rentner erhalten nicht nur die gesetzliche Rente. Sie haben auch Miet- oder Zinseinnahmen. Solche Einkünfte sind grundsätzlich steuerpflichtig. Drücken lassen sich die Einnahmen gegenüber dem Finanzamt aber durch den Altersentlastungsbetrag. Der steht allen zu, die 65 Jahre und älter sind. Um ihn für das Jahr 2008 nutzen zu können, müssen Senioren vor dem 2. Januar 1944 geboren sein. Mit dem Freibetrag lassen sich alle Einkünfte drücken außer Renten und Pensionen. Er beläuft sich auf maximal 40 Prozent, höchstens aber 1900 Euro im Jahr, wird jedoch auch schrittweise seit 2006 zurückgefahren. In der Regel berücksichtigt das Finanzamt den Freibetrag automatisch.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie sich der Freibetrag auswirkt - und ob Strafen drohen, wenn Rentner keine Steuererklärung abgeben.

Wie wirkt sich der Freibetrag aus?

Auch dazu ein Beispiel: Waltraud G. (69) erhielt 2008 eine Rente von 15.600 Euro, zusätzlich brachte ihr eine vermietete Wohnung nach Abzug aller Werbungskosten monatlich 500 Euro ein. Da sie vor 2005 in Rente ging, wird die Rente mit 50 Prozent berücksichtigt, macht 7800 Euro. Davon zieht sie 102 Euro Werbungskostenpauschale ab. Von den 6000 Euro Mieteinkünften kann sie maximal 1900 Euro Altersentlastungsbetrag abziehen. Unterm Strich kommt sie somit auf 11.798 Euro steuerpflichtige Einkünfte und muss eine Steuererklärung abgeben.

Muss jeder, der eine Erklärung abgibt, auch Steuern zahlen?

Nein. "Freibeträge und Steuervergünstigungen sorgen dafür, dass die meisten Rentner keine Steuern zahlen", beruhigt Daumoser. Sie können viele Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen geltend machen und so die Steuerlast drücken. Ausführliche Tipps gibt das Buch "Steuererklärung für Rentner" von der Stiftung Warentest (für 12,90 Euro im Handel oder unter www.test.de).

Drohen Strafen, wenn Rentner keine Steuererklärung abgeben?

Fachleute erwarten, dass die Finanzverwaltung härter durchgreift, sobald sie die Daten der Rentenauszahler hat. Vor allem erhalten die Ämter auch die Daten aus den Jahren 2005 bis einschließlich 2008, sagt Daumoser. Hat ein Rentner eine Steuererklärung in den vergangenen Jahren unterlassen, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre, werden die Beamten voraussichlich prüfen, ob dies aus Unwissenheit oder Vorsatz geschah. Im schlimmsten Fall drohen Strafen wegen Steuerhinterziehung - und Steuernachforderungen. Denn steuerrechtlich verjährt Hinterziehung erst nach zehn Jahren. Das Finanzgericht Münster ging bei einem Rentner, der neben einer Rente hohe Kapitaleinkünfte hatte, von Vorsatz aus. Steuerthemen seien in Presse und Werbung so verbreitet, dass man sich nicht mit Unkenntnis herausreden könne, urteilte das Gericht (Az. 4 V 1521/00).

© SZ vom 19.05.2009/kaf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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