Steuerentlastungen 2010:Mehr Cash für alle

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Der Schuldenstand ist exorbitant hoch - und dennoch verteilt die Politik mutig Geldgeschenke. sueddeutsche.de zeigt, wie stark die Steuerzahler ab Januar entlastet werden - und wer besonders profitiert. Mit Tabellen.

Versprechen können eine schwere Bürde sein. Im Fall der schwarz-gelben Regierung von Angela Merkel sind sie vor allem teuer - und einer muss sich ganz besonders intensiv damit befassen.

Da macht der Blick aufs Konto Freude: Im kommenden Jahr werden Steuerzahler und Unternehmen kräftig entlastet. Allerdings drohen für die folgenden Jahre deutliche Erhöhungen der Sozialversicherungsbeiträge. (Foto: Foto: istock)

Wolfgang Schäuble (CDU), designierter Finanzminister, kann davon ausgehen, dass sich der Schuldenstand bis zum Jahr 2013 auf zwei Billionen Euro erhöht. Bereits jetzt steht fest, dass Schäuble im kommenden Jahr einen neuen Schuldenrekord aufstellen wird - mit weitem Abstand zu der bisher von CSU-Finanzminister Theo Waigel gehaltenen Rekordmarke aus dem Jahr 1996 von 40 Milliarden Euro.

Dennoch werden Steuerzahler und Unternehmer im nächsten Jahr um 21 Milliarden Euro entlastet. Das Gros davon, etwa 14 Milliarden Euro, ist eine Erblast der großen Koalition. Neu sind die von Schwarz-Gelb angedachten Geldgeschenke für Familien. Der Kinderfreibetrag wird zum 1. Januar von 6024 auf 7008 Euro erhöht, das Kindergeld steigt um 20 Euro auf 184 Euro für das erste und zweite Kind. Für das dritte Kind gibt es dann monatlich 190 Euro, für das vierte und weitere Kinder je 215 Euro.

Wie hoch die Entlastungen für die Bevölkerung in Euro und Cent sein werden, hat der Bund der Steuerzahler (BdS) berechnet. Ein Alleinerziehender mit zwei Kindern und einem Jahresbruttoeinkommen von 25.000 Euro wird demnach am Ende des Jahres 738 Euro mehr in der Tasche haben. Und ein Rentner, der brutto im Jahr 30.000 Euro erhält (24.000 Euro gesetzliche Rente, 6000 Euro Betriebsrente), wird um 387 Euro entlastet.

Auf den nächsten Seiten sehen Sie anhand von Tabellen, wie sich die Milliardengeschenke auf Ihren Geldbeutel auswirken werden.

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Single, Steuerklasse I, gesetzlich sozialversichert

Die Entlastungen für einen Single, Steuerklasse I, gesetzlich sozialversichert sehen Sie in dieser Grafik.(alle Angaben in Euro, das Nettoeinkommen entspricht dem Bruttoeinkommen abzüglich Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Sozialbeiträgen, zuzüglich Kindergeld) (Foto: Grafik: Bund der Steuerzahler)

104 Euro mehr pro Monat - damit kann ein gutverdienender Single im kommenden Jahr rechnen. Wer 5000 Euro brutto verdiente, bekam bislang 2744 Euro heraus - künftig werden es 2848 Euro sein.

Ein Normalverdiener (3000 Euro brutto monatlich) wird immerhin noch mit 58 Euro pro Monat entlastet, immerhin ein Plus von 3,19 Prozent. Nur: Wer wenig verdient, hat von den Milliardengeschenken besonders wenig.

Ein Geringverdiener (1800 Euro brutto), der bislang am Monatsende mit 1227 Euro nach Hause ging, bekommt jetzt 16 Euro mehr - ein vergleichsweise geringes Plus von 1,31 Prozent.

Der Steuerzahlerbund begrüßt die Entwicklung, mahnt aber weitere Reformen an: "Nun wird es künftig darauf ankommen, die mittleren Einkommen zu entlasten", sagte Bundesgeschäftsführer Reiner Holznagel der Bild-Zeitung.

Paar, verheiratet, zwei Kinder, ein Verdiener

Für Ehepaare mit Kindern macht der Blick auf die Gehaltsabrechnung im kommenden Jahr viel Freude.

Denn sie profitieren besonders von den schwarz-gelben Plänen, das Kindergeld und den Kinderfreibetrag zu erhöhen.

Den Berechnungen des Bundes der Steuerzahler zufolge hat hat ein verheirateter Alleinverdiener mit zwei Kindern (Steuerklasse III) und einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2600 Euro von Januar 2010 an unterm Strich 47 Euro mehr am Monatsende und kommt auf ein Nettoeinkommen von 2303 Euro.

Bei einem Bruttoeinkommen von 5000 Euro erhöht sich das Nettogehalt demnach um 77 Euro auf 3680 Euro.

Doppelverdiener-Paar, verheiratet, zwei Kinder

3,87 Prozent mehr am Monatsende - diese Rechnung kann ein Doppelverdiener-Ehepaar mit zwei Kindern und einem Bruttoeinkommen von 6000 Euro aufmachen.

Davon bleiben den BdS-Berechnungen zufolge von Januar 2010 an insgesamt 4130 Euro übrig - und damit 154 Euro mehr als noch im Dezember 2009.

Ist das Einkommen des Paares niedriger, schmilzt auch die prozentuale Entlastung zusammen wie Schokolade in der Sonne.

Zwei Ehepartner, die zusammen brutto 2400 Euro verdienen, haben künftig nur 2,17 Prozent mehr in der Tasche - insgesamt 46 Euro.

Und wie geht's weiter?

Weniger Steuern führen zu mehr Konsum und damit zu mehr Wachstum und folglich zu höheren Steuereinnahmen - diese riskante Rechnung hat das Bündnis aus Union und FDP aufgemacht. Folglich wird es wohl auch in den kommenden Jahren weitergehen mit der großen Entlastungs-Sause. "Die neue Regierung hält Wort. Wir erhöhen keine Steuern und Abgaben", hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versprochen. Was die Regierungschefin allerdings nicht ausschließt, ist, dass die Sozialabgaben steigen werden - und so zumindest ein Teil der Steuergeschenke wieder aufgefressen wird. Fest steht bereits, dass der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung bereits 2011 auf drei Prozent erhöht wird. Weitere Änderungen seien möglich, sagte die Kanzlerin.

Die schwarz-gelbe Handschrift im Steuersystem wird wohl erst von 2011 an deutlich erkennbar sein. Der von der FDP vehement geforderte Stufentarif soll möglichst kommen - unklar ist allerdings, in welcher Form. Von 2013 an sollen Eltern ein Betreuungsgeld von 150 Euro im Monat bekommen, wenn sie für ihr Kind unter drei Jahren keinen staatlich geförderten Betreuungsplatz in Anspruch nehmen.

Insgesamt will Schwarz-Gelb die Bürger noch einmal um 24 Milliarden Euro entlasten, so steht es zumindest im Koalitionsvertrag zwischen Union und FDP. Doch der neue Kassenwart des Staates hat sich mit seinem neuen Amt offenbar schon gut angefreundet - und mauert, ähnlich wie sein Vorgänger Peer Steinbrück (SPD). In der ARD-Sendung "Anne Will" ließ sich Schäuble nicht darauf festlegen, dass die vereinbarten Entlastungen auch tatsächlich 2011 kommen. Die schwarz-gelbe Koalition werde alles tun, damit das möglich sei. Die Ehrlichkeit gebiete es jedoch zu sagen, dass die Wirtschaftsentwicklung nicht vorhersehbar sei: "Wir fahren ziemlich auf Sicht", sagte der CDU-Politiker.

Für das nächste Jahr wartet auf den designierten Finanzminister eine böse Überraschung. Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) zufolge kann die neue Bundesregierung im kommenden Jahr trotz besserer Konjunkturaussichten nicht mit höheren Steuereinnahmen rechnen. Das berichtet das Handelsblatt. Demnach dürfte der Staat mit 525 Milliarden Euro an Steuern sogar noch zwei Milliarden Euro weniger einnehmen, als die Steuerschätzung im Mai vorhergesagt hatte.

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