Steuerbefreiung für Betriebsvermögen:Finanzhof hält Erbschaftsteuergesetz für verfassungswidrig

Wer in Deutschland ein Unternehmen erbt, muss auf das Vermögen bislang keine Erbschaftsteuer zahlen. Das ist verfassungswidrig, erklärten die obersten Steuerrichter nun. Jetzt muss sich das Bundesverfassungsgericht erneut mit der Regelung auseinandersetzen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat an diesem Mittwoch gleich zwei Entscheidungen zum deutschen Erbschaftssteuergesetz getroffen. Die fast vollständige steuerliche Freistellung beim Vererben von Betriebsvermögen ist nach Ansicht der Richter verfassungswidrig. Sie urteilten, dass die Steuerbefreiung eine ungerechtfertigte und damit "verfassungswidrige Überprivilegierung" darstelle. Der BFH legt das Gesetz daher dem Bundesverfassungsgericht erneut zur Prüfung vor.

Obwohl es sich dabei für den Staat in der Regel um große Einnahmequellen handelt, verschont der Fiskus bisher Unternehmenserben. Wer einen vererbten Betrieb mindestens sieben Jahre fortführt, muss darauf keine Erbschaftssteuer zahlen. Einzige Voraussetzung ist, dass das Lohnniveau im Unternehmen in dieser Zeit ungefähr gleich bleibt.

Das Argument der Finanzbehörden: Man wolle den Betrieb nicht in den Ruin treiben. Nun entschieden die Richter jedoch, dass nicht unterstellt werden könne, dass die Erbschaftsteuer typischerweise die Betriebsfortführung gefährde.

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2006 die Gemeinwohlverpflichtung von Betriebsvermögen betont - und dem Gesetzgeber damit die Möglichkeit offengelassen, dieses von der Steuer zu verschonen.

Die derzeit gültigen Regeln ermöglichen einen Steuertrick, der auch Cash-GmbH gennant wird. Dabei wird Bargeld in einer neu gegründeten GmbH angelegt und die Geschäftsanteile dann anschließend an die Kinder verschenkt.

Geschwister, Nichten und Neffen müssen Steuern zahlen

In einer zweiten Entscheidung erklärten die Richter die Gleichstellung von Geschwistern, Nichten und Neffen mit familienfremden Dritten bei der Erbschaftsteuer für rechtens. Der im Grundgesetz verankerte Schutz von Ehe und Familie beziehe sich nur auf die Gemeinschaft von Eltern und Kindern.

Geklagt hatte ein Mann, der seinen kinderlosen Onkel gepflegt hatte und nach dessen Tod für eine Erbschaft von 51.000 Euro den selben Steuersatz wie nicht verwandte Dritte bezahlen musste.

Die Klage des Mannes wurde allerdings trotzdem nicht abgewiesen. Denn das seit 2009 geltende Erbschafssteuer- und Schenkungsgesetz ist nach Ansicht des Bundesfinanzhof wegen der Betriebsbegünstigung ohnehin "im Kern verfassungswidrig".

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