Steueramnestie:Sehnsucht nach Zitronen

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Italiener bunkern Unsummen im Ausland. Nun will Berlusconi das Geld per Gesetz zurückholen - mit nur fünf Prozent Steuern.

Thomas Fromm

Bei jemandem wie Silvio Berlusconi, der gleichzeitig Unternehmer und Minsterpräsident ist, ist es nicht immer einfach zu verstehen, wer gerade spricht. Vor allem, wenn es um so delikate Dinge geht wie Steuern. Spricht da der Milliardär? Oder der Politiker? Der Privatmann oder der Amtsträger?

Ministerpräsident Silvio Berlusconi spricht in einem seiner eigenen Fernsehsender: Bei ihm weiß man nie, ob er als Politiker oder als Unternehmer redet. (Foto: Foto: dpa)

Zum Beispiel, als er vor einiger Zeit sagte, dass es unter bestimmten Voraussetzungen durchaus gerechtfertigt sei, Steuern zu hinterziehen. Dann nämlich, wenn diese zu hoch seien.

Da sprach er als italienischer Regierungschef. Viele aber dachten an den Privatmann Berlusconi, der immer wieder Ärger mit der Justiz hatte - auch und vor allem wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung.

25-Prozent-Steuer auf Pornos

Als er jüngst mit der Idee nach vorne preschte, der Wirtschaftskrise mit einer 25-Prozent-Steuer auf Pornos beizukommen, waren sich zumindest die meisten einig: Hinter dieser Idee musste ein ökonomisch verantwortlicher Politiker stehen (was der Privatmann Berlusconi von der Porno-Steuer hält, ist nicht Gegenstand dieser Betrachtung).

Nun geht es wieder um Steuern - zumindest um die, die möglicherweise nie gezahlt wurden. Berlusconis Regierung will Milliardengelder in die italienische Volkswirtschaft zurückholen, indem sie denjenigen eine Steueramnestie anbietet, die ihr Geld in den letzten fünf Jahren ins Ausland transferierten.

Nicht deklarierte Auslandsvermögen sollen mit einem Steuersatz von fünf Prozent über Nacht wieder legal werden; Amnestiewillige können ihre Gelder von Mitte Oktober bis April nächsten Jahres in Italien anlegen. "Der wirkliche Nutzen dieser Maßnahme ist es, Ali Babas Höhle endlich zu verriegeln", sagt der italienische Finanzminister Giulio Tremonti.

Drei Milliarden Euro in die Staatskasse

Bis zu drei Milliarden Euro will Rom durch die Amnestie einnehmen. Gelder, die, glaubt man italienischen Kommentatoren, dann vor allem bei Kreditinstituten im Schweizer Tessin abgezogen werden dürften.

Der südliche Kanton liegt an der Grenze zur wirtschaftsstarken italienischen Nordregion Lombardei, und hier haben vor allem Mittelständler schon vor langem die Vorzüge des Nachbarlandes erkannt.

Berlusconis Kritiker wittern nun Gefälligkeiten für Steuerhinterzieher. Antontio Di Pietro, früherer Anti-Korruptionsermittler und heute Oppositionspolitiker, hält das Tessin-Dekret für einen üblen Trick.

Die Amnestie sei darauf angelegt, dass die "herrschende Kaste ihre illegalen Profite zurückbringen kann, während es einfache Menschen nicht mehr bis zum Monatsende schaffen", so Di Pietro.

In der Schweiz wartet man erst einmal ab. "Wir begehen deswegen bestimmt keinen kollektiven Selbstmord", sagte Claudio Generali, der Präsident der Tessiner Bankiervereinigung (ABT), der Schweizer Nachrichtenagentur SDA.

Erwiesener Erfolg: 90 Milliarden kamen 2001 und 2003 zurück

Immerhin hat man dort Erfahrung mit italienischen Steuerprogrammen. Bereits zweimal hat Berlusconi in den vergangenen Jahren versucht, über Steueramnestien Geld zurück nach Italien zu holen.

Die Aktionen 2001 und 2003 führten immerhin dazu, dass 90 Milliarden Euro auf italienischen Konten landeten. Damals wurden vor allem Schwarzgelder zurückgebracht, die in den vergangenen Jahrzehnten von Steuerflüchtlingen über die Grenzen des Landes geschafft worden waren.

Damals warb das römische Finanzministerium mit einem Klassiker - der Sehnsucht nach dem Land, in dem die Zitronen blühen. "Hat Ihr Geld Sehnsucht nach Italien?", stand auf den Werbeplakaten. Es hatte. Große sogar.

© SZ vom 17.07.2009/kfa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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