Steuer-CD:Milliardensegen - und neue Probleme

Mehr als 16.000 Steuerhinterzieher haben sich seit dem Kauf der Daten-CD selbst angezeigt. Doch nun mutmaßen Juristen, die Behörden hätten beim Erwerb geschlampt.

Der Kauf der CD mit Steuerdaten aus der Schweiz war für den Fiskus ein lohnender Deal. Seit dem Auftauchen der Scheibe haben sich bei den deutschen Finanzämtern bereits mehr als 16.000 Steuerhinterzieher selbst angezeigt.

Steuer-CD, Foto: dpa

Mehr als 16.000 Steuerhinterzieher sollen sich seit dem Kauf der CD mit Kontodaten aus der Schweiz selbst angezeigt haben.

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Das hat eine Umfrage des Hamburger Magazins Stern bei den Finanzministerien der Länder ergeben. Die Anzeigewelle dürfte dem Fiskus demnach rund eine Milliarde Euro in die Kassen spülen. Pro Anzeige wären dies im Schnitt etwa 60.000 Euro. Eine Selbstanzeige schützt den Steuerhinterzieher vor Strafverfolgung, er muss nur die hinterzogenen Steuern nachzahlen.

Die meisten Selbstanzeigen (4352) stammen dem Bericht zufolge aus Baden-Württemberg, gefolgt von Nordrhein-Westfalen (3186) und Bayern (2727). An vierter Stelle folgt Hessen, das 2100 Selbstanzeigen meldete. Mit 1199 Anzeigen liegt Rheinland-Pfalz auf Rang fünf. Auf den weiteren Plätzen folgen Niedersachsen (768 Anzeigen), Berlin (541), Hamburg (390), Schleswig-Holstein (375) und das Saarland (150).

Die wenigsten Anzeigen gingen in Bremen (55) und den ostdeutschen Bundesländern ein: In Sachsen waren es bislang 59, in Brandenburg 55, in Thüringen 37 und in Sachsen-Anhalt 14. Schlusslicht ist mit zwölf Selbstanzeigen Mecklenburg-Vorpommern.

CD hätte verzollt werden müssen

Der finanzielle Erfolg des CD-Kaufs könnte nun von einem juristischen Problem überdeckt werden. Denn Juristen schätzen, dass die Behörden beim Erwerb der Silberscheibe gegen Zoll- und Steuergesetze verstoßen haben könnte.

"Die Lieferung der CD hätte in jedem Fall beim Passieren der Grenze beim Zoll angemeldet werden müssen - ganz egal, ob die Ware direkt von der Schweiz oder über den Umweg Frankreich nach Deutschland gekommen ist", sagte der Zollrechtsprofessor Hans-Michael Wolfgang der Financial Times Deutschland (FTD).

Sollte der Verkäufer die CD ohne Anmeldung über die Grenze gebracht haben, sei er ein Zollschuldner, sagte Wolfgang - und ebenso der Käufer, sofern er davon wüsste. Schlimmer wäre es, wenn ein Beamter die Scheibe über die Grenze gebracht hätte. Dann sei er der Schuldner und die Tat seiner Behörde anzulasten, sagte der Zollrechts-Experte.

Auch steuerliche Fragen seien beim Kauf der CD zu berücksichtigen, heißt es in dem FTD-Bericht. Sowohl Deutschland als auch Frankreich verlangten bei der Einfuhr wertvoller Güter eine Einfuhrumsatzsteuer von 19 Prozent, sagte Götz Neuhahn von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers. In einem Gutachten schreibt der Fachmann: "Es dürfte kaum im Interesse von Bund und Ländern liegen, ausgerechnet beim Ankauf von Daten über potenzielle Steuerhinterzieher eigene steuerliche Verpflichtungen zu vernachlässigen."

Die Behörden selbst äußerten sich zu dieser Frage nicht. "Dann würden wir ja das Verfahren preisgeben", sagte eine Sprecherin von Helmut Linssen, dem Finanzminister von Nordrhein-Westfalen (CDU).

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