Süddeutsche Zeitung

Steuer-Apps:Diese Apps sollen bei der Steuererklärung helfen

  • Neue Programme sollen die Menschen an die Hand nehmen und einfach durch die Steuererklärung führen.
  • Ob die Angebote einen wirklichen Mehrwert bieten, ist aber fraglich.

Von Katharina Kutsche

935 Euro bekommen Menschen in Deutschland im Durchschnitt vom Staat zurück, wenn sie ihre Steuererklärung machen. Das tun laut Statistischem Bundesamt aber nur etwas mehr als die Hälfte der Steuerzahler. Viele Menschen möchten sich nicht damit beschäftigen, sie scheuen die Arbeit. Start-ups wie Taxfix und Taxbutler haben das erkannt und versprechen nun Hilfe: Die Steuererklärung soll ganz einfach werden.

15 Jahre ist es her, dass der CDU-Politiker Friedrich Merz ein Steuerkonzept vorlegte, das so einfach sein sollte, dass jeder seine Erklärung auf einem Bierdeckel machen kann. Wirklich leichter geworden ist es seither nicht. Solange die Steuergesetze kompliziert sind, ist es auch die Steuererklärung, das kann ein Start-up nicht ändern. Interessant sind die Angebote trotzdem, schließlich kriegen etwa 60 Prozent derjenigen, die eine Erstattung bekommen, zwischen 100 und 1000 Euro zurück.

Mathis Büchi und Lino Teuteberg, die Gründer von Taxfix, wollen vor allem Menschen bis 25 Jahre als Kunden gewinnen, denen ohne Steuererklärung Geld durch die Lappen geht. Da die Jungen alles mit Tablet oder Smartphone erledigen, sollen sie fürs Finanzamt in einer App auflisten, wie hoch Einkommen und Ausgaben waren.

Seit 2016 gibt es auch das Start-up Taxbutler, dessen App Menschen nicht nur bei der Erklärung, sondern auch im laufenden Jahr hilft. Nutzer können ihre Belege fotografieren, die App liest die Daten aus und sortiert sie nach Kostenart. Am Ende erstellt ein Algorithmus daraus eine Steuererklärung, der Service kostet je nach Einkommen zwischen 27 und 87 Euro.

Der größte Konkurrent der Apps ist der Staat

Taxfix, seit Juli 2017 auf dem Markt, arbeitet etwas anders. Nutzer müssen zunächst neun Fragen beantworten, mit denen die App klärt, ob der Steuerfall berechnet werden kann. Hat jemand etwa Einkünfte aus dem Ausland, der Forstwirtschaft oder ist Freiberufler, deckt Taxfix das nicht ab. "Wir konzentrieren uns auf den einfachen Arbeitnehmer - das ist ja kompliziert genug", sagt Taxfix-Gründer Büchi. Wer es einfach haben will, kann ein Foto seiner alten Einkommensteuererklärung hochladen, die App liest die Daten aus und fragt nach, ob die einzelnen Punkte noch aktuell sind. Das ist das, was die Nutzer an Eigenleistung einbringen müssen: Fragen beantworten. Hast du Familie? Kinder? Versicherungen? "Auf Steuerformularen und in Steuerprogrammen muss man wissen, wie sie auszufüllen sind. Wir versuchen, die Leute komplett an die Hand zu nehmen und durch zu führen", so Büchi. Im Durchschnitt bekommen die Kunden von Taxfix 70 Fragen gestellt. Insgesamt stehen mehr als 1200 Fragen im Katalog, je nach Konstellation wählt die App aus, welche sie stellen muss. Damit das klappt, ließen die Gründer Testnutzer mit einem Prototyp üben und bauten dann ein Team aus 25 Mitarbeitern auf, darunter Steuerberater und Programmierer. Neun Monate steckte das Team in die Entwicklung, weitere drei Monate wurde nur getestet. "Es geht ja schließlich um Daten, Sicherheit und das Geld von Menschen", sagt Büchi.

Sind alle Fragen geklärt, errechnet die App, wie hoch die Steuerrückzahlung ausfallen sollte. Ist dieser Betrag höher als 50 Euro, berechnet das Start-up eine Pauschalgebühr von 34,99 Euro. Wie Taxbutler überträgt Taxfix die fertige Erklärung über eine Schnittstelle in das Elster-Programm. Das Ganze, Erklärung und Abgabe, soll nur etwa 25 Minuten dauern, sagt Büchi - mit dem fiskuseigenen Elster-Programm seien das im Durchschnitt sechs Stunden. So wolle das Start-up die eingeschworene Welt der Steuerprogramme aufmischen. Größter Konkurrent sei aber der Staat mit seinem Elster-Programm.

Der Lohnsteuerhilfeverein sieht keine Konkurrenz in Start-ups

Beim Fiskus ist man entspannt, denn wer seine Steuererklärung elektronisch einreichen möchte, kommt um Elster nicht herum. Im Jahr 2016 wurden 21 Millionen Steuererklärungen online übertragen, errechnete der IT-Verband Bitkom. Thomas Eigenthaler, Vorsitzender der Steuergewerkschaft DSTG, sieht für die Steuerbeamten sogar Vorteile, wenn Menschen Programme und Apps für die Erklärung nutzen: "Je kundenfreundlicher das ist, desto klarer wird die Steuererklärung, desto einfacher ist es auch für den Staat. Er kann die Erklärungen dann schneller bearbeiten, Zahlenfehler vermeiden."

Auch bei den Lohnsteuerhilfevereinen, die auf eine kritische Masse von Mitgliedern angewiesen sind, sieht man keine Konkurrenz in den Apps. "Digitale Helfer sind nicht neu, da haben wir keine Bedenken", sagt Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des Bundesverbands BVL. Ängste habe es mal gegeben, als die ersten Hilfeprogramme wie die von Wiso oder Lexware auf den Markt kamen. "Die Befürchtungen, dass der Beratungsbedarf entfällt, haben sich aber nicht bestätigt", so Rauhöft. Ähnlich sei es mit den internetbasierten Programmen. Viele versprechen die schnelle Steuererklärung, aber das sei unrealistisch. Und: Je simpler der Fall, desto weniger komme am Ende bei der Berechnung heraus. Außerdem ist jeder weiter für seine Steuererklärung verantwortlich und hat die Pflicht, eigene Fehler nachträglich zu korrigieren. "Ich muss also die Erklärung und hinterher den Bescheid kontrollieren. Da können Programme zwar helfen, aber trotzdem braucht man Grundkenntnisse - oder muss zumindest bereit sein, sich mit dem Thema zu beschäftigen", so Rauhöft.

Eigenthaler von der DSTG wirbt dafür, dass das Steuerrecht radikal vereinfacht wird. "Weg von der Einzelfallgerechtigkeit, hin zu pauschalierten Abzügen - dann machen auch die Apps am meisten Sinn. Wir neigen als Deutsche dazu, auch noch den letzten Cent zu hinterfragen."

Für Taxfix und die anderen Steuerhilfe-Programme ist das zumindest juristisch kein Problem. "Wir können nicht dafür einstehen, dass die Angaben stimmen. Wir haben ein Übertragungsmandat für den Nutzer, mehr nicht", sagt Büchi. Wenn die Berechnung nicht stimmt, hat eben der Benutzer etwas falsch eingegeben.

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SZ vom 12.01.2018/been
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