Süddeutsche Zeitung

Steigende Nebenkosten in Deutschland:Jeder Dritte will umziehen

Die Mieten werden immer teurer, vor allem wegen der Nebenkosten. Viele Deutsche planen deshalb einen Umzug in ein billigeres Viertel oder eine kleinere Wohnung, um Geld zu sparen - dabei ginge es auch anders, sagt eine Studie.

Von Angelika Slavik

Wohnen in Deutschland ist eine teure Angelegenheit geworden. Da sind zum einen die Mieten, die rasant steigen: Wer heute in den Großstädten eine Wohnung sucht, zahlt oft 30, 40 Prozent mehr als derjenige, der aus der gleichen Wohnung gerade ausgezogen ist.

Aber auch jene, die bleiben, wo sie sind, müssen immer mehr bezahlen: In manchen Ballungsräumen wurden die sogenannten Bestandsmieten in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich um mehr als zehn Prozent angehoben. Auch das schmerzt viele. Und zu den Mieten kommen noch steigende Energiekosten - vor allem die drastische Verteuerung von Strom macht manche Haushaltsplanung zunichte.

Immer mehr Menschen erwägen nun offenbar Konsequenzen, um die Kosten wieder in den Griff zu bekommen: Ein Drittel aller Mieter überlegt den Umzug in eine günstigere Wohnung, so besagt es eine aktuelle Studie, die der SZ vorliegt.

Diese Pläne mögen widersinnig klingen, wenn man bedenkt, dass ja gerade neue Mietverträge besonders teuer sind. Wieso sollte also ein Umzug die Kosten senken? Betrachtet man die Studienergebnisse genauer, dann zeigt sich, dass es tatsächlich weniger die Höhe der Kaltmiete ist, die vielen Bewohnern zu schaffen macht - vielmehr stoßen sie sich an den Energiekosten.

Wer braucht schon ein viertes Zimmer?

82 Prozent der Menschen, die im Auftrag der BHW Bausparkasse befragt wurden, halten die Aufwendungen für Strom und Heizung für den schlimmsten Kostentreiber beim Wohnen. Wer sich vor den Neuvertragsmieten nicht so sehr fürchtet wie die Energiekosten in seiner alten Wohnung, der spielt eben auch eher mit dem Gedanken an einen Umzug.

Viele Mieter hoffen offenbar, den steigenden Kosten mit dem Wechsel in eine weniger begehrte und folglich günstigere Wohngegend begegnen zu können. Also ab in die Prärie? Beim Vermittlungsportal Immobilienscout24 heißt es, man bemerke bereits seit einiger Zeit, dass viele Wohnungssuchende in andere, billigere Lagen ausweichen würden. In Berlin etwa ziehe man dieser Tage am ehesten von Kreuzberg nach Neukölln und von dort in den Wedding. Zudem gebe es Anhaltspunkte dafür, dass sich viele Mieter aus Kostengründen verkleinerten. Wer braucht schon ein viertes Zimmer? Genaue Daten dazu sollen erst in einigen Wochen vorliegen.

Allerdings müssten viele gar nicht so umfangreiche Maßnahmen wie einen Umzug in die Wege leiten, um ihre Wohnkosten zu reduzieren, heißt es bei den Auftraggebern der vorliegenden Studie. "Viele Deutsche haben einfache Sparmöglichkeiten wie den Wechsel des Energieversorgers noch nicht genutzt", sagt Dieter Pfeiffenberger, Chef der BHW Bausparkasse. Also lautet die Losung: Neuer Stromanbieter statt neue Wohnung? Je nach Verbrauch lassen sich durch einen Wechsel immerhin einige hundert Euro im Jahr sparen, sagen Verbraucherschützer.

Sanierungswut der Eigenheimbesitzer

Aber nicht nur die Mieter sind unglücklich, auch Immobilienbesitzer hadern mit den Nebenkosten. Die Zahl jener, die deshalb einen Umzug in Betracht ziehen, ist mit sieben Prozent naturgemäß zwar deutlich geringer als bei jenen, die zur Miete wohnen; allerdings scheint auch bei dieser Gruppe eine steigende Zahl über Maßnahmen nachzudenken, die die Kosten senken könnten. "Eigentümer haben mehr Einflussmöglichkeiten und können zum Beispiel in eine moderne Heizung investieren", sagt Pfeiffenberger.

Die neue Sanierungswut der deutschen Eigenheimbesitzer haben jedenfalls auch die Geldinstitute bereits konstatiert: Dem Bankenfachverband zufolge sollen die Bundesbürger in diesem Jahr deutlich höhere Ausgaben für Investitionen in ihre Immobilien planen als im Jahr zuvor - vielfach mit Krediten finanziert. Dabei seien Solaranlagen besonders gefragt, heißt es. Ein bisschen Fotovoltaik auf dem Dach als Schutz vor den steigenden Preisen, das ist der Versuch. Ob dieses Kalkül aufgehen wird?

Wer jetzt aber überlegt, sich eine Immobilie anzuschaffen, um seine Kosten für Wohnen und Energie wenigstens in größerem Umfang selbst beeinflussen zu können, sollte lieber ganz genau rechnen: Am Dienstag wurde etwa für München schon wieder ein neuer Rekordstand bei den Wohnungspreisen vermeldet. Ein Quadratmeter Eigentum, ob Alt- oder Neubau, kostet nun - laut Klein-Trendindikator DTI - im Schnitt 3767, 38 Euro. Das sind elf Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Am oberen Ende der Preisspanne: stolze 7279 Euro.

Ja, Wohnen in Deutschland ist teuer in diesen Tagen. Für alle.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1634144
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 27.03.2013/fran
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.