Staatsfonds:"Wir wollen keine Verstaatlichung unserer Wirtschaft"

Die Bundesregierung will sensible Bereiche der Wirtschaft vor dem Zugriff ausländischer Staatsfonds schützen. Im Gespräch mit sueddeutsche.de erläutert der Ökonom Roland Vaubel die Gefahren, die von Staatsfonds ausgehen.

Sarina Märschel

sueddeutsche.de: Viele deutsche Topmanager haben an die Politik appelliert: Der Staat soll deutsche Unternehmen vor ausländischen Staatsfonds schützen. Wovor haben die Manager so große Angst?

Roland Vaubel; privat

Roland Vaubel: Der Professor der Universität Mannheim hält das geplante Vetorecht der Bundesregierung für eine gute Lösung.

(Foto: Foto: privat)

Vaubel: Davor, dass diese Fonds eine Mehrheit in der Aktionärsversammlung bekommen und über entsprechende Aufsichtsratssitze die Unternehmenspolitik kontrollieren können.

sueddeutsche.de: Ist die Angst begründet?

Vaubel: Ja, das glaube ich schon. Wir wollen ja keine Verstaatlichung unserer Wirtschaft haben, im Gegenteil: Alles Mögliche wird aus guten Gründen privatisiert. Es kann überhaupt nicht erstrebenswert sein, dass deutsche Unternehmen von staatlichen Fonds - sei es inländischen oder ausländischen - kontrolliert werden können.

sueddeutsche.de: Welche Auswirkungen hätte es, wenn ausländische Staatsfonds hohe Anteile an deutschen Firmen übernehmen würden?

Vaubel: Das kommt entscheidend darauf an, wie sich diese Fonds verhalten. Wenn sie sich gewinnmaximierend verhalten, dann wäre der Einfluss sogar recht günstig, dann würden sie sich darum bemühen, den Managern Beine zu machen, so wie es die Private-Equity-Firmen und Hedge-Fonds in der Vergangenheit ja schon getan haben. Allerdings kann das dann auch zu Rationalisierungen führen, die die Arbeitnehmer oder die Gewerkschaften bekämpfen würden. Aber das ist dann eher ein Partikularinteresse der Arbeitnehmer als ein volkswirtschaftliches Interesse.

Wenn die ausländischen Staatsfonds dagegen etatistisch verhandeln und möglicherweise auch zu Handlangern ihrer Regierung werden und damit außenpolitische oder sogar sicherheitspolitische Interessen tangiert sind, dann wäre man natürlich sehr beunruhigt.

sueddeutsche.de: Was halten Sie von der für Deutschland angestrebten Lösung, der Regierung für bestimmte Branchen eine Vetorecht bei Beteiligungen von mindestens 25 Prozent einzuräumen?

Vaubel: Das scheint mir eine gute Lösung zu sein.

sueddeutsche.de: Kann es volkswirtschaftlich gesehen auch schädlich sein, solche Restriktionen für Investoren einzuführen?

Vaubel: Bedenken hätte ich dann, wenn dieses Gesetz auch auf ausländische Privatfonds anwendbar wäre. Bislang ist mir nicht ganz klar, ob es nicht auch in solchen Fällen greifen könnte.

sueddeutsche.de: Welche Motive hat die Politik, dieses Gesetz zu verabschieden? Könnte das Engagement der Politiker etwas damit zu tun haben, dass die Öffentlichkeit positiv auf protektionistische Maßnahmen reagiert?

Vaubel: Ich glaube schon, dass so ein Gesetz in der Bevölkerung gut ankommt. Aber es ist auch gut begründet - deshalb würde ich den Politikern in diesem Fall ausnahmsweise keine manipulativen Absichten unterstellen.

Roland Vaubel, geboren 1948, ist Professor an der Universität Mannheim. Der Volkswirtschaftler lehrt und forscht dort zu politischer Ökonomie.

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