Staatliches Glücksspiel-Monopol unzulässig:Wetten für alle

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Der Europäische Gerichtshof hat das staatliche Monopol für Glücksspiele gekippt. Deutschland unterlaufe das eigentlich zulässige Ziel der Suchtbekämpfung - unter anderem durch zu viel Werbung.

Die Verantwortlichen von Real Madrid verbanden mit Deutschland in erster Linie den FC Bayern, Günter Netzer und Sami Khedira - aber nicht den Glücksspielstaatsvertrag und das Kreisverwaltungsreferat München. Doch in der Woche vor dem Franz-Beckenbauer-Abschiedsspiel im August änderte sich das. Da schickte die Münchner Behörde dem spanischen Fußballverein einen kurzen Brief. Sollte Real bei dem Spiel in München in der üblichen Ausrüstung auflaufen, drohe ein Zwangsgeld von 50.000 Euro. Der Grund: Der Trikotsponsor der Madrilenen ist Bwin - ein österreichisches Unternehmen, das Sportwetten im Internet anbietet. Private Wettanbieter und Werbung für private Wettanbieter sind in Deutschland aber verboten.

Bislang durfte offiziell nur die staatliche Sportwette Oddset online gespielt werden. (Foto: dpa)

Folglich liefen die Real-Spieler in neutralen Trikots auf, doch beim nächsten Gastspiel in München müssen sich die Madrider Verantwortlichen zu diesem Thema keine Gedanken mehr machen. Denn das deutsche Monopol für Sportwetten und Glücksspiele und damit das Verbot privater Wettanbieter ist nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) nicht mit dem EU-Recht vereinbar. Die deutsche Regelung begrenze die Glücksspiele und Sportwetten nicht "in kohärenter und systematischer Weise", argumentierten die Richter. Sie verstoße damit gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit in der EU.

Das Monopol fußt auf dem Glücksspielstaatsvertrag, der seit 2008 existiert. Der Staat möchte damit die enormen Einnahmen aus Glücksspielen direkt in die Staatskassen lenken. Daneben soll er unter anderem Spielsucht verhindern, Jugendliche schützen und das Spielangebot begrenzen. Doch ausgerechnet an dem Suchtbekämpfungsansatz hatten die Luxemburger Richter etwas auszusetzen. Deutschland unterlaufe das eigentlich zulässige Ziel der Suchtbekämpfung unter anderem durch zu viel Werbung für die Glückspiele, sagten sie.

Außerdem monierten die Richter einen weiteren Widerspruch. Denn zeitgleich mit dem Glücksspielverbot würden reichlich private Geldspielautomaten genehmigt. Und da gebe es teilweise noch "gefährlichere Spiele".

Vor allem im Bereich der Onlinewetten ist die derzeitige Situation absurd. Offiziell darf zwar nur das staatliche Unternehmen Oddset Wetten anbieten, dennoch können deutsche Zocker auch bei privaten Firmen wie Bwin Geld setzen. Diese sind dann allerdings nicht in Deutschland, sondern beispielsweise in Gibraltar oder Malta lizensiert, und heißen hierzulande "unregulierte Anbieter". Die Umsätze dieser Firmen steigen massiv, doch Steuereinnahmen kann der Staat daraus nicht rekrutieren - weil die Anbieter eigentlich ja gar nicht existieren.

In Deutschland sind zu diesem Themenkomplex Hunderte Gerichtsfälle anhängig, unter anderem hatten mehrere kleine Anbieter gegen das Monopol der Sportwettenvermittlung geklagt. Vier deutsche Gerichte wandten sich daher mit der Frage an den EuGH, ob die deutsche Praxis mit europäischem Recht vereinbar sei. Nun liegt es an den vier deutschen Gerichten, über die konkreten Fälle zu urteilen. Dennoch sprach die Generalsekretärin des Europäischen Spiel- und Wettverbandes (EGBA), Sigrid Ligné, von einem "bahnbrechenden Urteil". In anderen Ländern sei der Markt schon geöffnet worden und es zeige sich, dass die Verbraucher in einem offenen und regulierten Markt besser geschützt werden könnten.

Die Börse reagierte prompt auf die Entscheidung in Luxemburg: Die Aktie des größten privaten kontinentaleuropäischen Wettanbieters Bwin legte um 3,5 Prozent auf 40,02 Euro zu. Der Kurs von Tipp24 zog mit einem Plus von knapp sieben Prozent auf 25,51 Euro an die Spitze des SDax.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/AFP/aum - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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