Staatliche Förderung:Riester-Rente lohnt sich nicht für jeden

Es gibt Geld vom Staat: Die Riester-Rente ist nicht nur deshalb eine beliebte private Vorsorgeoption. Doch rentiert sie sich auch? Daran gibt es inzwischen Zweifel, denn die Altersarmut wird sie nämlich kaum mildern können. Dabei existieren durchaus gute Produkte.

Von Friederike Krieger, Köln

Sie lohnt sich, sie lohnt sich nicht. Um kein staatlich gefördertes Altersvorsorgeprodukt wird so leidenschaftlich gestritten wie um die Riester-Rente. Das hinterlässt Spuren: Im ersten Quartal 2013 ging erstmals seit dem Start der staatlich geförderten Privatrente im Jahr 2002 die Zahl der bestehenden Verträge zurück.

Zwar beträgt der Rückgang nur 27.000 Stück, angesichts 15,6 Millionen weiterhin laufender Verträge eine verschmerzbare Zahl. Auch die Finanzkrise sorgt dafür, dass Verbraucher sich insgesamt damit zurückhalten, sich langfristig festzulegen.

Aber der negative Trend bei Riester sorgt dennoch für Aufmerksamkeit. "Auf Seiten der Verbraucher hat sich eine gewisse Verunsicherung breit gemacht", sagt Thomas Hentschel, Altersvorsorgeexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Hentschel glaubt, dass sich ein Riester-Vertrag durchaus lohnen kann - allerdings nur, wenn der Kunde auf ein kostenarmes Produkt setzt und die persönlichen Rahmenbedingungen stimmen.

Die Ausschüttungen liegen nur bei 85 Euro im Monat

Um Kürzungen bei der gesetzlichen Rente auszugleichen, hat die rot-grüne Bundesregierung 2002 die nach dem ehemaligen Arbeitsminister Walter Riester (SPD) benannte Form der geförderten Altersvorsorge eingeführt. Sparer erhalten dabei vom Staat eine Grundzulage von 154 Euro pro Jahr. Zusätzlich gibt es für jedes Kind 185 Euro, für nach 2008 geborene Sprösslinge sogar 300 Euro. Um die volle Förderung zu erhalten, müssen Sparer mindestens vier Prozent ihres Einkommens einzahlen, maximal jedoch 2100 Euro, wobei die Zulagen angerechnet werden. Darüber hinaus können Kunden die Beitragszahlungen für die Riester-Rente steuerlich geltend machen; sie müssen dann allerdings im Alter die Auszahlungen versteuern.

Es ist aber zweifelhaft, ob die Riester-Rente wirklich der Altersarmut vorbeugt, wenn wie geplant die gesetzliche Rente immer weiter gesenkt wird. Wer Versicherer befragt, wie hoch denn die später auszuzahlenden Riester-Renten aus den heute bestehenden Verträgen sind, verliert Illusionen: Sie liegen im Durchschnitt bei rund 1000 Euro im Jahr - also bei 85 Euro im Monat.

Dennoch: Es ist gerade für Jüngere sinnvoll, sich mit der Riester-Rente zu befassen. Die staatliche Förderung wird auf verschiedene Anlageformen gewährt. Die gängigste Variante ist der Abschluss in Form einer Versicherung, entweder als fondsgebundene oder als klassische Police. Sie machen mit 10,9 Millionen Abschlüssen das Gros der bestehenden Verträge aus. An zweiter Stelle folgen Sparverträge mit Investmentfonds, davon sind 2,9 Millionen in Kraft. Auch als Banksparplan sind Riester-Renten erhältlich. Rund 795.000 Sparer haben sich für diese Form der geförderten Altersvorsorge entschieden.

Tendenziell lohnt es sich vor allem für kinderreiche Sparer

Seit 2008 fördert der Staat zudem den Bau oder Kauf von selbst genutztem Wohneigentum mit denselben Vorteilen wie die Renten-Option. Die Zulagen können die Kunden bei dieser Variante in Sparverträge für die eigene Immobilie investieren oder zur Darlehenstilgung verwenden. Einzahlungen oder Tilgungsleistungen können sie zudem steuerlich im Rahmen des Sonderausgabenabzugs geltend machen.

"Die Riester-Rente kann sich über die Förderung durchaus lohnen", sagt Hentschel. Mit Hilfe der Zulagen und der steuerlichen Absetzbarkeit ließen sich Förderquoten von zum Teil über 50 Prozent erzielen. "Im Vergleich zur ungeförderten Geldanlage ist das durchaus attraktiv", glaubt Hentschel. Andererseits könnten Riester-Renten aber auch sehr kostenintensiv sein, das gelte insbesondere für Versicherungen. Die Anbieter berechnen bei Riester meist höhere Kosten als bei ungeförderten Verträgen.

So ist es durchaus nicht unüblich, dass Anbieter 16 Prozent Vertriebs- und Verwaltungskosten zugrunde legt. Von jedem Euro, den der Kunde einzahlt und den der Staat zuschießt, werden erst einmal 16 Cent abgezogen. Verzinslich angelegt werden nur 84 Cent. Dass sich Riester-Verträge überhaupt lohnen, liegt nur an der Förderung.

Aber selbst dann ist die Riester-Rente nicht für jeden empfehlenswert. Es hängt von der persönlichen Situation ab. "Riester ist kein Produkt von der Stange", erklärt der Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein. Er war bis vor kurzem Chef des Bundes der Versicherten und gehört zu den Kritikern von Riester-Rentenversicherungen. "In vielen Fällen rentiert sich die Riester-Rente nicht, nur in wenigen Fällen ist sie gut", sagt er. Bevor sich ein Verbraucher für diese Form der staatlich geförderten Altersvorsorge entscheidet, sollte er sich daher intensiv beraten lassen, etwa bei einer Verbraucherzentrale.

Vertragskündigungen sind eine schlechte Wahl

Tendenziell lohnt sich Riester vor allem für kinderreiche Sparer. Je mehr Nachwuchs eine Familie hat, desto höher fällt die Gesamtzulage aus. Aber auch die Ansprüche aus der gesetzlichen und der betrieblichen Rente spielen eine große Rolle. "Sie müssen über der Grundsicherung liegen", erklärt Kleinlein. Bei Geringverdienern, die nur eine Minirente zu erwarten haben und auf staatliche Zuschüsse zur Lebenshaltung angewiesen sind, werden Auszahlungen aus der Riester-Rente meist angerechnet. Wie Hentschel rät Kleinlein, die Kosten der Verträge genau im Auge zu haben. Versicherungen sind hier aus seiner Sicht nicht die beste Wahl. Bei ihnen mindern nicht nur hohe Kosten die Rente, die Gesellschaften kalkulieren aus seiner Sicht auch mit unrealistisch hohen Lebenserwartungen. In der Konsequenz erhalten Versicherte eine zu geringe Rente.

Mit Bank- oder Fondssparplänen, die oft kostengünstiger als Versicherungen sind, lässt sich das Problem aber nur zum Teil umgehen. Denn ein Teil des auf diesem Weg angesparten Kapitals wandert im Alter auch bei diesen Sparformen wieder in eine Versicherung, damit eine lebenslange Rente gewährleistet ist. "Spätestens wenn der Kunde das 85. Lebensjahr erreicht, befindet er sich wieder in den Fängen der Versicherungswirtschaft", sagt Kleinlein.

Wohn-Riester-Verträge verzeichen die höchsten Zuwächse

Umgehen können die Verbraucher die Assekuranz nur mit einem Wohn-Riester-Vertrag. Denn hier gibt es keine Rente, die lebenslang garantiert werden muss. Stattdessen fördert der Staat das mietfreie Wohnen im Alter. Wohn-Riester wird vor allem von Bausparkassen wie Schwäbisch Hall, Wüstenrot oder BHW in Form von Bausparverträgen angeboten. Diese Riester-Form verzeichnet auch die höchsten Zuwächse. Bisher haben rund 979.000 Kunden einen solchen Vertrag abgeschlossen. Er bietet sich aber nur für Sparer an, die ein Eigenheim anstreben.

Wenn ein Kunde in finanzielle Schwierigkeiten gerät und seinen Riester-Vertrag nicht mehr besparen kann oder will, stehen ihm mehrere Optionen offen. "Er kann seinen Vertrag beitragsfrei stellen", erklärt Verbraucherschützer Hentschel. "Dann erhöht sich das Kapital aber nur noch über die Verzinsung." Je nachdem, wann er den Vertrag ruhen lässt, kommt am Ende eventuell nur eine kleine Rente heraus. Zulagen gibt es mangels eigener Einzahlungen in der Ruhephase auch nicht.

Den Vertrag zu kündigen und sich das Kapital auszahlen zu lassen, ist aber meist die schlechtere Wahl. "Wenn der Kunde das Geld nicht umgehend in einen anderen Riester-Vertrag investiert, gilt das als schädliche Verwendung der Zulagen", erklärt Hentschel. Der Kunde muss in diesem Fall die Förderung zurückzahlen.

Die Versicherungsbranche verlangt inzwischen von der Politik Änderungen. "Wir fordern seit längerem, die Vollanrechnung der Riester-Rente auf die Grundsicherung im Alter aufzuheben", sagt Peter Schwark, Geschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft.

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