Spritpreise:Schock an der Tankstelle

Pünktlich zum Wochenende haben die Benzin- und Dieselpreise wieder Rekordstände erreicht: Super kostet jetzt 1,60 Euro.

Ein Liter Benzin kostet in Deutschland erstmals im bundesweiten Durchschnitt 1,60 Euro. Gleichzeitig stieg der Dieselpreis nach einer von Shell angeführten Preisrunde am Freitag auf 1,56 Euro je Liter, teilten Sprecher der Mineralölwirtschaft in Bochum und Hamburg mit.

Das entspricht in etwa den Preisen vom vergangenen Freitag. Weitere Preisanhebungen stehen möglicherweise bevor, warnen Experten, weil sich sowohl die Rohöl- als auch die Produktpreise am europäischen Ölmarkt in Rotterdam weiterhin nach oben bewegten.

Rohöl der Nordsee-Sorte Brent, das für den europäischen Markt maßgebend ist, kostete am Donnerstag erstmals mehr als 146 Dollar je Barrel (159 Liter), am Donnerstagabend kam es dann an Tankstellen zu der neuen Sprit-Preisrunde.

Nach Einschätzung der Commerzbank ist der Anstieg des Ölpreises auf die 150-Dollar-Marke "reine Formsache und nur eine Frage von wenigen Wochen oder sogar Tagen".

Pause in den USA

Für Preisdruck sorge nicht nur die anhaltend enge Angebots-Nachfrage-Situation am Ölmarkt, sondern auch geopolitische Risiken wie der andauernde Konflikt um das iranische Atomprogramm.

Zudem mache sich die Nähe zur "magischen Grenze" von 150 Dollar in einem anhaltenden spekulativen Umfeld bemerkbar.

An den internationalen Ölmärkten legte die Rekordjagd bei den Ölpreisen am Freitag zunächst eine Pause ein, auch wegen des feiertagsbedingt verhaltenen Handels - die USA feierten ihren Unabhängigkeitstag.

Nachdem Rohöl an den Handelstagen zuvor fast täglich neue Preishöchststände aufgestellt hatte, gaben die Notierungen im Tagesverlauf leicht nach. So sank der Preis für ein Barrel (159 Liter) der US-Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur August-Lieferung um 1,24 Dollar zum Vortagsschluss auf 144,05 Dollar.

Am Donnerstag hatte WTI den Rekordpreis von 145,85 Dollar erreicht, die Nordseesorte Brent war bis auf 146,69 Dollar geklettert. Am Freitag sank der Brent-Preis zeitweilig auf 144,90 Dollar und damit um 1,18 Dollar zum Vortag. Der Preis für Rohöl der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) ist unterdessen erstmals über die Marke von 140 Dollar gesprungen.

Nach Berechnungen des OPEC-Sekretariats vom Freitag kostete ein Barrel am Donnerstag 140,73 Dollar. Das waren drei Dollar mehr als am Mittwoch. Die OPEC berechnet ihren Durchschnittspreis auf der Basis von 13 wichtigen Sorten des Kartells.

Angesichts der steigenden Rohstoffpreise riefen Wirtschaftsforscher zum effizienteren Umgang mit Energie auf.

"Brauchen langfristige Lösung"

Energiesparen sei die wichtigste Maßnahmen, die man überhaupt treffen könne, sagte der Umwelt- und Rohstoffexperte des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel, Gernot Klepper, in einem Interview mit der Landeszeitung Lüneburg.

"Denn was man nicht verbraucht, muss man auch nicht bezahlen." Dazu bedürfe es aber des Bewusstseins der Verbraucher und entsprechender Regulierungen und staatlicher Unterstützung.

"Wir müssen effizienter mit Energie umgehen, stärker auf alternative Energien setzen und dafür sorgen, dass die Verbraucher diese auch nutzen können", sagte Claudia Kemfert, Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, der in Hannover erscheinenden Neuen Presse.

Kemfert gehört zu der Expertengruppe, die im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums die Entwicklung der Energiepreise untersuchen soll. Mit kurzfristigen Steuersenkungen oder der Einführung von Sozialtarifen würde der Verbraucher langfristig nicht entlastet werden.

"Wir brauchen langfristige Lösungen, wie wir umsteuern und eine Energiewende erreichen können", sagte Kemfert. Erste Ergebnisse des Gremiums sollen laut Kemfert im September vorliegen.

Klepper rief dazu auf, beim Thema regenerativer Energie über nationale Grenzen hinaus zu denken. Man müsse "den Import auch dieser Energieformen ins Auge fassen, wie wir das ja bei Öl, Kohle und Gas schon lange tun".

Deutschland selbst seien natürliche Grenzen gesetzt, um auf erneuerbare Energien aus heimischer Erzeugung umzuschwenken, sagte der Professor. So gebe es beispielsweise für Energie aus Biomasse nicht genug Flächen für einen signifikanten Beitrag zum Energiehaushalt und die Expansionsmöglichkeiten bei der Windenergie seien nicht mehr so groß.

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