Süddeutsche Zeitung

Spiele:Bauen mit Würfel

Ein Traumhaus planen oder das alte Rom errichten: Viele Gesellschaftsspiele drehen sich um Immobilien.

Von Jochen Bettzieche

Wie groß soll das Wohnzimmer werden? Soll in jedes Stockwerk ein Badezimmer oder lieber nur eines für das ganze Haus, dafür aber mit Whirlpool und angeschlossener Sauna? Brauche ich eine Doppelgarage oder ist noch Platz für einen Weinkeller? Und wohin mit Küche, Schlaf- und Kinderzimmer? Das Traumhaus ist rasch geplant, etwa in 45 Minuten. Kein Wunder, dass es so schnell geht: "Mein Traumhaus" ist ein Gesellschaftsspiel.

Das Traumhaus können Kinder ab acht Jahren spielen, aber auch Erwachsene haben ihren Spaß. Die detailreiche Grafik sorgt dafür, dass nicht immer der Sieg das Ziel ist, sondern oft einfach ein Gebäude, das hübsch aussieht. "Ich wollte ein Spiel entwerfen, bei dem jeder sein eigenes Heim baut", sagt der polnische Spieleentwickler Klemens Kalicki. Der deutsche Verlag Pegasus hat den Vertrieb hierzulande übernommen. Das Thema komme gut an, erklärt Peter Berneiser, zuständig für die Kontakte zur Presse: "Vor dem Hintergrund von TV-Formaten wie 'Wohnen nach Wunsch' entspricht das Thema dem Wunsch oder Bedürfnis nach eigenen vier Wänden und einer sicheren Zukunft mit Wohlfühlatmosphäre."

Wem ein Haus zu wenig ist, der plant gleich eine ganze Stadt. "Neom" aus dem Hause Lookout-Spiele ermöglicht das. Runde für Runde wächst das Straßennetz. Wohn- und Geschäftsviertel entstehen, öffentliche Gebäude wie Rathaus, Polizeiwache und Feuerwehr bringen spezielle Effekte. Industriegebiete fördern die Wirtschaft, die Baumöglichkeiten und den Handel mit anderen Spielern, bringen aber Minuspunkte, wenn sie direkt neben Wohnhäusern liegen. "Wir haben uns bei jedem Gebäude überlegt, welche Auswirkungen es in der Stadt haben könnte", sagt Hanno Girke, Geschäftsführer bei Lookout-Spiele. Das Spiel richtet sich an Menschen, die Spaß an taktischen Finessen haben. "Die Abrechnung ist aber zweitrangig, im Vordergrund steht das Umsetzen der eigenen Ideen", erläutert Girke.

König Nepomuk II. gibt den Auftrag, ein Schloss und eine Siedlung zu errichten

Schneller, aber ebenso reizvoll geht es bei "Machi Koro", einem Kartenspiel. Die Spieler errichten die Infrastruktur für eine Stadt, bauen unter anderem Cafés, Molkereien und einen Flughafen. Der japanische Autor des Spiels, Masao Suganuma, entwickelt eigentlich Computerspiele und wollte das in diesem Bereich beliebte Thema Städtebau in ein analoges Produkt umsetzen. Ein Würfel steuert einen Glücksfaktor bei. Zielgruppe sind Familien mit Kindern.

Auf ein historisches Szenario setzt Ravensburger bei "Rise of Queensdale". Königin Margaret ist krank, und die Spieler sollen im Auftrag von König Nepomuk II. im Tal von Queensdale ein Schloss für die Königin und eine zugehörige Siedlung errichten, vom Weiler über ein Dorf bis hin zur Stadt. Das Besondere daran: "Rise of Queensdale" wird über mehrere Partien gespielt. Dabei geht es immer mit dem Stand der vorhergehenden Partie weiter. Im Spielverlauf ändern sich Regeln und Herausforderungen. Zudem können sich Entscheidungen aus der zweiten Partie beispielsweise in der achten als sinnvoll oder hinderlich erweisen. So wächst die Siedlung langsam heran. Diese Art Spiel, in der Branche Legacy-Spiel genannt, richtet sich an Menschen, die gerne und viel spielen.

Ein weiteres historisches Thema liegt derzeit im Trend: die Stadt Rom. "Die Antike bietet eine schöne Atmosphäre, die Menschen fasziniert", erklärt Hermann Hutter, Geschäftsführer bei Hutter Trade, den Grund, warum Rom - und nicht beispielsweise Kiel oder Oslo - bei den Verlagen so beliebt ist. Allein in diesem Herbst sind mehrere Spiele erschienen, in denen Spieler die ewige Stadt oder zumindest Teile davon bauen. Bei "City of Rome" müssen sie unter anderem Wohngebäude, Aquädukte, Arenen und Badeanstalten so anordnen, dass ihr Entwurf für Rom dem Kaiser am besten gefällt. "Carpe Diem" stellt Stadtviertel in den Vordergrund. Und in "Forum Trajanum" errichten sie als Verwalter Gebäude in ihrer Colonia, einer Art Gemeinde in der Provinz, und schicken Gesandte nach Rom, um dort beim Bau des Forums zu helfen. Es ist sicherlich das komplexeste der drei Spiele. Doch auch "Carpe Diem" und "City of Rome" stellen die Spieler immer wieder vor schwierige Entscheidungen, wenn es darum geht, welches der ideale Standort für ein bestimmtes Gebäude ist.

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SZ vom 21.12.2018
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