Süddeutsche Zeitung

Spielbanken und das Rauchverbot:Casino light

Nein, die Lust am Spiel um Glück und Geld ist den Menschen nicht vergangen. Das Problem ist ein anderes: das Rauchverbot. Etliche Casinos kämpfen ums Überleben.

Andreas Roß

Für die mehr als drei Dutzend öffentlich-rechtlichen Spielbanken in Deutschland wird es zunehmend ungemütlich. Und das liegt offenbar an den Rauchern. Wo diese früher beim Roulette, Black Jack oder am Spielautomaten reichlich Qualm ausstießen, herrscht heute ein strenges Zigarettenverbot. Immer mehr öffentliche Spielbanken beklagen deshalb herbe Einnahmeverluste: Der strenge Nichtraucherschutz, der mittlerweile in vielen Bundesländern gilt, hat den Rauchern zumindest in diesen Etablissements die Lust am Spiel genommen.

"Der Nichtraucherschutz ist für uns - neben einigen anderen Faktoren - zum großen Problem geworden", sagt Manfred Mahlmann, der Sprecher des Deutschen Spielbankenverbandes. Für einige Spielbanken im Lande gehe es bereits um die Existenz. Erwin Horak, der Chef der Staatlichen Lotterieverwaltung in Bayern, wird noch deutlicher: "Es wird mit Sicherheit zu einer Bereinigung im Spielbankensektor kommen" - einzelne Häuser würden wohl schließen müssen.

Das heißt aber nicht, dass den Leuten die Lust am Spiel vergangen ist. Es ist nur so, dass es in den zurückliegenden Jahren geradezu "eine Explosion an gewerblichen Spielhallen mit extrem langen Öffnungszeiten" gegeben hat, wie Mahlmann sagt. Hinzu kommt die Möglichkeit, seiner Spielfreude auch verstärkt im Internet nachzugehen, während gleichzeitig die öffentlich-rechtlichen Casinos durch einen neuen Glücksspiel-Staatsvertrag zahlreiche Einschränkungen hinnehmen mussten.

Vor allem beim Automatenspiel haben die Spielbanken eine starke Abwanderung von Rauchern verspürt. Die Erfahrung lehrt nun mal, dass beispielsweise ein Spieler am sogenannten einarmigen Banditen gerne sein Bier und seine Zigaretten in Griffweite hat. Doch warum der Zocker häufig auch Raucher ist, darüber gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. "Uns sind keine Untersuchungen darüber bekannt", heißt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Der Berliner Diplom-Psychologe Klaus Mucha, der selbst schon in einer Suchtklinik gearbeitet hat, sieht hier ebenfalls keinen zwangsläufigen Zusammenhang. "Es ist doch eher so, dass jemand mit dem Rauchen anfängt, und später kommt dann die Spielleidenschaft hinzu. Beides bereitet ihm Vergnügen, weshalb er auch beim Spiel nicht auf die Zigarette oder die Zigarre verzichten will", sagt Mucha. Auch die Statistik, welche die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen herausgibt, gibt zur Klärung dieser Frage nichts Eindeutiges her. Vielmehr ist bei krankhaften Glücksspielern die Kombination mit Tabak nicht das Hauptproblem, es sind eher andere und härtere Drogen als Nikotin. "Es bringt auch nichts", sagt Psychologe Mucha, "wenn ein Spieler glaubt, sich durch den tiefen Zug an der Zigarette beruhigen zu können." Ein tiefer Atemzug wäre da hilfreicher.

Dennoch: Die deutschen Casinos bemühen sich trotz der strengen Regelungen zum Schutz der Nichtraucher die Raucher zurückzuholen. In Nordrhein-Westfalen ist es sogar wieder erlaubt, am Spieltisch zu rauchen, wenn entsprechende Klimatechnik für eine quasi rauchfreie Atmosphäre sorgt. Doch alle Betreiber sind sich einig: Gäste, die man einmal an andere Einrichtungen verloren hat, gewinnt man nicht so leicht zurück. In Bayern ist der Einnahmeausfall so massiv, dass der Freistaat den einst lukrativen Spielbanken 2011 sogar Geld zuschießen muss.

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Quelle:
SZ vom 28.01.2011/mel
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