Spendenstreik der Banker:Obama bittet zum Dinner

Durch seine Finanzreform hat Barack Obama viele Banker vergrault - sie treten in einen Spendenstreik gegen ihren einstigen Darling. Die Demokraten reagieren mit sündhaft teuren Spenden-Dinners. Doch viele erscheinen nur, um sich zu beschweren.

Moritz Koch, New York

Wahrscheinlich hatte Barack Obama Dankbarkeit erwartet. Er war es, der sich Ende März 2009, auf dem Höhepunkt der öffentlichen Wut über die Gier der Geldelite, bei einem Krisengipfel im Weißen Haus schützend vor die Chefs der Wall Street stellte und sagte: "Nur meine Regierung steht zwischen euch und den Mistgabeln."

Spendenstreik der Banker: Gala-Dinner der Demokraten: Die Banker zahlen viel dafür, doch viele kommen nur, um sich zu beschweren.

Gala-Dinner der Demokraten: Die Banker zahlen viel dafür, doch viele kommen nur, um sich zu beschweren.

(Foto: ag.ap)

Eineinhalb Jahre später zahlen die Finanzkonzerne zum Dank für die präsidiale Rückendeckung und die milliardenschweren Staatshilfen fleißig in die Kassen der konservativen Opposition. Vor den Kongresswahlen im November sind Obamas Demokraten in der Defensive. Also reiste der Präsident am Mittwoch nach New York. Spendensammeln in gehobenen Kreisen stand auf dem Programm.

Zwei Abendveranstaltungen hat das Democratic National Committee geplant, die eine im Haus der Vogue-Chefredakteurin Anna Wintour, die andere im Four Seasons Hotel. Mit jeweils 50 Gästen waren beide Dinner ausverkauft, satte 30.400 Dollar kostete ein Ticket - der Höchstbetrag, den Privatleute an politische Parteien spenden dürfen.

Kühler Empfang

Dennoch musste sich der Präsident auf einen kühlen Empfang einstellen. Viele Banker, so war zu hören, wollten nur kommen, um sich zu beschweren. Zwar hat die Wall Street wegen der massiven staatlichen Unterstützung die Krise in Rekordzeit hinter sich gebracht.

Die Branchenführer Goldman Sachs und JP Morgan Chase erwirtschafteten schon im vergangenen Jahr wieder zweistellige Milliardengewinne. Doch die Banker verübeln Obama die Finanzreform, die lukrative Regulierungslücken schließen soll. Und sie haben nicht verwunden, dass er sie als "Bonzen" gegeißelt hat.

Also wendet sich die Finanzindustrie den oppositionellen Republikanern zu. Beispiel Goldman Sachs: 1,5 Millionen Dollar haben die Investmentbank und ihre Angestellten für den Wahlzyklus 2010 gespendet. 53 Prozent der Summe ging an die Republikaner, nur 46 Prozent an die Demokraten.

Noch deutlicher äußern sich die politischen Präferenzen bei der Bank of America, die 60 Prozent ihrer Spenden den Republikanern und bloß 39 Prozent den Demokraten überweist. Die Liste ließe sich fortführen. Nur kleinere Investmentgesellschaften halten den Demokraten die Treue.

Ungünstiger Zeitpunkt

Dabei hatte Obama sein Amt als Darling der Finanzindustrie angetreten. Vor den Wahlen 2008 trieb er an der Wall Street die Rekordsumme von 15 Millionen Dollar ein. Auch die demokratische Partei profitierte von der Spendierlaune der Banker.

Fünf der zehn Top-Spender des Wahlzyklus 2008 waren Wall-Street-Firmen. Dieses Mal findet sich nur eine unter den ersten Zehn. Der Spendenstreik der Banker trifft die Demokraten zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die Partei muss im November ihre Mehrheiten im Kongress verteidigen, und braucht dafür dringend Geld.

Doch erst durch ein Urteil des Supreme Court erhalten die Spannungen zwischen Regierungslager und Finanzindustrie ihre volle Brisanz. Die konservative Mehrheit am Obersten Gerichtshof entschied zu Jahresbeginn, dass Unternehmen die Wahlwerbung von Interessengruppen in unbegrenzter Höhe finanzieren dürfen. Warnungen, die Finanzkraft der Konzerne könne die Demokratie korrumpieren, wurden beiseitegewischt.

Die Demokraten versuchen die Konsequenzen des Urteils zu begrenzen, indem sie Interessengruppen verpflichten wollen, ihre Geldgeber zu nennen. Doch die Republikaner blockieren das Gesetz. Sie wissen: Wahlkampfspots könnten nach hinten losgehen, wenn die Wähler erfahren würden, dass die Wall Street sie bezahlt.

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