Spekulantensteuer:Angriff auf das "Komasaufen" an Finanzmärkten

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Die Minister Steinmeier und Steinbrück fordern eine neue Steuer - um die Finanzindustrie an den Kosten der Krise zu beteiligen.

Claus Hulverscheidt

Die SPD will eine milliardenschwere globale Finanzmarktsteuer einführen, um Banken, Versicherungen und Investmentfonds an den Kosten der Weltwirtschaftskrise zu beteiligen und die Spekulation einzudämmen. Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und Finanzminister Peer Steinbrück sagten der Süddeutschen Zeitung, auch in der Wirtschaft müsse das Verursacherprinzip gelten."

Die Kosten der Krise dürfen am Ende nicht allein bei kleinen und mittleren Steuerzahlern hängenbleiben", betonte Steinmeier. Steinbrück sagte, das "Komasaufen" auf den Finanzmärkten müsse beendet werden. Die Höhe der Steuerlast soll sich nach dem Wert der verkauften Papiere richten, das globale Aufkommen dieser Art Umsatzsteuer könnte im dreistelligen Milliardenbereich liegen.

Steinbrück kündigte an, die Idee auch beim bevorstehenden Treffen der Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) zur Sprache zu bringen. Das Thema einer "gerechten Lastenverteilung" zwischen Banken und Steuerzahlern gehöre auf die Tagesordnung des Gipfels in Pittsburgh.

Radikaler Kurswechsel

Zudem müssten alle G-20-Staaten die Einführung einer Finanzmarktsteuer mitmachen, da sonst die Banken einfach ihre Aktivitäten vom einen ins andere Land verlegen könnten. Allerdings ist fraglich, ob Steinbrück auf die Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zählen kann. Sollte das nicht der Fall sein, dürfte die SPD ihren Vorschlag zum Thema im laufenden Bundestagswahlkampf machen.

Mit ihrem Vorschlag vollzieht die SPD im Verhalten gegenüber Spekulanten einen radikalen Kurswechsel. Steinmeiers und Steinbrücks Konzept orientiert sich am Modell der sogenannten Tobin-Steuer, deren Einführung vor allem Globalisierungskritiker seit Jahrzehnten fordern. Union und SPD hatten die Idee dagegen regelmäßig als untauglich zurückgewiesen. Urheber des Gedankens ist der amerikanische Ökonom und Nobelpreisträger James Tobin, der 1972 die Einführung einer Umsatzsteuer auf Devisengeschäfte vorgeschlagen hatte, um "Sand ins Getriebe" der Finanzmärkte zu streuen. Steinmeier und Steinbrück wollen dieses Konzept nun auf praktisch alle Finanzprodukte von Aktien über Devisen und Anleihen bis hin zu hochriskanten Zockerpapieren ausdehnen.

Um durch die Steuer nicht auch volkswirtschaftlich sinnvolle Finanzgeschäfte über Gebühr zu belasten, wollen die SPD-Minister den Steuersatz auf 0,05 Prozent begrenzen. Da jeden Tag weltweit Finanzprodukte in kaum noch vorstellbaren Größenordnungen gehandelt werden, ergäben sich nach Berechnungen des renommierten Wifo-Instituts in Wien dennoch jährliche Einnahmen in Höhe von bis zu einem Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Für Deutschland rechnen Steinmeier und Steinbrück entsprechend mit zehn bis 20 Milliarden Euro. "Das würde die Bürgerinnen und Bürger massiv entlasten", erklärten sie.

Sollten die G-20-Partner die Idee ablehnen, will die SPD zunächst eine Börsenumsatzsteuer allein in Deutschland einführen. Sie hätte allerdings im Vergleich zur globalen Transaktionssteuer erhebliche Nachteile: So könnten Banken ins Ausland abwandern, auch lägen die Einnahmen eher bei zwei bis drei Milliarden Euro. Zudem würden gerade die Geschäfte, die die jüngste Krise ausgelöst hatten, von der Steuer nicht erfasst.

© SZ vom 11.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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