Sparen in der Krise:Wie schützen wir unser Geld?

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Börsen beben, Banken wanken, Staaten straucheln: Viele Bürger haben Angst, ihr teilweise über Jahrzehnte geschaffenes Vermögen zu verlieren. Was sie jetzt tun können, um das Ersparte zu retten.

Der Tag für den Sturm auf die Banken wird in diesem Jahr der 28. Oktober sein. Dann rennen sie wieder in die Schalterhallen, die Augen leuchtend, das Sparschwein unter dem Arm - und warten darauf, dass ihnen der freundliche Angestellte hinter dem Banktresen das Geld abnimmt. Denn an diesem Tag ist Weltspartag - und tausende Kinder bringen das Ersparte zur ihrem Kreditinstitut. Dort, so lernen sie alle schon von ganz klein an, ist ihr Geld sicher.

Viele Sparer fragen sich: Wie können sie ihr Vermögen sichern? (Foto: h1-daxl.de)

Doch ist es das wirklich? "Wenn die Anleger seit der Finanzkrise eines gelernt haben sollten, dann dass es eben keine Sicherheit mehr gibt - vor allem nicht bei der Geldanlage", sagt Tom Friess, Chef der unabhängigen Finanzberatung VZ-Vermögenszentrum.

Man darf davon ausgehen, dass den meisten Anlegern das mittlerweile schmerzlich bewusst geworden ist. Wankende Banken, klamme Staaten, abstürzende Aktienmärkte: Das alles hat die Sparer immens verunsichert.

"Zerbricht der Euro? Gibt es eine Währungsreform? Ist mein Geld auf der Bank noch sicher? Das sind die Fragen, die viele Anleger schon seit Monaten umtreiben", meint Friess.

Die Folge: Viele Sparer sind vor Angst buchstäblich gelähmt. "Die wenigsten wissen, was sie mit ihrem Geld tun sollen", berichtet Constanze Hintze, Chefin der Finanzberatung Svea Kuschel und Kollegen. Viele lassen es monate- oder gar jahrelang auf Tages- oder Festgeldkonten liegen. Sie wiederholen damit genau jenes Verhaltensmuster, das sie schon als Kind gelernt haben, damals beim Weltspartag: Auf dem Sparbuch ist mein Geld sicher - wenigstens das.

Die Dauerkrise an den Finanzmärkten stellt diese Gewissheit zunehmend in Frage. Wie aber sonst kommt man mit seinem Vermögen am besten durch die Krise? Die SZ zeigt Wege auf, wie Anleger ihr Geld vor den Turbulenzen an den Finanzmärkten schützen können.

In den Köpfen der meisten Anleger gelten Festgeld oder Tagesgeld als Inbegriff der Sicherheit. Auch der deutsche Bankenverband betonte am Dienstag: "Die Einlagen der Sparer, der kleine Leute, sind absolut sicher."

Tatsächlich? "Das Risiko wird bagatellisiert", meint Anlageexperte Tom Friess. Denn zwar sichert der Staat die Bankeinlagen jedes Sparers mit 100.000 Euro ab. Hinzu kommt dann noch die freiwillige Einlagensicherung der Geldhäuser, die oft ein Vielfaches davon beträgt.

Doch selbst der Bankenverband räumt ein, dass bei einer großen Pleite der Einlagensicherungsfonds der Banken kapitulieren müsste. Und was der Staat bei einem Systemkollaps stemmen könnte - das müsste sich erst noch zeigen.

Für Anleger empfiehlt sich daher eine Streuung in zweierlei Hinsicht. Sparer, die mehr als 100.000 Euro in Festgeld oder Tagesgeld anlegen möchten, sollten die Mittel auf mehrere Banken verteilen. So nutzt man auch die gesetzliche Einlagensicherung mehrfach aus.

Zum anderen gilt: "Das Vermögen auch auf andere Anlageklassen streuen", meint Constanze Hintze, "seien es Versicherungen oder auch Aktien."

Gleich mehrere Abstürze und fast täglich extreme Kursschwankungen - wer zurzeit auf Aktien setzt, braucht starke Nerven. Und doch sehen viele Experten die Papiere derzeit als gute Geldanlage. "Wann, wenn nicht jetzt, soll man Aktien kaufen?", meint Beraterin Hintze.

Hintergrund: Aktien sind ein Sachwert, man erwirbt damit einen Teil eines Unternehmens. In der Währungskrise keine schlechte Idee - zumal die Kurse jetzt niedrig sind. Im besten Fall werfen die Papiere sogar eine gute Dividende ab. Wer Aktien oder Aktienfonds habe, von denen er überzeugt sei, sollte sie in der Krise halten. "Womöglich sogar zukaufen", meint Hintze.

Vermögensberater Friess ist ähnlicher Meinung: Er rät zu Werten, die hohe Dividenden abwerfen. Meiden sollten Anleger Bankaktien. Deren künftige Gewinnsituation ist höchst ungewiss. Um das Risiko gering zu halten, bieten sich breit gestreute internationale Aktienfonds an.

Anlegern muss aber klar sein: Auch da sind in der jetzigen Situation Kurseinbrüche möglich. Aktienkäufer sollten daher einen langen Zeithorizont mitbringen. "Zehn bis 15 Jahre sind durchaus normal", meint Friess.

Nirgends sonst hat die Euro-Krise die Geldanlage-Welt derart gespalten wie bei Staatsanleihen. Anleger etwa, die noch Griechenland-Anleihen besitzen, können sich darauf einstellen, dass sie dafür bald nur noch die Hälfte oder gar 40 Prozent des Wertes bekommen - je nachdem, wie groß der Schuldenschnitt für das Land ausfällt; denn der rückt immer näher.

Auch wer Schuldscheine der Wackelkandidaten Portugal, Irland, Spanien oder Italien im Depot hat, sollte sich auf Verluste einstellen. Denn bei einer Pleite Athens wird die Stabilität dieser Länder ebenfalls in Frage gestellt. Deswegen gilt auch für Rentenfonds, in denen es hohe Anteile dieser Länder gibt: eher verkaufen denn halten.

Ganz anders steht es hingegen um Länder mit guter Bonität, insbesondere Deutschland. Dort sind Staatsanleihen gefragt wie noch nie. Was nicht heißt, dass diese Papiere risikolos sind. Denn wenn in Deutschland Banken wackeln und der Staat einspringen muss, kann darunter selbst das deutsche Rating leiden.

Bislang freilich ist das sehr unwahrscheinlich. Deswegen gilt fürs erste bei Anleihen noch: tausche Zitterstaaten gegen Deutschland.

Wer den Sommer genutzt hat, um Gold zu kaufen, der weiß, wie sehr Schwankungen an den Rohstoffmärkten weh tun können. Im August und selbst im September noch erreichte der Preis für eine Unze Gold die Marke von 1900 Dollar. Heute liegt der Kurs unter 1700 Dollar - ein erster dicker Dämpfer für die Krisenwährung.

Es ist zwar gut möglich, dass die Notierungen noch einmal zu alten Höhen zurückkehren. Das sollte Anleger aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Gold - wie auch andere Edelmetalle wie etwa Silber - selbst in Krisenzeiten ein höchst heikles Investment ist.

Zum einen wirft es keinerlei Dividende ab. Zum anderen gibt es mit Staaten und Notenbanken einige wenige, sehr große Marktteilnehmer, die den Preis mit ihrem Kauf oder Verkauf schnell beeinflussen können.

Wer Gold besitzt, sollte es daher in der Krise zwar behalten. Vom Kauf jedoch raten viele Experten mittlerweile ab - nicht zuletzt, weil die Staaten möglicherweise doch langfristig aus der Krise lernen. Fahren sie dauerhaft ihre Schulden zurück, stärkt dies das Vertrauen in Währungen wie den Euro - und entzieht der Alternativwährung Gold den Boden.

Es ist ein doppeltes Risiko, das Zertifikate-Käufer eingehen: Denn sie wetten nicht nur auf die Entwicklung von Aktien, Anleihen oder Rohstoffpreisen, die den Zertifikaten zugrunde liegen. Hier gilt heute wie zu allen Zeiten der Merksatz: "Kaufe nicht, was du nicht verstehst."

Eine weitere Wette, die der Zertifikate-Investor eingeht, ist die auf das Überleben der ausgebenden Bank. "Emittentenrisiko" wird der Passus in den Prospekten genannt, der darauf hinweist, dass ein Zertifikat nichts anderes ist, als eine Schuldverschreibung der Bank.

Lange wurde diese Feinheit nicht allzu ernst genommen. Doch mit der Lehman-Pleite 2008 wurde aus dem Risiko bittere Realität: Tausende Anleger verloren ihre Ersparnisse. Umso erstaunlicher, dass heute schon wieder fast so viel deutsches Geld in Zertifikaten steckt, wie zu Zeiten vor Lehman.

Und mit der Schuldenkrise geht auch das Gespenst der Bankenpleite wieder um. Umso wichtiger wird es für Zertifikate-Inhaber, die Bonität ihrer Bank zu kennen. Derzeit ist es etwa interessant, wie stark eine Bank in problematische Staatsanleihen von Euro-Schuldenländern engagiert ist.

Immobilien galten mal als Inbegriff von Sicherheit und Werterhalt - und angesichts der Turbulenzen in der Euro-Zone stecken erneut viele Menschen ihr Geld in Häuser und Wohnungen. Aber was würde eine erneute Bankenkrise für sie bedeuten? Da sind zunächst die Eigenheimbesitzer. "Die Baufinanzierung wird teurer werden", sagt Klaus Fleischer, Bankenexperte an der Hochschule München. Denn die Verluste, die die Finanzinstitute erleiden, müssten durch höhere Einnahmen in anderen Bereichen ausgeglichen werden.

Fleischer rät deshalb insbesondere verschuldeten Immobilienbesitzern, die in absehbarer Zeit eine Anschlussfinanzierung benötigen, ein Forward-Darlehen abzuschließen - also einen Kredit, der die aktuell noch günstigen Konditionen nützt, dessen Laufzeit aber erst in Monaten oder Jahren beginnt. Gleiches gelte für Menschen, die demnächst bauen oder kaufen möchten.

Genau diese Entscheidung sollte aber gut überlegt sein, meint Frank Pauli vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. "Die Menschen müssen bedenken, dass sie sich mit einer Immobilie langfristig verschulden. Sie sollten also genau überlegen, wie sicher auch ihre eigene Einkommenssituation im Fall einer Krise ist", sagt Pauli. Andernfalls könne der Versuch, das eigene Geld vor den Turbulenzen der Weltwirtschaft zu retten, schnell in einer existenzbedrohenden Verschuldung enden.

Ähnliches gilt für Menschen, die zwar kein Eigenheim erwerben, aber mit Immobilien oder Immobilienfonds ihr Vermögen sichern wollen: Überhastete Entscheidungen können teuer werden.

Lebensversicherungen, da bestand für die Deutschen lange kein Zweifel, sind sicher. Aber - ist das auch wahr? "Griechische Staatsanleihen machen nur ein halbes Prozent der Kapitalanlagen deutscher Versicherer aus", sagt Daniela Röben vom Gesamtverband der Versicherer; das hieße also wohl: Ja, ist wahr. Erstmal zumindest.

Würde sich die wirtschaftliche Lage so weit zuspitzen, dass tatsächlich ein deutscher Versicherer insolvent geht, was bisher erst ein Mal vorgekommen ist, dann übernähme zudem eine Auffanggesellschaft alle laufenden Verträge, Protektor heißt sie. Nur wenn ihre Mittel - es sind rund 660 Millionen Euro - nicht mehr ausreichen, etwa, weil zu viele Gesellschaften auf einmal einknicken, besteht für Kunden die Gefahr, eingezahlte Beiträge zu verlieren.

Tom Friess, Chef des VZ Vermögenszentrums, hält ein solches Szenario zur Zeit aber für höchst unwahrscheinlich. Mag sein, dass manch ein Versicherer wegen der Finanzkrise schlechter wirtschaftet oder gar Verluste schreibt. "Das heißt für die Kunden aber erst einmal nur, dass ihre Überschussbeteiligung sinkt", sagt Friess; sie wird jedes Jahr von den Unternehmen festgelegt und kann bis auf Null zurück gehen. Der Garantiezins steht Verbrauchern aber weiterhin zu.

Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg warnt davor, Lebensversicherungen wegen der Euro-Krise überstürzt zu kündigen. "Wer frühzeitig aus seinem Vertrag aussteigt, bekommt nur einen Rückkaufswert ausbezahlt", sagt sie - und der liegt fast immer deutlich unter den eingezahlten Beiträgen.

Texte: Simone Boehringer, Malte Conradi, Alina Fichter, Andreas Jalsovec und Angelika Slavik

© SZ vom 12.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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