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Sondertreffen zur Situation in der Euro-Zone:Deutschland sperrt sich gegen EU-Krisengipfel

Griechenland, Italien, Irland - in vielen Euro-Staaten spitzt sich die Lage dramatisch zu. Die Finanzmärkte erwarten von der Politik ein eindeutiges Signal. Führende Vertreter der Europäischen Union plädieren deshalb für einen Sondergipfel. Doch die Bundesregierung ist dagegen - und sendet widersprüchliche Signale.

und Nikolaus Piper

Die Europäische Union streitet um den richtigen Weg aus der Schuldenkrise. Die Bundesregierung sperrt sich gegen die Forderung einiger Länder, kurzfristig einen außerplanmäßigen EU-Gipfel einzuberufen. "Gegenwärtig gibt es keine konkreten Pläne für einen Sondergipfel", sagte eine Regierungssprecherin in Berlin. Länder wie Spanien und Großbritannien, aber auch die EU-Kommission dringen auf ein schnelles Treffen.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy erwägt, einen EU-Sondergipfel einzuberufen, um Auswege aus der Krise zu beschließen. Es gehe darum, den Euro-Krisenfonds EFSF aufzurüsten und sich darüber zu einigen, wie und in welchem Umfang private Banken und Versicherer zum Abbau der griechischen Schulden beitragen können, sagte eine Sprecherin von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Die Behörde stehe einem Sondergipfel aufgeschlossen gegenüber. "Das gehört zu den Dingen, die wir diskutieren", sagte sie. Man versuche, den richtigen Termin zu finden.

Hintergrund ist die Sorge, dass die griechische Schuldenkrise auf ganz Europa überschwappen könnte. Den Euro-Finanzministern war es am vergangenen Montag erneut nicht gelungen, ein zweites Hilfspaket für Griechenland zu schnüren. Ursprünglich sollte das Paket schon am 3. Juli beschlossen werden. Zusätzliche Nervosität löste Italien aus, das wegen innenpolitischer Querelen vorübergehend ins Visier der Märkte rückte.

Aus Berlin verlautete, es sei jetzt nicht nötig, einen Gipfel einzuberufen. Italiens Premier Silvio Berlusconi habe zugesagt, schneller als bisher geplant ein 40-Milliarden-Euro-Sparpaket umzusetzen. Und Griechenland benötige bis September kein neues Geld mehr. Hingegen fordert London ein rasches Treffen. Die Euro-Länder müssten "jetzt detailliert erklären, mit welchen Instrumenten sie die Krise bewältigen wollen", sagte Schatzkanzler George Osborne am Mittwoch in London. Jetzt müsse entschieden werden, wie ein Überschwappen der griechischen Krise verhindert werden könne. Eine schnelle Entscheidung forderte auch Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero.

Aus dem Élysée-Palast in Paris verlautete am Mittwoch, Präsident Nicolas Sarkozy unterstütze solche Treffen, wenn sie notwendig seien. Es sei jedoch nicht möglich, noch in dieser Woche einen Termin zu finden. Irlands Ministerpräsident Enda Kenny kritisierte die neuen Pläne der Euro-Partner. Seine Regierung sei frustriert darüber, wie die EU mit Griechenland und den Folgen für andere Länder wie Irland umgehen will. Am Dienstag stufte die Ratingagentur Moody's Irland erneut herab, weil das Land wahrscheinlich ein zweites Rettungspaket benötige. "Moody's hat kein Problem mit Irland", sagte Kenny. "Irland hat ein Problem mit Europa."

Der Internationale Währungsfonds (IWF) verlangte am Mittwoch von den europäischen Regierungen vor allem Klarheit. Die anhaltende öffentliche Debatte darüber, wie die Hilfen für klamme Länder aussehen und wie der Privatsektor beteiligt werden sollen, seien ein "schwerwiegendes Problem für die Vertrauensbildung". Der IWF befürwortet, private Gläubiger an einem Schuldenerlass für Griechenland zu beteiligen. Weil dies das Kreditrating Athens beeinträchtigen werde, sei es aber nötig, dass die Europäer die Liquidität des Landes für den Notfall sicherten. Der IWF werde Griechenland weiter finanzieren, sagte Poul Thomsen, Delegationsleiter des IWF in Griechenland.

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SZ vom 14.07.2011/hai
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