Süddeutsche Zeitung

Sonderdividende trotz Stellenabbau gefordert:Hedge-Fonds erpressen Cewe Color

Bei Europas größtem Fotoentwickler gibt es einen Machtkampf zwischen Finanzinvestoren und Management.

Martin Hesse

Erneut kommt es bei einem bekannten deutschen Unternehmen zu einer Auseinandersetzung zwischen Finanzinvestoren und Management. Der größte europäische Fotoentwickler, Cewe Color, teilte am Dienstag mit, die Hedge-Fonds M2 Capital Management und K Capital Partners wollten Management und Aufsichtsrat stürzen und eine Sonderausschüttung erzwingen. Vorstandschef Rolf Hollander warf den Finanzinvestoren Erpressung vor. Die beiden amerikanischen Hedge-Fonds waren für Stellungnahmen am Dienstag nicht zu erreichen.

Familie stützt Vorstand

Finanzinvestoren haben sich in den vergangenen Jahren verstärkt in deutsche Unternehmen eingekauft. Während Private-Equity-Gesellschaften wie die Texcas Pacific Group, die nach dem Kauf des Armaturenherstellers Grohe in die Kritik geriet, Firmen meist ganz übernehmen und außerhalb der Börse führen, gehen Hedge-Fonds wie M2 Capital oder TCI meist nur Minderheitsbeteiligungen ein. In der Regel kaufen sie Aktien, die sie für unterbewertet halten, und warten passiv auf eine bessere Entwicklung. Zuletzt gewannen jedoch auch in Deutschland sogenannte Shareholder Activists an Einfluss. Sie üben über ihre Beteiligung Druck auf Management und Aufsichtsrat aus, um ihre Ziele zu erreichen. So gelang es vor knapp zwei Jahren einer Gruppe von Hedge-Fonds um TCI, Vorstandschef und Aufsichtsratschef der Deutschen Börse zu stürzen und die Übernahme der Londoner Börse zugunsten einer hohen Ausschüttung abzuwenden.

Ähnliches führen nun offenbar die Hedge-Fonds M2 Capital mit Sitz in New York und K Capital aus Boston bei Cewe Color im Schilde. Nach Angaben des Unternehmens drängen die Hedge-Fonds auf eine Sonderdividende von 37 bis 120 Millionen Euro, obwohl bei Cewe Color Umsatz und Gewinn schrumpfen. Das Eigenkapital beläuft sich auf 113 Millionen Euro. Um die Ausschüttung finanzieren zu können, soll Cewe neue Schulden machen. Diese bei Finanzinvestoren verbreitete Praxis hatte SPD-Chef Franz Müntefering im Jahr 2005 dazu veranlasst, Hedge-Fonds und Beteiligungsfirmen mit Heuschrecken zu vergleichen, die Firmen ausnehmen und geschwächt zurücklassen. Die Finanzinvestoren argumentieren, wenn Fremdkapital billig sei und Unternehmen genügend finanzielle Reserven hätten, sei es legitim, die Verschuldung zu erhöhen um Geld an die Eigentümer auszuschütten.

Cewe Color leidet unter dem Erfolg der Digitalfotografie und dem rückläufigen Geschäft mit klassischen Bildern. Cewe-Color-Chef Rolf Hollander sagte, vergangenes Jahr seien 700 von 3700 Stellen abgebaut worden, 2007 solle das Werk in Berlin mit 70 Beschäftigten geschlossen werden. Cewe Color benötige Kapital für Investitionen und die Sicherung der verbleibenden Arbeitsplätze. "Mit mir wird es keine Sonderausschüttung geben, wenn zugleich Mitarbeiter entlassen und Sozialplanverhandlungen geführt werden", sagte Hollander.

M2 Capital hält nach Angaben von Cewe Color als zweitgrößter Einzelaktionär 8,97 Prozent an dem Unternehmen und hat sich mit K Capital verbündet, die 7,6 Prozent hält. Beide wollen in einer außerordentlichen Hauptversammlung vier von sechs Aufsichtsratsmitgliedern abwählen, dem Vorstand das Misstrauen aussprechen und eine Sonderdividende erzwingen. Verhindern soll dies der größte Aktionär bei Cewe Color: Die Erbengemeinschaft des Gründers Heinz Neumüller hält 27,1 Prozent am Grundkapital und steht laut Hollander hinter dem Management.

Nach Einschätzung von Beobachtern kommt es nun darauf an, ob es dem Management gelingt, die übrigen Aktionäre von den Wachstumschancen und dem Kurspotenzial Cewe Colors zu überzeugen. "Wenn das Management dies nicht schafft, könnten andere Anteilseigner auf die Idee kommen, sich den Hedge-Fonds anzuschließen und auf eine kurzfristige Ausschüttung zu drängen", sagt Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. 70 Prozent der Aktionäre sind institutionelle Anleger.

Unterstützung bekam das Cewe-Management am Dienstag von Analysten. "Die Zurückweisung der Forderung einer kreditfinanzierten Sonderausschüttung halten wir für sinnvoll", sagte Martina Noss, die Cewe Color für die NordLB analysiert. Um notwendige Investitionen zu finanzieren, sei ausreichendes Kapital unbedingt erforderlich. Die Cewe-Color-Aktie stieg bis Handelsschluss um 2,47 Prozent auf 35,25 Euro.

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SZ vom 31.1.2007
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