Société Générale in der Krise:"Meine Chefs haben bewusst weggesehen"

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Société Générale gerät massiv unter Druck: Die Börsenaufsicht leitet Ermittlungen ein, der Verdacht auf Insiderhandel erhärtet sich und Milliarden-Spekulant Kerviel beschuldigt seine Vorgesetzten.

Der nach dem Milliardenverlust der französischen Großbank Société Générale angeklagte Händler Jérôme Kerviel hat seinen Vorgesetzten Mitwissen und Komplizenschaft vorgeworfen, berichteten Medien.

Die Société Générale kommt nicht aus der Krise - da hilft auch die Zusagen der Regierung nichts, die Bank vor einer feindlichen Übernahme schützen zu wollen. (Foto: Foto: AP)

"So lange ich Gewinne gemacht habe, haben meine Chefs bewusst nicht hingesehen, unter welchen Bedingungen sie zustande kamen und mit welchen Summen ich gehandelt habe", sagte der 31 Jahre alte Kerviel nach den Aufzeichnungen der Ermittler, die die französische Website MediaPart am Dienstag veröffentlichte.

Es sei unwahrscheinlich, dass die Vorgesetzen den außergewöhnlich hohen Wert seiner Handelspositionen nicht gekannt hätten. "Mit kleinen Positionen hätte ich nicht solche Gewinne machen können", fügte er hinzu. Im Jahr 2007 hätte er 1,4 Milliarden Euro Gewinn gemacht.

Die französische Börsenaufsicht (AMF) leitete unterdessen Ermittlungen gegen die Société Générale ein. Sprecherin Christine Anglade ließ allerdings offen, ob dies im Zusammenhang mit dem Skandal um Fehlspekulationen steht.

Verlust von knapp fünf Milliarden Euro

Zuvor erhärtete sich der Verdacht des Insiderhandels gegen ein Verwaltungsratsmitglied der Bank: Kurz nach der Entdeckung der Milliardenspekulationen Kerviels verkaufte der aus den USA stammende Aufseher Robert A. Day Anteile an der französischen Bank .

Wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Aufstellung der französischen Börsenaufsicht AMF hervorgeht, veräußerte Day am 18. Januar Aktien im Wert von 40,5 Millionen Euro.

Dies war just an dem Tag, an dem laut Société Générale erstmals begründete Zweifel an den Geschäften Kerviels festgestellt wurden. Day, Chef der US-Investmentgruppe TCW, hatte bereits am 9. Januar Société-Générale-Aktien für 85,7 Millionen Euro verkauft. Am Montag hatte eine Gruppe von hundert Aktionären der Bank Klage wegen des Verdachts auf Handel mit Insiderwissen und Kursmanipulation eingereicht.

Kerviel hatte laut Société Générale am 19. Januar zugegeben, ungenehmigte Spekulationen getätigt zu haben, die sich auf 50 Milliarden Euro summierten. In den darauffolgenden Tagen verkaufte die Bank die Positionen und verbuchte wegen des schlechten Marktumfeldes einen Verlust von 4,9 Milliarden Euro.

Diesen gab sie am 24. Januar bekannt - zusammen mit einem weiteren Verlust von rund zwei Milliarden Euro, der durch die US-Immobilienkredite verursacht wurde.

Die Regierung in Paris will die französische Großbank angesichts dieser Summen vor einer möglichen feindlichen Übernahme schützen. Eine feindliche Übernahme werde nicht zugelassen, sagte Premierminister François Fillon am Dienstag in Paris. "Die Regierung ist allen Risiken, die die Société Générale destabilisieren könnten, gegenüber wachsam."

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/AP/Reuters/woja/mah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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