Skandalbank IKB:Bilanztrickser machten alles schön

Massive Vorwürfe: Die Mittelstandsbank IKB soll schon lange vor Ausbruch der Finanzkrise das schlechte Kerngeschäft durch bilanzielle Tricks geschönt haben.

Markus Zydra

Die IKB vergibt traditionell Kredite für mittelständische Unternehmen und für Immobilien. Das Geschäft in diesem Bereich sei schon im Jahr 2005 - also zwei Jahre vor dem Zusammenbruch der Düsseldorfer Bank - deutlich schlechter gelaufen, als es den Finanzmärkten kommuniziert wurde, sagte ein IKB-Insider der Süddeutschen Zeitung. "Das ist aber in der Bilanz durch verdeckte Quersubventionen sehr gut kaschiert worden", erklärte der Experte. Das Institut wollte zu den Vorwürfen keinen Kommentar abgeben.

Skandalbank IKB: Die IKB ist durch die US-Finanzmarktkrise in die Schieflage geraten.

Die IKB ist durch die US-Finanzmarktkrise in die Schieflage geraten.

(Foto: Foto: dpa)

Die IKB habe in ihrer Bilanz nicht ausgewiesen, wie wenig profitabel die Geschäftsfelder gewesen seien, sagt der Insider. So habe die Bank beispielsweise bilanziell einen Großteil der Risikokosten von 237 Millionen Euro nicht wie üblich den jeweiligen Sparten zugeordnet, also den Bereichen Firmenkunden, Immobilienkunden, strukturierte Finanzierung und Verbriefung. Stattdessen wurden die Risikokosten für das Kreditgeschäft fast ganz der Konzernzentrale zugeschlagen. Dies geht aus einer Tabelle auf Seite 186 des Konzerngeschäftsberichts 2005/2006 hervor.

Kerngeschäft nur wenig rentabel

Eine solche Maßnahme ist ungewöhnlich, denn die Konzernzentrale hat keine operativen Funktionen. Die Risiken für das Geschäft liegen normalerweise in den Geschäftsbereichen. Hätten die Bereiche ihre Risikokosten selbst voll getragen, wären sie ins Minus gerutscht.

Angesichts des schlechten Kerngeschäfts habe sich die IKB entschieden, in den Handel mit riskanten amerikanischen Immobilienkrediten einzusteigen. "Das ist der Grund, dass die US-Spekulationen diese gewaltige Dimension bekommen haben", berichtet der IKB-Insider. In einem Analystenbericht der Investmentbank Dresdner Kleinwort kam die Analystin Susanne Knips im August 2005 zu einem ähnlichen Ergebnis. "Das Kerngeschäft war wenig profitabel, doch das war damals eine absolute Minderheitsmeinung", sagt Knips, die heute bei der Dresdner Bank im Privatkundengeschäft arbeitet.

Die IKB konnte am 30.Juli 2007 nur durch milliardenschwere Kreditzusagen anderer Banken vor der Pleite gerettet werden. Die Rettungsaktion wurde unter der Obhut des Bundesfinanzministeriums, der Bundesbank und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) organisiert. Der damalige IKB-Vorstand trat bald darauf zurück, die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt seitdem gegen alle damaligen Mitglieder mit dem Verdacht auf Untreue und Verstoß gegen das Aktiengesetz. Die Ermittlungen sind schwierig, heißt es bei den Fahndern, weil Vorsatz nachgewiesen werden muss. Der damalige IKB-Vorstand und auch der Aufsichtsrat haben immer wieder betont, dass die Finanzkrise so nicht vorhersehbar war.

Am 19. April 2007 - knapp vier Monate vor seinem Abgang - trat der damalige IKB-Finanzvorstand Volker Doberanzke noch als Redner auf der Risk07 in Frankfurt auf, einer öffentlichen Fachveranstaltung zum Thema Risikomanagement. Doberanzke erläuterte in einer Präsentation, die der SZ vorliegt, wie die Mittelstandsbank unter anderem dank ihres Limitsystems alles im Griff habe.

Bei Limitsystemen handelt es sich um Computerprogramme, die sicherstellen sollen, dass die Bank auch schlimmste Marktverwerfungen überlebt und in ihrer Existenz nicht gefährdet wird. "Doch eine Limitierung der eingegangenen Risiken hat in der Praxis nicht stattgefunden, weil die IKB sonst nicht in diese Schieflage gekommen wäre", sagt Frank Romeike, Vorstand der Risk Management Association, einem Berufsverband der professionellen Risikomanager.

Limitsysteme reagieren, wenn Risiken sich bei einer Bank häufen, wenn also zu viel Geld in einem einzigen Land, einer bestimmten Branche oder eben wie bei der IKB in bestimmten Wertpapieren investiert worden ist. Die Computerprogramme funktionieren wie eine Ampel. "Wenn zu viel Geld in schlechten US-Häuserkrediten steckt, blinkt es gelb und dann rot", erklärt Romeike, "die IKB hat das Limitsystem entweder ignoriert oder es nur für die Finanzaufsicht pro forma installiert", so der Experte. Der damalige IKB-Finanzvorstand Doberanzke kam einer Bitte um Stellungnahme nicht nach.

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