Serviceportal zu Verträgen:Lotse durchs Fristengewirr

Nie mehr vergessen, die Bahncard abzubestellen: Das Start-up Vertragslotse.com verspricht seinen Kunden, das Kündigen von Verträgen abzunehmen - und schlägt sogar alternative Anbieter vor. Verbraucherschützer sind allerdings skeptisch.

Von Stephan Radomsky

Schon wieder vergessen die Bahncard zu kündigen? Oder den Handy-Vertrag? Praktisch jeder Verbraucher hat gleich mehrere sogenannte Laufzeitverträge im Aktenordner - und viele denken nicht rechtzeitig daran zu kündigen. Die Konsequenz: Der Vertrag verlängert sich, der Kunde zahlt notgedrungen weiter - und ärgert sich.

Das will sich das Berliner Start-up Vertragslotse.com zunutze machen. Das Unternehmen hilft auf seiner Internetseite, Verträge schnell zu kündigen, egal ob beim Fitnessstudio, der Versicherung, dem Telekom-Unternehmen oder dem Stromversorger. Nach eigenen Angaben umfasst die Datenbank insgesamt rund 3500 Unternehmen und wird weiter ergänzt. Portale, die Preise vergleichen und Verbrauchern Tipps geben, gibt es viele. Vertragslotse.com bietet zusätzlich an, die Verträge der Kunden zu verwalten.

"Der Hauptzugang der Nutzer ist bisher, dass sie einen bestimmten Vertrag kündigen wollen", sagt Gründer Jan Hendrik Ansink, der Gründer des Portals. Dafür muss ein Konto erstellt werden, zunächst nur mit Mail-Adresse und Passwort. "Die Nutzer haben also die Möglichkeit, auch anonym einen Account zu führen und erst einmal Vertrauen zu uns zu gewinnen."

Dann können Vertragsdetails wie Name, Anschrift und Kundennummer direkt in eine auf den Anbieter abgestimmte Briefvorlage eingetragen und direkt über die Webseite verschickt werden, kostenlos per Fax oder gegen Bezahlung per Brief oder Einschreiben. Es kann sogar eine Unterschrift hochgeladen oder erstellt werden, die unter der Kündigung steht. Die Versandbestätigung kommt dann per Mail. 15 000 solcher Kündigungen seien seit dem Start der Webseite im Mai so versandt worden.

Geld verdient das Portal über Provisionen

Das eigentliche Ziel des Unternehmens ist aber, dass die Kunden alle ihre Verträge mitsamt Anbieter und Laufzeit in ihrem Profil hinterlegen. Fehlen Details, recherchiert Vertragslotse.com diese auch. Dafür müssen aber deutlich mehr persönliche Informationen gespeichert werden. Dafür erinnert die Seite dann auch daran, wenn Kündigungsfristen ablaufen - und macht gleich Wechselangebote. So wollen die Vertragslotsen "das Werkzeug Nummer eins werden, damit man Überblick über seine Verträge hat", sagt Ansink. Der Service ist für Kunden gratis. Geld verdienen will die Firma durch Provisionen, wenn sie einen neuen Vertrag vermittelt.

Dieses Geschäftsmodell und die vielen Daten, die intensive Nutzer abgeben, machen Verbraucherschützer skeptisch. "Man legt schon viel von seinem Leben in die Hände eines Anbieters", warnt Georg Tryba von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Zudem zeige die Erfahrung, dass Spar-Versprechen mit Vorsicht zu genießen seien. "Kein Vergleichsportal ist wirklich lückenlos und umfassend."

Das Start-up versichert dagegen, dass Kunden von seinem Unternehmen dem Profit zuliebe nicht unnötig zu Vertragswechseln gedrängt werden. "Wir wollen eine langfristige Kundenbeziehung. Deshalb hat es für uns gar keinen Sinn, Schindluder mit den Daten zu treiben oder für eine einmalige Provision das Falsche zu verkaufen", sagt Ansink. "Ich verkaufe einem Kunden lieber viermal Produkte mit einer niedrigen Provision, und er ist zufrieden, anstatt einmal richtig Kasse zu machen und den Nutzer dafür zu verlieren." Zudem seien die Vertragslotsen von keinem Anbieter abhängig und die Datensicherheit dadurch gewährleistet, dass alle Angaben auf Servern in Deutschland lagern und die gesamte Webseite verschlüsselt ist.

Dennoch sollten sich Nutzer nicht allzu sehr auf einen Dienst verlassen, um ihre Verpflichtungen im Griff zu behalten, sagt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Natürlich wünscht sich jeder, dass ihm die lästige Arbeit mit den Verträgen abgenommen wird" - das ausgefeilteste Angebot nutze aber wenig, wenn es eingestellt wird. Dann verlängern sich die Bahncard oder der Handy-Vertrag schnell doch wieder - und der Kunde ärgert sich am Ende erneut.

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