Serie "Einrichten" (21):Minimalismus ist ein guter Stilberater

Schlicht und zeitlos statt bunt und überladen: Eine internationale Designer-Riege verfährt nach dem Motto "weniger ist mehr".

Rüdiger Jordan

Minimalisten mögen keine Schnörkel. Sie reduzieren Häuser, Räume und Möbel auf das Wesentliche, lassen überflüssige Elemente weg und vereinfachen Formen und Strukturen so weit, bis eine möglichst klare Gestalt gefunden ist. Das bedeutet nicht zwangsläufig leere Räume, kahle Wände oder monotone Möbel.

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Auf Überflüssiges und Aufdringliches zu verzichten muss nicht kühl wirken: Sessel "Byron" in Nussbaum.

(Foto: Foto: e15)

Minimalisten bevorzugen übersichtlich gestaltete Räume, eine zurückhaltende Ausstattung und gut proportionierte, schlichte Möbel mit natürlichen Oberflächen.

Der Minimalismus in Architektur und Design hat viele Wurzeln. Schon im Biedermeier gibt es erste Ansätze, Wohnungen und Möbel einfacher zu gestalten. Anfang des 20. Jahrhunderts bestimmt die Neue Sachlichkeit zunehmend Architektur, Design und Kunst.

Fassade ohne Ornamentik - früher undenkbar

1910 baut der Wiener Architekt Adolf Loos ein Haus mit einer Fassade ohne jede schmückende Ornamentik - damals etwas Unvorstellbares - und entfacht damit einen lange andauernden Streit in der Öffentlichkeit.

Wenig später in der Zeit des Bauhauses entwickelt Mart Stam den ersten freischwingenden Stuhl aus Stahlrohr, mit hölzerner Sitzfläche und Lehne. Möbel werden inzwischen wie andere Gebrauchsgegenstände industriell hergestellt, so dass die Vereinfachung nicht nur ästhetische, sondern auch produktionstechnische Gründe hat.

In den sechziger Jahren entsteht in Amerika die "Minimal Art" mit formal einfach erscheinenden Kunstwerken wie beispielsweise den gleichmäßig angeordneten, einfarbigen Kuben des Künstlers Donald Judd.

Impulse aus China und Japan

Auch die chinesische und japanische Design-Geschichte liefert Anregungen für Gestalter. Gerade zeigt die Münchner Pinakothek der Moderne chinesische Möbel aus dem 18. Jahrhundert, die sich durch ihre geometrische und schmucklose Form auszeichnen.

Traditionelle japanische Häuser beeindrucken durch räumliche Schlichtheit, fließende Übergänge zwischen Innen- und Außenräumen und die Verwendung natürlicher Materialien mit naturbelassenen Oberflächen.

Minimalismus ist ein guter Stilberater

Wer seine Wohnung nach dem Vorbild der Minimalisten gestalten will, kann in einer Altbauwohnung beispielsweise die Tapeten entfernen und die fein gekörnten, leicht unregelmäßigen Putzstrukturen zum Vorschein bringen. Parkettböden, die Patina angesetzt haben, müssen nicht immer abgeschliffen werden, da sie natürlicher aussehen als ein glänzender Holzboden ohne jeden Kratzer.

Wandfarben sollten optisch zurücktreten

Wird ein neuer Boden verlegt, greift man besser auf heimische Holzarten mit natürlicher Oberfläche zurück, wie etwa Eiche. Fällt die Wahl aus Kostengründen auf ein Laminat, sollte die Oberfläche nicht zu stark spiegeln.

Wandflächen sollten nicht durch Farbigkeit auffallen, ebenso wenig wie Vorhänge, Teppichböden oder Teppiche, soweit sie überhaupt nötig sind. Türen und Fensterrahmen kann man in der gleichen Farbe wie die Wände streichen, so dass sie optisch zurücktreten. Das gilt auch für die Front eines Einbauschranks. Ein unauffällig gestalteter Einbauschrank kann mehrere andere Möbel ersetzen, so dass er die Wohnung insgesamt großzügiger und ruhiger wirken lässt.

Ein paar Möbel dürfen schon sein

Auf eine lose Möblierung soll man natürlich nicht verzichten. Einfache, zeitlos geformte Betten aus massiven Hölzern wie europäischer Eiche mit geölter, natürlich anmutender Oberfläche, stellt beispielsweise die Firma e15 her. Bis ins kleinste Detail perfekt gestaltet ist der Schrankcontainer von Wellis.

Neun einzelne Schubladen aus Nussbaum mit gezinkten Eckverbindungen sind übereinander in einem transparenten, turmähnlichen Gehäuse angeordnet. Schränke und Regale von Porro sind in Form und Gestalt so weit reduziert, dass ein Weniger nicht mehr vorstellbar ist.

Die Tradition der Minimalisten lebt

Solide, schlicht und vielseitig einsetzbar ist das Regal FNP des deutschen Designers Axel Kufus, das nur aus mit Aluminiumleisten verbundenen senkrechten und waagerechten Holzwerkstoffplatten und einer rückseitig angebrachten Aussteifung besteht. Es wird von Nils Holger Moormann produziert und ist in verschiedenen Größen lieferbar.

Marten van Severen hat eine formal äußerst reduzierte Liege entwickelt. Sichtbar ist fast nur die längliche, schmale Liegefläche aus elastischem Kunststoff. Das innenliegende, tragende Metallgestell tritt nur im mittleren Teil unter der Sitzfläche hervor - und beweist damit wie viele andere Möbel in der Tradition der Minimalisten: Weniger ist mehr.

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