Schwarzbuch Börse:Sünder auf dem Parkett

In ihrem Schwarzbuch kürt die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger jedes Jahr Firmen, die an der Börse besonders negativ aufgefallen sind. sueddeutsche.de zeigt die größten Flops.

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In ihrem Schwarzbuch kürt die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger jedes Jahr Unternehmen, die an der Börse besonders negativ aufgefallen sind. Sueddeutsche.de zeigt die Sünder auf dem Parkett.

Arcandor

"Das sind die besten Zahlen seit Bestehen von Karstadt." Voller als auf der Pressekonferenz im Dezember 2007 konnte Konzernchef Thomas Middelhoff den Mund kaum nehmen. Inzwischen wurde der alerte Manager - und mit ihm viele Aktionäre des Kaufhauskonzerns - allerdings von der Realität überholt. Denn plötzlich brauchte das angeblich "von Nettofinanzverbindlichkeiten freie" Unternehmen einen Kredit über 1,5 Milliarden Euro, weswegen die Ertragsperle Thomas Cook verpfändet werden musste. Die Aktie des inzwischen unter dem Namen Arcandor agierenden Unternehmens ging auf Sturzflug - statt des versprochenen Kursziels von "40 Euro + X" notiert das Papier inzwischen bei knapp zwei Euro.

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Premiere, dpa

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Premiere

Das Jahr 2008 schien für den Bezahlfernsehsender Premiere nur Gutes zu verheißen: Mit Rupert Murdoch war ein strategischer Investor gefunden worden und die Kundenzahl näherte sich nach Angaben des Vorstandes der Vier-Millionen-Marke. Doch das erwies sich im Nachhinein als blanke Illusion. Denn der neu von Murdoch installierte Vorstandschef Mark Williams korrigierte sehr schnell im September die Abonnentenzahl gravierend nach unten. Statt 4,16 Millionen hatte Premiere plötzlich nur noch 3,12 Millionen Seher. Offensichtlich waren frühere Kunden und andere Nicht-Zahler in den Abonnentenstamm mit einbezogen worden. Die Folgen für die Aktie waren dramatisch: Der Kurs stürzte von etwa 15 Euro auf inzwischen drei Euro

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Balda, dpa

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Balda

Das Jubiläumsjahr zum 100-jährigen Bestehen des Unternehmens sollte eine goldene Zukunft einläuten, doch es kam alles anders. Der Hersteller von Kunststoffprodukten hatte alle seine Hoffnungen auf Touchscreens gelegt - Bildschirme, die auf Berührung reagieren. Ein interessanter Abnehmer war auch gefunden worden: Kein Geringerer als der IT-Pionier Apple wollte wesentliche Komponenten seines iPhones bei den Ostwestfalen fertigen lassen. Doch dann gab es Probleme mit der Beschaffenheit des Kunststoffs und Balda musste nachträgliche Änderungen der Produkt-Spezifikationen hinnehmen, ohne vollständig dafür kompensiert zu werden. Das Unternehmen geriet in finanzielle Not und verkaufte sein Geschäft mit Handyschalen. Auch die Beteiligung am Joint Venture TPK wurde abgestoßen, wobei Spekulationen über einen zu niedrigen Verkaufspreis den Kunsstoffproduzenten belasteten. Die von der wirtschaftlichen Not immer wieder erzwungenen Unternehmensverkäufe belasteten die Balda-Aktie erheblich. Lag der Titel zu Beginn des Jahres 2007 noch bei rund zehn Euro, so ist das Papier inzwischen zur Pennystock mutiert und kostet etwa 50 Cent.

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Conergy, ddp

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Conergy

Schon die im Jahr 2006 veröffentlichten Pläne klangen kryptisch: Die Erfolgsstrategie des Solarkonzerns Conergy lautete "50/50/08": Im Jahr 2008 sollten 50 Prozent des Konzernumsatzes außerhalb Deutschlands und 50 Prozent außerhalb des Kerngeschäfts Photovoltaik erwirtschaftet werden. Doch die Konzernlenker um den damaligen Vorstandschef Hans-Martin Rüter übernahmen sich. Das Ergebnis war ein sanierungsbedürftiges Unternehmen, das die Insolvenz nur um Haaresbreite abwenden konnte. Für den Vorstand lohnte sich das Desaster trotzdem. Einige Manager schieden gegen eine Abfindung aus der obersten Führungsebene aus, Rüter bekam sogar nach seinem Abschied noch einen gutdotierten Beratervertrag.

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Freenet, AP

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Freenet

Drama in drei Akten: Im ersten Teil der Büdelsdorfer Tragödie konnten sich der Chef des Telekommunikationskonzerns Freenet, Eckhard Spoerr, mit seinen Großaktionären Drillisch und United Internet nicht auf eine Aufspaltung des Unternehmens einigen. Deren Ziel: Spoerr sollte weg. Darauf holte sich der Manager im zweiten Akt eine "Heuschrecke" an Bord. Mit der Übernahme des Konkurrenten Debitel wurde dessen Eigner, der Finanzinvestor Permira, zum neuen Freenet-Großaktionär - und schützte Spoerr. Doch schließlich verkrachte sich der Konzernchef im dritten Akt auch mit den neuen Investoren - und als dann noch der Aktienkurs einbrach, war Spoerr nicht mehr zu halten. Die Aktie verlor im Jahr 2008 durch das Tohuwabohu zeitweise etwa 80 Prozent.

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HVB, ddp

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HypoVereinsbank

Als "besonderer Vertreter" sollte Thomas Heidel eigentlich die Interessen der Kleinaktionäre der HypoVereinsbank gegen den neuen Eigner Unicredit vertreten. Doch im November 2008 wurde der Rechtsanwalt im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung überraschend abberufen - der Sonderprüfer war der Unicredit-Führung um Konzernchef Alessandro Profumo zu unbequem geworden. Streitpunkt war die Frage, ob die HVB-Tochter Bank Austria zu billig an Unicredit verkauft worden war. Heidels Ansicht nach war das der Fall - und so hatte er Unicredit- und HVB-Vorstände auf Schadenersatz in Höhe von 13,9 Milliarden Euro verklagt. Auch gegen seine Abberufung ging der Anwalt vor - mit einer Klage vor dem Landgericht München. Sein Vorwurf: Unicredit schwinge sich "unrechtmäßig zum Richter in eigener Sache auf." In der Finanzkrise belasteten die Querelen die Unicredit-Aktie zusätzlich. Lag das Papier zu Jahresbeginn 2008 noch bei etwa fünf Euro, so kostet es inzwischen nur noch 1,30 Euro.

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Hypo Real Estate, dpa

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HypoRealEstate

Es ist der spektakulärste Niedergang eines Dax-Konzerns - und das Drama um den Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) ist noch längst nicht ausgestanden. Ins Taumeln brachte den Konzern die Bank-Tochter Depfa. Der Staatsfinanzierer war im Herbst 2008 in eine lebensbedrohliche Schieflage geraten, weil die Praxis, langfristige Engagements mit kurzfristigen Krediten zu bedienen, nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers nicht mehr funktionierte. In den folgenden Wochen taten sich in den Bilanzen der Hypo Real Estate immer neue Milliardenlöcher auf, mehrfach konnte die Bank nur mit Hilfe des Staates gerettet werden. Nun droht eine nahezu Komplett-Verstaatlichung des Pleite-Instituts. Der ehemalige Konzernchef Georg Funke wurde längst durch den Deutsche-Bank-Manager Axel Wieandt ersetzt. Die Zeche zahlen die Aktionäre. Innerhalb eines Jahres verlor die Aktie der Hypo Real Estate etwa 95 Prozent ihres Wertes.

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Infineon, AP

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Infineon

Es ist eine Fehlleistung historischen Ausmaßes: Die Manager von Infineon wirtschafteten so schlecht, dass die Aktie des Halbleiterkonzerns mittlerweile bei weniger als einem Euro notiert. Damit ist das Infineon-Papier der erste Pennystock der Dax-Geschichte.

Infineons größtes Problem heißt Qimonda. Bereits seit 2005 wurde die Ausgliederung der Speicherchip-Tochter vorangetrieben. Mitte 2006 glückte sie zwar - Qimonda wurde an die Börse gebracht - dennoch blieb Infineon noch mit großer Mehrheit an Qimonda beteiligt. Das bedeutet, dass sämtliche bei Qimonda anfallenden Verluste auch im Konzernabschluss von Infineon wirksam werden. Mittlerweile ist Qimonda insolvent.

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ProSiebenSat.1, dpa

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Die Heuschrecken haben sich satt gefressen: Das Beispiel der ProSiebenSat.1 Media AG zeigt, was passiert, wenn Unternehmen von Großaktionären wie Permira und KKR ausgeweidet werden. Erst bürdeten sie dem Münchner Unternehmen die eigene Senderkette SBS für 3,3 Milliarden Euro auf, dann setzten sie trotz stark gestiegener Verschuldung eine enorme Dividendenausschüttung durch.

In Zahlen: Bevor die Finanzinvestoren Ende 2006 das Ruder übernahmen, hatte ProSiebenSat.1 eine Eigenkapitalquote von 64 Prozent, ein Jahr später lag sie nur noch bei 18 Prozent. 2008 verdiente das Unternehmen 89 Millionen Euro, saß auf Nettofinanzschulden von 3,3 Milliarden Euro - und zahlte eine Dividende von 270 Millionen Euro. Davon strichen die beiden Großaktionäre knapp 60 Prozent ein. Auf die Aktie des TV-Konzerns wirkte sich dieses Gebaren verheerend aus. Notierte der Titel im ersten Quartal 2008 noch bei über 15 Euro, so ist das Papier inzwischen für weniger als 1,60 Euro zu haben.

Foto: dpa (sueddeutsche.de/hgn/pak/tob)

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