Schwarzbuch 2012:Achtung, hier werden Steuern verschwendet

Ein Kassenleiter plündert die Stadtkasse für seine Spielsucht, die Bundesregierung beweihräuchert sich selbst - und in Hamburg sind sowohl Palmen als auch das Versetzen der Alsterfontäne dringend vonnöten: Mitunter gehen die Behörden gar übermütig mit Steuergeldern um. Der Bund der Steuerzahler hat bizarre Projekte zusammengetragen.

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Quelle: Robert Haas

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Ob das Palmendesaster von Rahlstedt, die Versetzung der Alsterfontäne oder Kuriositäten auf dem Spielplatz - mitunter gehen die Behörden übermütig mit Steuergeld um. Der Bund der Steuerzahler hat einige bizarre Projekte zusammengetragen - Süddeutsche.de dokumentiert Beispiele. Den Bericht über das Schwarzbuch finden Sie hier.

Im Hamburger Stadtteil Rahlstedt war die Sehnsucht nach Palmen offenbar groß. Jedenfalls pflanzte die Verwaltung im vergangenen Jahr ein Dutzend Palmen an einen zentralen Platz. Dummerweise überlebten sie den Winter nicht. Ein daraufhin erstelltes Gutachten kam zu dem Schluss, dass Palmen für den Standort ungeeignet sind. Kosten: 15.000 Euro.

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Quelle: SZ

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Mit 8.500 Euro könnte man einiges anstellen. Die Stadt Hamburg entschied sich dafür, ihre bekannte Alsterfontäne zu versetzen. Für 15 Tage. Von der Binnenalster auf den Außenmühlenteich im südlichen Stadtteil Harburg. Der Grund: "Durch die Mittel der Ortsverschiebung beziehungsweise Mittelpunkt-Verlegung der Fontäne nach Harburg wird sie vorübergehend von ihrer starren Zeichenhaftigkeit befreit und es wird ermöglicht, sie wieder unmittelbar als Skulptur zu sehen", heißt es aus dem Rathaus.

HAFEN VON KIRCHDORF (POEL)

Quelle: DPA

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Auf der Insel Poel, die zu Mecklenburg-Vorpommern gehört, sollte sich ein Ingenieurbüro um den Bau einer Brücke durch Morast und Schilf kümmern. Leider vergaß es, die Anbindung der Brücke auf beiden Seiten auszuschreiben. Dadurch verzögerte sich die Eröffnung, weil Radfahrer und Fußgänger sie noch nicht betreten konnten. Am Ende stiegen die Kosten von 170.000 auf 185.000 Euro. Immerhin: Sie wurde laut Steuerzahlerbund mit "edlem westafrikanischen Bongossi-Holz" gebaut.

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Quelle: SZ

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Die Arbeitslosenzahlen sind gesunken, damit rühmt sich die Bundesregierung gerne. Ende 2011 gab das Bundeswirtschaftsministerium 350.000 Euro für eine Anzeigenkampagne aus, die eigentlich nur aus einem Slogan bestand: "So viele Menschen in Arbeit wie nie zuvor. Danke Deutschland." Nach dem Urteil des Steuerzahlerbundes war die Anzeige Selbstbeweihräucherung des Ministeriums - "ohne jeglichen Neuigkeitswert".

Windraeder im Sonnenuntergang

Quelle: dapd

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Die Verbraucher bezahlen die Energiewende mit steigenden Strompreisen. Energieintensive Unternehmen sind dagegen von der Stromumlage befreit. Das bemängelt der Bund der Steuerzahler, dem Kritiker neoliberalen Lobbyismus vorwerfen, allerdings nicht. Stattdessen weist der Verband darauf hin, dass das Bundesumweltministerium über sein Energieforschungsprogramm Unternehmen wie "Wind to Energy" fördert. Knapp zwei Millionen Euro steckt der Bund in die Firma, die neue Windenergieanlagen entwickelt. Zusätzlich erhält die Universität Rostock 172.000 Euro Steuergelder, da sie mit der Firma kooperiert. Das Geld soll in eine neue Drei-Megawatt-Anlage für den On- und Offshore-Einsatz fließen. Damit hat der Bund der Steuerzahler ein ideologisches Problem: "Eigentlich obliegt die Entwicklung neuer Technologien jedoch den privaten Unternehmen, die damit schließlich auch ihr Geld verdienen und Gewinne machen", schreibt die wirtschaftsnahe Lobbygruppe im Schwarzbuch 2012. Der Bund erhofft sich durch die Subventionen, Deutschland als Windenergie-Technologiestandort voranzutreiben.

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Quelle: SZ

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Fast 7 Millionen Euro kostete die Biogasanlage, die bis Ende 2011 in Mühlheim am Main gebaut wurde. Jetzt ist sie vertraglich fertiggestellt - doch in Betrieb gehen wird sie nicht, die Anlage arbeite zu unwirtschaftlich, so der Bund der Steuerzahler. Verantwortlich für die Fehlplanung sei der zweite Geschäftsführer der Stadtwerke, der mittlerweile gefeuert worden sei. Denn wie ein Wirtschaftlichkeitsgutachten laut der Lobbygruppe nach der Fertigstellung ergab, ist die Anlage nur mit einem jährlichen Zuschuss von 215.000 Euro zu betreiben. Gegen den Generalplaner wurden inzwischen Ermittlungen eingeleitet, aber die Stadt werde wohl auf den Kosten sitzen bleiben, so der Verband.

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Quelle: Christian Endt, Fotografie & Lic

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Die Toiletten am Raisdorfer Bahnhof waren dem Rathaus schon lange ein Dorn im Auge. Nicht nur, dass die Anlage im schleswig-holsteinischen Schwentintental immer wieder geschlossen wurde, weil sie beschädigt wurden. Seit 2009 schnellte auch der Wasserverbrauch schlagartig auf eine Million Liter an, obwohl die Toiletten im Vorjahr lediglich zwischen 200.000 und 400.000 Liter verbrauchten. Ungewöhnlich, dachte man sich, aber unternommen worden sei nichts, berichtet der Bund der Steuerzahler. Erst als dem Rathaus eine Rechnung über 17.200 Euro für Frisch- und Abwasser für die Bahnhofstoilette ins Haus flatterte wurde man demzufolge stutzig. Haben die Nutzer wirklich 3,7 Millionen Liter Wasser verbraucht, wie in der Rechnung aufgeführt war? Die Stadt beauftragte eine Fachfirma mit der Fehlersuche. Und tatsächlich: Es waren nicht die Nutzer, die die hohen Kosten verursacht hatten. Sondern ein defekter Bewegungsmelder, der die Spülung auslöste, auch wenn niemand auf der Toilette war.

Symbolbild

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Quelle: AP

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Der Kassenleiter der niederbayerischen Stadt Hauzenberg hat dem Bund der Steuerzahler zufolge über einen Zeitraum von zehn Jahren mehr als 2,1 Millionen Euro in seine eigenen Taschen fließen lassen, um seine Spielsucht zu befriedigen. Getarnt hatte er seine Taten durch mehrere Umbuchungen und die Verwendung verschiedener Verfügungskonten. Beispielsweise täuschte er vor, dass zahlungsunfähige oder nicht mehr existente Unternehmen Gebwerbesteuerrückerstattungen bekommen hätten. Das Geld hob er anschließend von der Bank ab und steckte es sich selbst zu. Die sogenannte "Kassenaffäre" flog im Dezember 2011 auf, als der Kassenleiter plötzlich starb. In seiner Wohnung fand man ein Briefkuvert mit 20.000 Euro, woraufhin der Bayerische Kommunale Prüfungsverband den städtischen Haushalt unter die Lupe nahm und die Plündereien aufdeckte.

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Quelle: Bund der Steuerzahler

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Die Stadt Fulda zahlte einem Künstler 13.500 Euro für fünf Holzhunde in der Innenstadt, auf denen Kinder spielen sollten. Leider sind die Hunde starr, Kinder konnten auf ihnen weder wippen noch schaukeln - denn dazu hätte die Stadt zusätzlich das Pflaster unter den Hunden durch einen Fallschutz ersetzen müssen. Dafür war kein Geld mehr da.

Strandkörbe am Nordseedeich vor Büsum

Quelle: dpa/dpaweb

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Nordseestrand von Büsum: Rund 7,7 Millionen Euro steckte die Stadt in den Erlebnispark "Sturmflutenwelt Blanker Hans". Die teure Erlebniswelt sollte Touristen und Tagesgästen die Meereswelt näherbringen. Doch immer weniger Besucher wollen die Attraktionen sehen. Kamen im Eröffnungsjahr 2006 noch 111.000 Gäste, waren es 2011 nur noch 75.000 und ein Verlust von 1,5 Millionen Euro. Deswegen will der Erlebnispark jetzt sparen und verkauft ausgerechnet die Hauptattraktion, eine 1,5 Millionen Euro teure Sturmflutenbahn, die aus Japan importiert wurde.

NEUES WÜRZBURGER MUSEUM IN EHEMALIGEN GETREIDESPEICHER

Quelle: DPA/DPAWEB

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Als die Stadt Würzburg einen früheren Getreidespeicher zu einem städtischen Museum umbaute, wurde eine Fensterfront an einigen Stellen mit Natursteinlamellen verkleidet (Archivbild von 2002, vor dem Umbau). Leider wurde damit das Putzen der Fenster erheblich erschwert, weil die jeweils 130 Kilogramm schweren Steinlamellen einzeln abgenommen werden müssen. Für die Reinigung und die Installation eines Taubenabwehrsystems mussten nun 200.000 Euro gezahlt werden. Ursprünglich waren für die Reinigung lediglich 110.000 Euro vorgesehen. Hinzu kam, dass die Aufhängung der Steine geändert wurde, um künftig die Reinigung zu vereinfachen. Darum kostete die ganze Aktion am Ende 400.000 Euro.

Filmkamera

Quelle: iStockphoto

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Das Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern förderte den Film "Der Ghostwriter", einen Politthriller, der im Jahr 2010 in die Kinos kam. In den Hauptrollen waren Stars wie Pierce Brosnan und Ewan McGregor. Da Teile des Films in Mecklenburg-Vorpommern gedreht wurden, erhielt das Projekt vom Land 188.390 Euro. Die Bruttoeinnahmen lagen geschätzt bei mehr als 73 Millionen Dollar, das Produktionsbudget bei rund 45 Millionen Dollar. Der Staat bekommt davon: nichts.

Flughafen Berlin-Brandenburg Willy Brandt (BER)

Quelle: dapd

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Der Flughafen Berlin-Brandenburg ist zurzeit wahrscheinlich das prominenteste Beispiel dafür, wie schnell Kosten steigen können. Im Jahr 2005 wurden die reinen Baukosten für das Basisterminal auf eine halbe Milliarde Euro geschätzt. Doch durch Änderungen, Erweiterungen und neue Auflagen haben sich die Kosten mittlerweile mehr als verdoppelt. Ähnlich sieht es für den Rest des Flughafens aus, der einst 2,4 Milliarden Euro kosten sollte. Doch schon jetzt ist klar, dass die Steuerzahler wohl noch tiefer in die Tasche greifen müssen: Mehr als 4,3 Milliarden Euro wird der Flughafenneubau vermutlich kosten, so der Bund der Steuerzahler. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll der neue Hauptstadtflughafen am 27. Oktober 2013 in Betrieb gehen. 

© Südddeutsche.de/skes/hgn/bbr/rus
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