Schuldenkrise in Italien:Merkel drängt Berlusconi zum Sparen

Die Euro-Krise verschärft sich: Jetzt steht Italien, die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone, im Zentrum von Spekulationen. Dass das Volumen des Rettungsfonds auf anderthalb Billionen Euro verdoppelt werden soll, steht für Finanzminister Schäuble zwar überhaupt nicht zur Debatte. Kanzlerin Merkel rät Italien trotzdem, im Etat zu kürzen - und zwar schnell.

Plötzlich heißt der nächste Pleitekandidat Italien. Das Land ist nach Griechenland, Portugal, Spanien und Irland in den Strudel der Schuldenkrise geraten. Kanzlerin Angela Merkel drängt die Regierung von Silvio Berlusconi zu sichtbaren Kürzungen im Etat. In Brüssel beraten EU-Spitzenpolitiker über die Lage in dem drittgrößten Euro-Land, das hoch verschuldet ist.

Schuldenkrise in Italien: Das Kolosseum in Rom bei Nacht.

Das Kolosseum in Rom bei Nacht.

(Foto: AP)

Merkel forderte Italien auf, schnell einen Sparhaushalt zu verabschieden. Dies wäre ein ganz wichtiges Signal. "Ich habe festes Vertrauen, dass Italien genau einen solchen Haushalt verabschieden wird", sagte Merkel. Sie forderte Italien auf, schnell einen Sparhaushalt zu verabschieden. Am Sonntag habe sie mit Berlusconi telefoniert.

Nur Griechenland ist innerhalb der EU stärker verschuldet als Italien. Die schlechten Nachrichten aus Rom stellen jetzt das Euro-Rettungspaket in Frage: In der Europäischen Zentralbank wachsen offenbar Befürchtungen, dass Paket sei nicht groß genug.

Die Welt zitiert EZB-Kreise, wonach der Euro-Rettungsschirm deutlich aufgestockt werden müsse - möglicherweise sogar auf 1,5 Billionen Euro, doppelt so viel wie bislang. Ansonsten drohe die aktuelle Krise an den EU-Anleihemärkten außer Kontrolle zu geraten. "Der bestehende Schirm in Europa reicht nicht aus, um eine glaubwürdige Schutzmauer um Italien zu bauen. Dafür war er nie angelegt", zitiert die Welt einen ungenannt bleibenden Zentralbanker.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies den Bericht als Spekulation zurück. "Von einer Aufstockung des Rettungsschirms kann überhaupt keine Rede sein", sagte Schäuble vor Beginn eines Treffens der Euro-Finanzminister in Brüssel. "Das sind die üblichen Gerüchte."

Der Chef der niederländischen Zentralbank, Nout Wellink, hatte bereits im Juni Ähnliches gefordert. Auch er wollte den Rettungsfonds verdoppelt sehen - um die Finanzmärkte angesichts der sich damals rapide verschärfenden Krise in Griechenland zu beruhigen.

EU-Sondertreffen zu Italien

Ende vergangener Woche waren die Anleihekurse Italiens eingebrochen, auch am Montag ging es weiter bergab. Gleichwohl liegen die Renditen für zehnjährige Staatspapiere mit 5,4 Prozent noch weit unter denen Portugals, die derzeit mit gut 13 Prozent rentieren. An diesem Montagvormittag trafen sich EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Währungskommissar Olli Rehn mit EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Am Montagnachmittag sitzen die Euro-Finanzminister zusammen.

Dem Handelsblatt zufolge sucht die EZB außerdem externen Sachverstand - etwa für das Szenario einer unkontrollierten Staatspleite Griechenlands. Ein Handvoll Finanzinstitute habe demnach in den vergangenen Tagen Post von der Zentralbank bekommen. Sie habe die Banken gebeten, sich zu bewerben. Die EZB wollte dies auf Nachfrage von sueddeutsche.de nicht kommentieren.

Den Rettungsfonds für Italien auszuweiten, hält der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Klaus-Peter Flosbach, für übertrieben. Er erwarte nicht, dass das Land unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen müsse. "Italien hat sicherlich eine hohe Verschuldung. Aber konkret sind bisher Griechenland, Irland und Portugal die gefährdeten Länder. Ich gehe davon aus, dass Italien keine Hilfe braucht", sagte Flosbach dem Radiosender SWR 2. Er widersprach Spekulationen über die mögliche Verdoppelung des Rettungsschirmes. "Das ist bisher für uns kein Thema. Italien refinanziert sich täglich noch selbst am Kapitalmarkt."

Auch Bankenexperte Hans-Peter Burghof lehnt eine Vergrößerung des Euro-Rettungsschirms ab. "Ich habe das Gefühl, das machen die Menschen nicht mehr mit. Das führt zu weit", sagte der Professor der Universität Hohenheim im ZDF-Morgenmagazin. "Das ist ein Luftballon, den die Politik da aufbläst, der äußerst gefährlich ist." Wichtig ist Burghof zufolge hingegen, dass Europa zu alten finanzpolitischen Grundsätzen zurückkehrt: Jedes Land sei für seinen Staatshaushalt verantwortlich.

Italien zählt zu den größten Schuldnern deutscher Banken im Euro-Raum. Diese hatten per Ende März dieses Jahres insgesamt knapp 116,1 Milliarden Euro nach Italien verliehen, wie am Montag aus aktuellen Zahlen der Bundesbank hervorging.

Größere Verbindlichkeiten bei deutschen Kreditinstituten und ihren Auslandstöchtern hatten demnach zu diesem Zeitpunkt nur Frankreich (145,6 Milliarden Euro), Luxemburg (120,9 Milliarden), die Niederlande (117,7 Milliarden) und das ebenfalls hoch verschuldete Spanien (125,2 Milliarden). Zum Vergleich: Gegenüber dem vom Zahlungsausfall bedrohten Griechenland hatten die deutschen Banken im März noch Forderungen von rund 17 Milliarden Euro.

Zittern in Rom

Italien versucht unterdessen, die Lage an den Finanzmärkten zu beruhigen. Nach dem Kurssturz von Bankaktien an der Mailänder Börse am Freitag hat die italienische Börsenaufsicht Consob die Vorschriften für Leerverkäufe verschärft.

Bei Leerverkäufen wetten Spekulanten auf fallende Kurse von Aktien oder staatliche Schuldpapiere. Geschäfte dieser Art stehen im Verdacht, die Nervosität der globalen Finanzmärkte gerade in Krisenzeiten zusätzlich zu verstärken. Die große Unsicherheit schlägt auch auf den Goldpreis durch: Er sprang in Euro gerechnet auf ein neues Rekordhoch.

Den neuen Vorschriften zufolge müssen Händler ihre Geschäfte der Consob melden, die in größerem Umfang auf fallende Kurse italienischer Aktien wetten, und zwar, sobald 0,2 Prozent des Grundkapitals einer Firma erreicht sind. Die verschärften Regeln traten am Montagmorgen in Kraft und gelten zunächst bis zum 9. September.

Italiens Banken nutzt das indes wenig: Die Kurse fielen am Montag weiter.

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