Süddeutsche Zeitung

Schuldenkrise in Griechenland:Euro sucht freiwillige Retter

Private Gläubiger sollen sich an der Griechenland-Hilfe beteiligen, allerdings auf freiwilliger Basis: Auf diesen Kompromiss haben sich die Finanzminister nach zähem Ringen geeinigt. Kann das funktionieren? Ja, sagt Finanzminister Schäuble. Kritiker sprechen dagegen von reiner Symbolpolitik. Jetzt haben die privaten Banken in Deutschland ihre Hilfe zugesagt - aber nur, wenn sie dafür entsprechende Anreize bekommen.

Das zähe Ringen um das zweite Rettungspaket für Griechenland geht in die nächste Runde: Nachdem die Euro-Finanzminister ihr Treffen in der Nacht auf Montag ergebnislos abgebrochen haben, beraten sie in diesen Stunden in Luxemburg die Details des neuen 120 Milliarden Euro schweren Hilfspakets.

Grundsätzlich einigten sich die Finanzminister in der Nacht darauf, dass sich Banken und Versicherungen freiwillig an den Kosten beteiligen sollen - eine Niederlage für die deutsche Position. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte auf eine verpflichtendere Beteiligung privater Gläubiger gesetzt, konnte sich mit diesen weitreichenden Forderungen aber nicht durchsetzen.

Allerdings zeigte sich Schäuble zuversichtlich, dass der Privatsektor auch auf rein freiwilliger Basis einen deutlichen Beitrag zur Griechenland-Rettung beitragen könne. Man müsse den privaten Gläubigern die Situation hinreichend klar erörtern, dann hätten alle ein Interesse daran, "dass wir die Situation gut bewältigen können", sagte er.

Bei den laufenden Verhandlungen soll es nun um das Wie gehen. Die Beteiligung von Banken und Versicherungen solle zwar freiwillig geschehen, sagte Schäuble. "Auf der anderen Seite muss es natürlich auch zu einem Ergebnis führen." Das sei der schmale Grat, auf dem sich die Verhandlungen nun bewegten. Der deutsche Finanzminister hatte sich ursprünglich für eine verpflichtendere Beteiligung der privaten Gläubiger eingesetzt.

Die privaten Banken in Deutschland sagen ihre Hilfe zu - wenn sie dafür entsprechende Anreize bekommen. Als Beispiel nannte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, eine bessere Bonität neuer Anleihen des südeuropäischen Schuldenstaates. Sollte Griechenland dann doch zahlungsunfähig werden, würden die privaten Banken vor staatlichen Gläubigern bedient.

Skeptisch zeigte sich hingegen die FDP: Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Otto Fricke, besteht darauf, dass sich private Gläubiger an der Griechenland-Hilfe beteiligen. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Finanzmärkte nicht sagen, Griechenland ist pleite, und am Ende haben wir einen Flächenbrand", sagte Fricke dem SWR. Für Griechenland geht es nach Ansicht Frickes jetzt um eine geordnete Insolvenz. Dafür müsse Griechenland aber seinen Teil tun. "Wenn die Gesellschaft dort nicht bereit ist mitzumachen, dann kann nicht geholfen werden", sagte Fricke.

"Symbolpolitik, die jeder durchschaut"

Kai Carstensen, der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, hält nichts von einer freiwilligen Beteiligung privater Investoren. Dies sei mit großer Wahrscheinlichkeit nicht substantiell. "Denn wie soll ein Bankvorstand seinen Aktionären erklären, dass er freiwillig auf einen Teil der Ansprüche verzichtet? Diese Freiwilligkeit ist Symbolpolitik, die jeder durchschaut", sagte Carstensen der Online-Ausgabe des Handelsblatts.

Erfreut über die Einigung der Euro-Finanzminister zeigten sich hingegen die öffentlichen Banken in Deutschland: Dass die Beteiligung privater Gläubiger zur Lösung der Schuldenkrise auf absolut freiwilliger Basis und als Ultima Ratio geschehen solle, sei der richtige Weg, sagte ein Sprecher des Bundesverbandes Öffentlicher Banken. "Das ist das, was wir immer gefordert haben."

Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer dürften die privaten Gläubiger erst in einiger Zeit zu den Hilfen herangezogen werden. Zunächst dürften die europäischen Finanzminister neue Kredite für das Euroland "lediglich mit dem vagen Appell garnieren, in Griechenland investiert zu bleiben", erklärte Krämer. Erst wenn die Lage in den anderen Euro-Peripherieländern sich in vielleicht ein bis zwei Jahren entspannt habe, dürften die Anleihegläubiger herangezogen werden, sagte Krämer: "Dann könnte Griechenland nämlich nicht mehr den Rest des Euroraums anstecken."

Die Märkte reagierten enttäuscht über den Beschluss, die Entscheidung zur Freigabe weiterer Hilfen für Griechenland zu vertagen. Der Dax fiel am Vormittag um mehr als ein Prozent. Die Volatilitätsindizes VDax und VStoxx, die die Nervosität der Anleger messen, gingen um jeweils etwa zehn Prozent in die Höhe.

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